Die Schlacht bei Prag

„Je mehr der Krieg wirklicher Krieg, je mehr er eine Erledigung der Feindschaft, des Hasses, ein gegenseitiges Überwältigen wird, um so mehr vereinigt sich alle Tätigkeit in blutigem Kampf, und um so stärker tritt auch die Hauptschlacht hervor. Überall, wo ein großer, positiver, also in das Interesse des Gegners tief eingreifender Zweck das Ziel ist, bietet sich die Hauptschlacht als das natürlichste Mittel dar; sie ist darum auch das beste, wie wir in der Folge noch näher zeigen werden, und es bestraft sich in der Regel, wenn sie aus Scheu vor der großen Entscheidung umgangen worden ist. Der positive Zweck gehört dem Angreifenden, und so ist die Hauptschlacht auch vorzugsweise sein Mittel. Aber ohne die Begriffe von Angriff und Verteidigung hier näher bestimmen zu können, müssen wir doch sagen, daß selbst der Verteidiger in den meisten Fällen nur dies eine wirksame Mittel hat, um früh oder spät damit den Bedürfnissen seiner Lage zu entsprechen, seine Aufgaben zu lösen. Die Hauptschlacht ist der blutigste Weg der Lösung; zwar ist sie kein bloßes gegenseitiges Morden und ihre Wirkung mehr ein Totschlagen des feindlichen Mutes als der feindlichen Krieger, wie wir das im nächsten Kapitel näher betrachten wollen, allein immer ist Blut ihr Preis und Hinschlachten ihr Charakter wie ihr Name; davor schaudert der Mensch im Feldherrn zurück.“ – Carl von Clausewitz, „Vom Kriege“

Sollten die drei Schlesischen Kriege auch nicht sein, da wir Deutschen genug Feinde in der Welt haben und uns daher wahrlich nicht gegenseitig zerfleischen müssen, so wurden damals doch große Waffentaten vollbracht und das preußische Kriegswesen legte eine eindrucksvolle Probe seiner Kraft an. Es trotzte im Siebenjährigen Krieg dem Angriff dreier Großmächte – Rußland, Gallien und Österreich bissen sich an ihm die Zähne aus. Das Bündnis mit England war wenig wert. Gegen spärliche Hilfsgelder mußte Friedrich der Große mit Ferdinand von Braunschweig einen seiner besten Feldherren nach Hannover schicken, damit dieser die Engländer und ihre deutschen Verbündeten zum Sieg über die Gallier führte. All das hätte womöglich vermieden werden können. Denn Friedrich der Große erhielt Kunde von dem geplanten Anschlag Rußlands, Galliens, Kursachsens und Österreichs auf ihn, während seine Feinde noch miteinander verhandelten und sich über die Verteilung der (erhofften) Beute zankten. So kam ihnen Friedrich der Große zuvor und warf im Jahre 1756 Sachsen nieder, dessen Armee bei Pirna die Waffen strecken mußte. Bei Lobositz war zuvor das österreichische Entsatzheer besiegt worden. Im Jahre 1757 sollte Österreich fallen, bevor die Gallier und Russen diesem wirksam zur Hilfe eilen konnten. Dazu rückte Friedrich der Große mit seiner Hauptmacht in Böhmen ein und stellte die Österreicher bei Prag zur Entscheidungsschlacht. Deren Feldherr Karl Alexander von Lothringen – derselbe übrigens, der zuvor bei Chotusitz, Hohenfriedberg und Soor schon von Friedrich dem Großen geschlagen worden war – vermochte 60,000 Mann ins Feld zu stellen und nahm eine starke Stellung ein. Diese griff Friedrich der Große mit seinen 64,000 Preußen an und trug nach eintägigen Kampf den Sieg davon. Die Österreicher verloren 24,000 Mann sowie 60 Kanonen und elf Feldzeichen. Schlimmer noch als dieser Verlust war der Umstand, daß sich Lothringen mit 40,000 Mann in Prag verschanzt hatte. Umgehend eröffnete Friedrich der Große die Belagerung. Die Schlacht von Prag hatte ihn 18,000 Man und dazu viele große Heerführer wie unseren Feldmarschall Kurt von Schwerin gekostet. Die Gefangennahme des österreichischen Heeres in Prag hätte womöglich den Siebenjährigen Krieg entschieden und Maria Theresia ebenso zum Frieden gezwungen wie die Schlachten von Chotusitz und Kesseldorf… Vom Nachgang der Schlacht von Prag lesen wir nun noch bei unserem Franz Kugler in der „Geschichte Friedrichs des Großen“: http://friedrich.uni-trier.de/de/kugler/toc/

„Der größere Teil des österreichischen Heeres hatte sich nach Prag gerettet. Friedlich faßte den kühnen Gedanken, hier im großen Maßstabe zu wiederholen, was er im vorigen Jahre vor dem sächsischen Lager bei Pirna vollbracht hatte. Die weitläufige Stadt sollte belagert, die Armee zur Übergabe gezwungen werden. Schon am Abend nach der Schlacht ließ er sie dazu auffordern, doch erhielt er eine abschlägliche Antwort. Nun schloß er die Stadt rings mit seinen Truppen ein, errichtete eine Reihe von Belagerungswerken und hoffte sie so in kurzer Frist durch Feuer und durch Hunger zur Übergabe zu nötigen. Die glühenden Kugeln, die er in die Stadt hineinwerfen ließ, unterhielten eine fortwährende Feuersbrunst; der zusammengedrängten Menschenmasse begann es an Nahrungsmitteln zu fehlen; Krankheiten und Tod räumten furchtbar unter der Menge auf; der Mut der österreichischen Armee schien ganz gesunken und einige schwache Ausfälle, zu denen sie sich entschloß, wurden ohne Mühe zurückgeschlagen. Friedrich ließ es sich angelegen sein, geheime Kundschafter in die Stadt zu senden; die Nachrichten, die sie ihm brachten, verhießen ein baldiges Ende nach seinem Wunsche. Der Hof in Wien zitterte, denn an dem Schicksal Prags schien das ganze Schicksal des Krieges zu hängen; das Reich zitterte, denn bereits war ein kühnes Freicorps aus Böhmen bis nach Bayern vorgedrungen und verbreitete den Schrecken des preußischen Namens bis an die Tore von Regensburg; schon dachte man auf Mittel, durch neue Aufopferungen den Frieden von dem bis dahin unüberwindlichen Preußenkönig zu erkaufen. Aber die in Prag eingeschlossene Armee, auf baldigen Entsatz hoffend, hielt mit Standhaftigkeit die Schrecken der Belagerung aus. Eins der österreichischen Korps, die in Böhmen schlagfertig gestanden hatten, war später als die übrigen gegen Prag vorgerückt und am Tage der Prager Schlacht noch mehrere Meilen vom Schlachtfelde entfernt gewesen. Der Feldmarschall Daun befehligte dies Korps. Er zog sich nun weiter, auf der Straße gegen Kolin, zurück, und zu ihm stießen die Scharen der Österreicher, die in der Schlacht zersprengt und von Prag waren abgeschnitten worden. Gegen ihn hatte Friedrich zuerst den General Zieten mit seinen Husaren ausgeschickt; und da dieser die Feinde stärker fand, als man erwartet hatte, so war mit Zieten ein besondres Beobachtungscorps, unter dem Herzog von Bevern, vereinigt worden. Dies Korps rückte gegen Daun vor, und er, obgleich der Stärkere, wich zurück, ließ die Preußen Kolin mit einem reichlichen Magazine wegnehmen und selbst Kuttenberg besetzen. Aber durch diesen Rückzug näherte er sich zugleich mehr und mehr den mittleren Provinzen des österreichischen Staates, zog, ohne sich zu schwächen, immer neue Unterstützungen, die ihm entgegengesandt wurden, an sich und vermehrte so nach und nach seine Armee zu einer bedeutenden Macht. So waren mehr als fünf Wochen seit der Schlacht von Prag verflossen, ohne daß Friedrich im Stande gewesen war, eine Entscheidung herbeizuführen. Wie im vorigen Jahre durch das Lager von Pirna, so ward er jetzt durch Prag in der raschen Ausführung seiner Entschlüsse aufgehalten. Aber die Verzögerung mußte jetzt, da es sich um größere Heermassen handelte, auch größere Gefahr bereiten; und, schlimmer noch als dies, auch von den andern Seiten rückte die drohende Gefahr bereits näher. Die Franzosen waren mit einer mächtigen Armee über den Niederrhein gegangen und standen schon in Westphalen; die Russen und Schweden, sowie die Reichsarmee machten sich ebenfalls zum Anzuge bereit. Ein drückender Unmut bemächtigte sich der Seele des Königs. Der Sieg von Prag hätte all diese Hemmnisse, wie es schien, vereiteln können, wäre der Prinz von Dessau zur bestimmten Stunde auf dem Schlachtfeld erschienen; daß die Säumnis des Letzteren unverschuldet war, wurde von Friedrich überhört. Der Herzog von Bevern hätte jetzt, so meinte Friedrich, mit raschem Angriff das Korps des Feldmarschalls Daun zerstreuen können; daß aber dies Korps dem preußischen bedeutend überlegen war, daß die Österreicher den Preußen Stand halten würden, davon wollte der König nichts wissen. Er entschloß sich, selbst auszuführen, was Bevern nicht wage; er nahm alle Truppen zu sich, die er bei der Belagerung von Prag irgend entbehren konnte, und verließ am 13. Juni das Lager, um zu Bevern zu stoßen…“

Hinterlasse einen Kommentar