Franz Schubert

Den Geburtstag von unserem großen deutschen Tondichter Franz Schubert feiern wir heute. Denn am heutigen Tag im Jahre 1797 erblickte unser Schubert in Himmelpfortgrund das Licht der Erdenwelt. In seinen leider nur 31 Jahren hat er um die 600 Tondichtungen geschaffen – darunter neun Symphonien, etliche geistliche Werke, reichlich Kammermusik, zahlreiche Sonaten, ein paar Opern und dazu noch einige Vertonungen und Lieder. Aber bevor ich hier noch einen musikgeschichtlichen Fachvortrag halte, lasse ich unseren alten Meister doch lieber seine Vierte Symphonie (genannt die Tragische) zum Besten geben: https://www.youtube.com/watch?v=r4Oxnf0Q20c Wer nun Schuberts Musik nicht nur hören will, sondern mehr über dessen Leben und Wirken erfahren möchte, der wird in der Lebensbeschreibung des Heinrich Kreissle von Hellborn hoffentlich fündig: http://www.zeno.org/Musik/M/Kreissle+von+Hellborn,+Heinrich/Franz+Schubert

„Nahezu sechs und dreißig Jahre – ein Menschenalter – sind vorübergezogen, seit, Franz Schubert nach kurzem Erdenwallen aus dieser Welt geschieden ist. Während des Verlaufes dieser drei Dezennien und darüber, nach seinem Tod, ganz hauptsächlich aber in neuester Zeit, war man rühmlichst darauf bedacht, den reichen Schatz seines inneren Lebens, insoweit dieser in der musikalischen Kunst zur Erscheinung gelangte, allgemach aufzudecken und die volle Würdigung seiner erstaunlichen in ihrer Vielseitigkeit noch zu wenig erfaßten künstlerischen Tätigkeit zu ermöglichen. Die Schilderung seiner stillen anspruchslosen äußeren Existenz dagegen beschränkte sich bis zur Stunde auf ein Paar dürftige Lebensumrisse, die bald nach des Tondichters Ableben in öffentlichen Blättern dem Publikum geboten wurden, und auf die von dem Verfasser dieses Buches vor drei Jahren herausgegebene „Biographische Skizze“, welcher von wohlwollenden, den Schwierigkeiten eines ersten derartigen Versuches Rechnung tragenden Personen, das Verdienst zugestanden wurde, eingehender, als es bis dahin der Fall war, auf die Lebensverhältnisse und die musikalische Produktivität Schuberts hingewiesen zu haben. Jene Skizze aber, so bescheiden ausgestattet sie war, barg doch den fruchtbringenden Keim neuen Lebens in sich; denn bald nach ihrem Erscheinen öffneten sich da und dort zwar spärlich fließende, aber dennoch höchst willkommene Quellen, deren Existenz mir entweder gar nicht bekannt war, oder die ich für versiegt gehalten hatte. So sah ich mich denn durch Mitteilungen verschiedener Art, welche teils Neues, teils Berichtigungen tatsächlicher Irrtümer enthielten, sowie durch eigene Bemühung allmälig in dem Besitz eines verhältnismäßig reichhaltigen Materiales, welches zu benützen und aufs neue zu verarbeiten ich mich durch mehrfache Gründe bestimmen ließ. Auch konnte ich mir nicht verhehlen, daß mein innigeres Vertrautwerden mit der Schubertschen Muse und die mir über seine äußeren Verhältnisse mittlerweile gewordenen Aufklärungen auf so manche in der »Skizze« ausgesprochene Ansicht modifizierend eingewirkt hatten. Die Schwierigkeiten, mit welchen eine Darstellung von Schuberts Leben zu kämpfen hat, sind freilich in Wesenheit dieselben geblieben. Sie gipfeln in der Unmöglichkeit, ein Leben, „in welchem es nicht Berg nicht Tal, sondern nur gebahnte, Fläche gab, auf der sich unser Tondichter in gleichmäßigem Rhythmus fortbewegte“, – als interessant und bedeutend hinzustellen, ohne dem Leser an Stelle der Wahrheit Phantasiestücke zu bieten, die wohl für den Augenblick Anregung und Erheiterung gewähren mögen, der Sache selbst aber in keiner Weise förderlich sind. Eben aus dieser Ursache haben auch Personen, in deren Macht es gestanden, über Schuberts Leben viele und zuverlässige Aufschlüsse zu geben, nach wiederholten Anläufen zu größeren Arbeiten in dieser Richtung, sich schließlich auf die Erklärung zurückgezogen, daß eine Biografie Schuberts ein geradezu unausführbares Unternehmen sei, weil sich dieser Tondichter, dessen äußere Existenz so ganz von alle dem losgelöst war, was geistig in ihm lebte und webte, nur aus seinen musikalischen Inspirationen darstellen und begreifen lasse. Es liegt in der Tat ein Körnchen Wahrheit in dieser Behauptung; – jede Biografie Schuberts wird wegen des Mangels an innigen Wechselbeziehungen zwischen innerem und äußerem Leben mehr oder weniger das Gepräge des Skizzenhaften an sich tragen, und die Aufzählung und Würdigung seiner künstlerischen Leistungen immerdar einen unverhältnismäßig großen Raum in Anspruch nehmen. Dennoch konnte mich diese Ansicht, da sie eben zu viel behauptet, in keiner Weise abhalten, den verpönten Versuch abermals mit verstärkter Kraft zu wagen und die Lösung der mir gestellten Aufgabe nach Tunlichkeit anzustreben. Es ist meine auf Erfahrung gestützte Überzeugung, daß in nicht ferner Zeit bei dem allmäligen Heimgange der noch lebenden Zeugen von Schuberts äußerer Existenz eine Biografie dieses Tondichters schlechterdings zu den Unmöglichkeiten gehören wird, und daß fürder, ungeachtet so mancher unvermeidlicher Lücken, im Wesentlichen kaum ein Mehreres geboten werden dürfte, als in dieser Darstellung enthalten ist, es müßte denn Jemand, auf rein musikalischen Boden sich stellend, Lust und Muse finden, die an die Zahl von Eintausend hinanreichenden Kompositionen Schuberts kritisch zu zergliedern. Für dieses Mal erkannte ich es als eine dringende Aufgabe, von dem allerorts zerstreuten trümmerhaften Materiale, das mir von vielen, in dieser Darstellung namhaft gemachten, Personen mit dankenswerter Bereitwilligkeit zur Verfügung gestellt wurde, zu retten, was zu retten war, und das Gesammelte, in chronologischer Reihenfolge geordnet, nach Möglichkeit zu einem Ganzen zusammenzufassen. Indem ich das Ergebnis meiner Forschungen der Öffentlichkeit übergebe, darf ich wohl dem Wunsche Ausdruck verleihen, daß es mir gelungen sein möge, zu der Wiederbelebung von Schuberts Andenken, welche man gerade jetzt teils durch liebevolles Eingehen in seine künstlerische Gesamtwirksamkeit, teils auf monumentalem Wege zu erzielen bestrebt ist, nach meiner Weise erfolgreich mitgewirkt zu haben…“

Die Einnahme der gallischen Hauptstadt Paris

Im Jahre 1871 streckte die gallische Hauptstadt Paris die Waffen. Alle Versuche zum Ausbruch und Entsatz seitens der Gallier schmetterten wir Deutschen ab. Hunger und Beschuß taten ein übriges. Mit dem Fall von Paris fand auch der gallische Krieg von 1870-71 ein Ende. Das gallische Feldheer war nämlich schon vorher fast gänzlich zerschlagen und mit dem Freiwerden unserer Belagerungsarmeen sah es für die Gallier zappenduster aus. Wir Deutschen waren also am Ziel und konnten unser Herzogtum Lothringen nach fast 200 Jahren gallischer Fremdherrschaft endlich befreien. Die Aufgabe von Paris schildert uns Moltke der Ältere zur Feier des Tages: https://archive.org/details/geschichtedesdeu00moltuoft

„Seitdem Herr Thiers von seiner diplomatischen Rundreise zurückgekehrt war, wußte man, daß ein vermittelndes Einschreiten der auswärtigen Mächte nicht zu erwarten sei. Die Bedrängnis der Hauptstadt war mehr und mehr gestiegen. Längst schon hatten Mangel und Teuerung auf den Bewohnern gelastet. Ihre Vorräte waren erschöpft, und selbst die Bestände der Besatzungsarmee bereits stark in Anspruch genommen. Bei der andauernden Kälte fehlte es an Heizmitteln, und die Gaserleuchtung konnte nur unzureichend durch Petroleum ersetzt werden. Vor der vom Gegner lange verzögerten Maßregel des Bombardements bargen sich im südlichen Teil von Paris die Einwohner in den Kellern oder flüchteten in entfernte Stadtviertel, während bei der nun auch im Norden beginnenden Beschießung die Bevölkerung von Sankt Denis massenweise zuströmte. Der große Ausfall am 19. war vollständig gescheitert, ein Entsatz von außerhalb nicht mehr zu hoffen, seitdem Gambetta den Mißerfolg bei Le Mans mitgeteilt hatte. Die Armee von Paris, welche er der Untätigkeit anklagte, war durch Frost, Krankheit und Desertion um ein Drittel ihrer Stärke vermindert und durch verunglückte Unternehmungen geistig herabgedrückt. Um Fleisch zur Ernährung der Einwohner zu beschaffen, hatte sie ihre Pferde hergeben müssen, auch erklärte General Trochu jede weitere Angriffsunternehmung für hoffnungslos, selbst für den passiven Widerstand seien die Mittel erschöpft. Bisher hatte die Regierung durch schöngefärbte Berichte die Bevölkerung bei guter Laune zu erhalten gewußt, aber die schlimme Lage der Dinge ließ sich nicht mehr verschleiern. Jetzt wurden alle ihre Maßregeln getadelt. Es gab in Paris eine zahlreiche Klasse, welche vor der allgemeinen Not wenig berührt war. Die aus der Zivilbevölkerung bewaffneten Vaterlandsverteidiger wurden von der Regierung ernährt und reichlich besoldet, ohne daß sie sich allzu sehr auszusetzen gehabt hätten. Ihnen schlossen sich alle die unsicheren Elemente an, welche bei ungeordneten Zuständen ihre Rechnung fanden. Diese waren mit den Verhältnissen ganz zufrieden, wie sie der 4. September geschaffen, und wenig später traten sie in der Schreckensgestalt der Kommune auf. Schon zuvor hatten Volksaufläufe nur mit Waffengewalt zerstreut werden können, und selbst ein Teil der Nationalgarde war meuterischen Kundgebungen nicht ferngeblieben. Unterstützt durch die Presse, forderten die demagogischen Klubs auch jetzt noch neue Unternehmungen, ja selbst einen Massenausfall aller Bewohner von Paris. So befand sich die schwache, weil nur auf Volksgunst ruhende Regierung im Gedränge zwischen unerfüllbaren Forderungen der einsichtslosen Menge und dem unerbittlichen Ernst der wirklichen Tatsachen. Unzweifelhaft gab es keinen Ausweg mehr als die Kapitulation der Hauptstadt, jede Zögerung steigerte die Not und zwang zur Annahme härterer Bedingungen. Wurden nicht ungesäumt alle Eisenbahnen freigegeben, um aus weitestem Umkreise Lebensmittel heranzuführen, so mußten unausbleiblich die Schrecknisse einer wirklichen Hungersnot über mehr als zwei Millionen Einwohner hereinbrechen, denen später nicht mehr zu begegnen war. Aber Niemand wagte das verhängnisvolle Wort Kapitulation auszusprechen, Niemand die Verantwortlichkeit für das unausweichlich Gewordene zu übernehmen. Am 21. wurde ein großer Kriegsrat gehalten. Da alle älteren General weitere Angriffsunternehmungen für unausführbar erklärten, glaubte man, sich auch bei den jungen Militärs Rat erholen zu sollen, kam jedoch zu keinem Entschluß. Weil aber doch irgend Jemand an allem Unheil schuldig sein mußte, so wurde nun General Trochu, das ursprünglich populärste der Regierungsmitglieder, seiner Stellung als Gouverneur enthoben und dem General Vinoy der Befehl über sämtliche Truppen verliehen. General Ducrot legte sein Kommando nieder. Gebessert wurde dadurch in den Verhältnissen nichts, und so erschien denn am 23. Herr Jules Favre in Versailles, um Verhandlungen, zunächst wegen Waffenstillstandes, anzuknüpfen. Auf deutscher Seite kam man diesem Wunsche entgegen, mußte aber selbstverständlich Bürgschaft dafür fordern, daß nach erfolgter Versorgung der Hauptstadt dort nicht der Widerstand fortgesetzt werde. Die Übergabe sämtlicher Forts, einschließlich des Mont Valerien und der Stadt Sankt Denis, sowie die Entwaffnung des Hauptwalles wurden gefordert und zugestanden. Am 26. abends sollten die Feindseligkeiten vor Paris eingestellt und alle Zufuhren freigegeben werden. Ein allgemeiner einundzwanzigtägiger Waffenstillstand würde dann mit dem 31. Januar in Kraft treten, ausgeschlossen von demselben aber würden die Departements Doubs, Jura und Cote d’Or sowie die Festung Belfort bleiben, wo zur Zeit noch Operationen sich im Gang befanden, von denen beide Teile sich Erfolg versprachen. Dieser Waffenstillstand gewährte der Defense Nationale die nötige Zeit, um eine drei gewählte Versammlung nach Bordeaux zu berufen, welche zu entscheiden haben werde, ob der Krieg fortzusetzen oder unter welchen Bedingungen der Friede zu schließen sei. Auch in den von den Deutschen Besetzen Landesteilen blieb die Wahl der Abgeordneten völlig ungehindert und unbeeinflußt. Die Kriegsbesatzung von Paris, Linientruppen, Marinesoldaten und Mobilgarden, hatten sofort die Massen auszuliefern, nur 12,000 Mann und die Nationalgarde durften sie zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern der Stadt behalten. Während des Waffenstillstandes blieb die Besatzung dort interniert, nach Ablauf desselben trat sie in Gefangenschaft. Von sofortiger Abführung nach Deutschland, wo schon alle irgend geeigneten Orte mit Gefangenen überfüllt waren, nahm man bei der nahen Friedensaussicht einstweilen Abstand. Ohne Störung erfolgte am 29. Januar die Besetzung der Forts. Ausgeliefert wurden von der Feldarmee 603 Geschütze, 1,770,000 Gewehre und über 1000 Munitionswagen, von der Festung 1362 schwere Geschütze, 1680 Lafetten, 860 Protzen, ferner 3,500,000 Patronen, 4000 Zentner Pulver, 200,000 Granaten und 100,000 Bomben. Die 132tägige Einschließung von Paris war beendet, der größere Teil der vor seinen Mauern festgehaltenen deutschen Streitkräfte frei geworden, um im offenen Felde das Ende des Krieges zu erkämpfen…“

Kaiser Wilhelm der Zweite

„Als eine festumrissene Persönlichkeit voller Manneskraft steht unser Kaiser vor uns, vorbildlich im Gottvertrauen und Idealismus, an Familiensinn und Arbeitsfreudigkeit, weitblickend und sich voll seiner und seines Volkes Kraft bewußt. Als starker Hort des Friedens hält er die Zügel der Regierung seit langen Jahren in fester Hand, wenn auch Anfeindungen und Gefahren ihn oft umgaben und dunkle Gewalten am Werke waren, den Weltkrieg zu entfesseln. Seiner Majestät in erster Linie ist es zu danken, wenn die Brandfackel, deren Schein man manchmal schon am Himmel zu sehen glaubte, dennoch in letzter Stunde nicht geschleudert wurde und Handel und Wohlstand einen ungeahnten Aufschwung nehmen konnten. Aber möglich ist Seiner Majestät die Erhaltung des Friedens, die gesicherte Machtstellung des Reiches nur dadurch geworden, daß er hinter sich ein treues Heer und ein Volk wußte, das trotz trennender Parteigegensätze in ernster Stunde zu ihm stehen würde.“ (Otto von Emmich)

Den Geburtstag von unserem letzten deutschen Kaiser Wilhelm dem Zweiten feiern wir heute. In Berlin erblickte er 1859 das Licht der Welt. Der Sohn Kaiser Friedrichs des Vierten und der Viktoria von England bestieg 1888 den deutschen Thron. Seine Regentschaft dauerte bis 1918, wo ihn der Dolchstoß der Novemberverbrecher traf. Die amerikanische Umerziehung versucht uns Deutschen einzureden, daß es sich bei unserem Kaiser Wilhelm dem Zweiten um einen unfähigen, größenwahnsinnigen und kriegslüsternen Menschen gehandelt habe. Wie immer trifft man die Wahrheit sehr gut, wenn man vom Gegenteil der Behauptungen der amerikanischen Umerziehung ausgeht. Wenn man auch sagen muß, daß die Führung der Staatsgeschäfte durch Wilhelm den Zweiten nicht die Höhe der Geschäftsführung durch unseren preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm des Ersten oder Friedrich den Großen erreicht hat. Was allerdings hauptsächlich am damals grassierenden Liberalismus lag. Etwas was die amerikanische Umerziehung nicht gerne hört. Dennoch gedieh unser altes deutsches Reich zu Zeiten Wilhelms des Zweiten gar sehr und seine gewachsene Wirtschaftskraft erlaubte den Bau einer mächtigen Kriegsflotte. Bei der Wahl seiner Kanzler hatte er kein Glück, mit unserem Admiral Tirpitz oder unseren Graf Schlieffen fand aber gute Kriegsmänner und er war es, der 1914 unseren Feldmarschall Paul von Hindenburg mit der Führung unserer VIII. Armee beauftragt hat und diesem und seinem Stabschef Ludendorff 1916 die Oberste Heeresleitung betraut. Aus seiner ersten Ehe mit Auguste Viktoria gingen sechs Söhne und eine Tochter hervor. Die zweite Ehe mit Hermine von Reuß blieb kinderlos. In den Niederlanden griff unser Kaiser Wilhelm zur Feder – „Aus meinem Leben. 1859–1888“, „Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878–1918“, „Erinnerungen an Korfu“, „Vergleichende Geschichtstabellen von 1878 bis zum Kriegsausbruch 1914“ oder „Meine Vorfahren“ nennen sich seine Bücher. Als alten Preußen freut es unseren letzten Kaiser Wilhelm den Zweiten bestimmt, wenn anläßlich seines Geburtstages der Helenenmarsch gespielt wird. https://www.youtube.com/watch?v=eXa2nSuNxoE Während Heer und Marine vor den Kriegsvorbereitungen der Landfeinde warnen, spielen die Diplomaten Vogel Strauß: https://archive.org/details/ereignisseundges00wilhuoft

„In Potsdam eingetroffen, fand ich den Kanzler und das Auswärtige Amt im Konflikt mit dem Chef des Generalstabes, weil General von Moltke die Ansicht vertrat, der Krieg werde unbedingt ausbrechen, während die beiden ersteren fest auf ihrer Auffassung bestanden, es werde nicht dazu kommen, der Krieg würde sich vermeiden lassen, wenn ich nur nicht mobil machen ließe. Dieser Streit dauerte die ganze Zeit über an. Erst als General von Moltke meldete, daß die Russen bereits ihre Grenz-Kordon-Häuser angesteckt, die Grenzbahngeleise aufgerissen und rote Mobilmachungszettel angeschlagen hätten, ging auch den Diplomaten in der Wilhelmstraße ein Licht auf. Ihre Widerstandskraft ein Licht auf. Ihre Widerstandskraft und sie selbst brachen zusammen. Sie hatten an den Krieg nicht glauben wollen. Hieraus geht deutlich hervor, wie wenig wir im Juli 1914 auf den Krieg gefaßt waren, geschweige denn, daß ihn vorbereitet hätten. Als im Frühjahr 1914 Zar Nikolaus II. von seinem Hofmarschall über sein Frühjahrs- und Sommerprogramm befragt wurde, antwortete er: „Je resterai chez moi cette annee, parce que nous aurons la guerre. [Ich werde in diesem Jahre zu Hause bleiben, weil wir Krieg bekommen.]“ (Diese Tatsache soll dem Reichskanzler von Bethmann gemeldet worden sein, ich habe damals nichts davon gehört und sie erst im November 1918 erfahren.) Das ist derselbe Zar, der mir zu zwei Malen, in Björkö und Baltisch-Port, ganz unaufgefordert und für mich überraschend sein feierliches Ehrenwort (word of honour of a sovereign), durch Handschlag und Umarmung bekräftigt, gegeben hat: er werde aus Dankbarkeit für die treue und freund-nachbarliche Haltung des Deutschen Kaisers im russisch-japanischen Kriege, den England allein Rußland eingebrockt habe, niemals gegen ihn das Schwert ziehen, wenn etwa ein Krieg in Europa ausbrechen sollte, am allerwenigsten als Bundesgenosse von England. Dieses Land hasse er, denn es habe ihm und Rußland zu schweres Unrecht angetan, indem es ihm Japan auf den Hals gehetzt habe. Zu derselben Zeit, als der Zar sein Sommerkriegsprogramm aussprach, beschäftigte ich mich in Korfu mit Ausgrabungen von Altertümern, dann reiste ich nach Wiesbaden und schließlich nach Norwegen. Ein Herrscher, der Krieg will und ihn vorbereitet, um seine Nachbarn zu überfallen, wozu es langer heimlicher Mobilmachungsvorbereitungen und Konzentrationen bedarf, der befindet sich nicht monatelang außer Landes und läßt nicht seinen Generalstabschef auf Sommerurlaub nach Karlsbad gehen. Die Feinde haben unterdessen planmäßig Vorbereitungen zum Überfall getroffen. Die ganze diplomatische Maschine bei uns hat versagt. Man sah den heraufziehenden Krieg nicht, weil das Auswärtige Amt mit seinem Standpunkt des „surtout pas d’histoires!“ von dem Gedanken des Friedens a tout prix dergestalt hypnotisiert war, daß es den Krieg als mögliches Mittel der Entente-Staatskunst aus seinen Berechnungen gänzlich ausgeschaltet hatte und deshalb die Kriegsanzeichen in ihrer Bedeutung nicht richtig einschätzte. Auch hierin liegt übrigens ein Beweis für die Friedfertigkeit Deutschlands. Jener Standpunkt des Auswärtigen Amtes brachte es in einen gewissen Gegensatz zum Generalstab und Admiralstab, die pflichtmäßig warnten und zur Abwehr vorbereiten wollten. Dieser Gegensatz hat noch lange nachgewirkt. Die Armee konnte dem Auswärtigen Amt nicht vergessen, daß sie durch seine Schuld überrascht worden war. Und die Diplomaten waren pikiert, daß es trotz ihrer Kunst zum Kriege gekommen war. Unzählig sind die Zeugnisse dafür, daß schon im Frühjahr und Sommer 1914, als bei uns noch niemand an den Angriff der Entente dachte, der Krieg in Rußland, Frankreich, Belgien und England vorbereitet worden ist. Die wesentlichen der mir bekannt gewordenen Beweise hierfür habe ich in die von mir zusammengestellten „Vergleichenden Geschichtstabellen“ aufgenommen. Aus ihrer großen Zahl möchte ich hier nur einige anführen. Wenn ich dabei nicht alle Namen nenne, so geschieht das aus begreiflichen Gründen. Dieses ganze Material ist mir natürlich erst nachträglich, zum Teil während des Krieges, größtenteils erst nach dem Kriege, bekannt geworden…“

Friedrich Wilhelm von Schelling

Die Schule des deutschen Idealismus stellt unzweifelhaft einen Höhepunkt unseres deutschen Denkens dar und so ziemt es sich, dessen Vertreter hin und wieder in Erinnerung zu rufen. Deren Wiegenfeste bieten sich dafür natürlich geradezu an. In Leonberg im Schwabenland wurde mit unserem Friedrich Wilhelm von Schelling 1775 einer der Hauptvertreter unseres deutschen Idealismus geboren. Seine Werke tragen so illustere Namen wie „Über die Möglichkeit einer Form der Philosophie überhaupt“, „Vom Ich als Prinzip der Philosophie oder über das Unbedingte im menschlichen Wissen“, „Abhandlung zur Erläuterung des Idealismus der Wissenschaftslehre“, „Ideen zu einer Philosophie der Natur“, „Von der Weltseele“, „System des transzendentalen Idealismus“, „Über den wahren Begriff der Naturphilosophie und die richtige Art ihre Probleme aufzulösen“, „Philosophie der Kunst“, „Vorlesungen über die Methode des akademischen Studium“, „System der gesamten Philosophie und der Naturphilosophie insbesondere“, „Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit“, „Weltalter“, „Philosophie der Offenbarung“, „Philosophie der Mythologie“ oder „Philosophie der Kunst“ und sind bisweilen Mitschriften seiner Vorlesungen. Denn als Professor an den Universitäten von Jena, Würzburg, München und Berlin verdiente unser Schelling sein Brot. Studiert hat er in Tübingen. Sein häusliches Glück fand er 1803 mit Caroline Michaelis und 1812 mit Pauline Gotter ein zweites Mal. Mit seiner zweiten Frau Pauline hatte er sechs Kinder. Aus seiner Schrift „Von der Weltseele“ lese ich noch ein Stück vor: http://www.zeno.org/Philosophie/M/Schelling,+Friedrich+Wilhelm+Joseph

„Jede in sich selbst zurückkehrende Bewegung setzt, als Bedingung ihrer Möglichkeit, voraus eine positive Kraft, die (als Impuls) die Bewegung anfacht (gleichsam den Ansatz zur Linie macht), und eine negative, die (als Anziehung) die Bewegung in sich selbst zurücklenkt (oder sie verhindert in eine gerade Linie auszuschlagen). In der Natur strebt alles kontinuierlich vorwärts; daß dies so ist, davon müssen wir den Grund in einem Prinzip suchen, das, eine unerschöpfliche Quelle positiver Kraft, die Bewegung immer von neuem anfacht und ununterbrochen unterhält. Dieses positive Prinzip ist die erste Kraft der Natur. Aber eine unsichtbare Gewalt führt alle Erscheinungen in der Welt in den ewigen Kreislauf zurück. Daß dies so ist, davon müssen wir den letzten Grund in einer negativen Kraft suchen, die, indem sie die Wirkungen des positiven Prinzips kontinuierlich beschränkt, die allgemeine Bewegung in ihre Quelle zurückleitet. Dieses negative Prinzip ist die zweite Kraft der Natur. Diese beiden streitenden Kräfte zugleich in der Einheit und im Konflikt vorgestellt, führen auf die Idee eines organisierenden, die Welt zum System bildenden Prinzips. Ein solches wollten vielleicht die Alten durch die Weltseele andeuten. Die ursprünglich-positive Kraft, wenn sie unendlich wäre, fiele ganz außerhalb aller Schranken möglicher Wahrnehmung. Durch die entgegengesetzte beschränkt, wird sie eine endliche Größe – sie fängt an Objekt der Wahrnehmung zu sein, oder sie offenbart sich in Erscheinungen. Das einzig-unmittelbare Objekt der Anschauung ist das Positive in jeder Erscheinung. Auf das Negative (als die Ursache des bloß Empfundenen) kann nur geschlossen werden. Das unmittelbare Objekt der höheren Naturlehre ist daher nur das positive Prinzip aller Bewegung, oder die erste Kraft der Natur. Sie selbst, die erste Kraft der Natur, verbirgt sich hinter den einzelnen Erscheinungen, in denen sie offenbar wird, vor dein begierigen Auge. In einzelnen Materien ergießt sie sich durch den ganzen Weltraum. Um diesen Proteus der Natur, der unter immer veränderter Gestalt in zahllosen Erscheinungen immer wiederkehrt, zu fesseln, müssen wir die Netze weiter ausstellen. Unser Gang sei langsam, aber desto sicherer. Die Materie, die in jedem System vom Zentrum gegen die Peripherie strömt, das Licht, bewegt sich mit solcher Kraft und Schnelligkeit, daß einige sogar an seiner Materialität gezweifelt haben, weil ihm der allgemeine Charakter der Materie, die Trägheit, abgehe. Aber allem Anschein nach kennen wir das Licht nur in seiner Entwicklung, höchstwahrscheinlich ist es auch nur in diesem Zustand ursprünglicher Bewegung fähig unser Auge als Licht zu rühren. Nun ist aber jede Entwicklung und jedes Werden einer Materie von eigentümlicher Bewegung begleitet. Wenn nun ein außerordentlich hoher, jedoch endlicher Grad der Elastizität augenblicklich erzeugt wird, so wird derselbe das Phänomen einer höchst elastischen Materie geben, die, weil das Wesen der Elastizität ausdehnende Kraft ist, in einem Raume sich verbreitet, der dem Grade dieser Kraft proportional ist. Dies wird den Schein einer freien Bewegung dieser Materie geben, gleichsam als ob sie vom allgemeinen Gesetze der Trägheit ausgenommen, in sich selbst die Ursache ihrer Bewegung hätte. Allein diese Bewegung, so groß und schnell wir sie auch annehmen, unterscheidet sich doch von jeder andern, wodurch in irgend einer Materie ein Gleichgewicht der Kräfte entsteht, nur dem Grade nach. Denn lassen wir etwa jene elastische Materie ohne allen Widerstand, den ein minder elastischer Körper durch seine Undurchdringlichkeit oder durch seine Anziehungskraft ihrer Verbreitung entgegensetzen könnte, in einem völlig leeren Raum sich ausbreiten, so müßte sie, da der Grad ihrer Elastizität doch ein endlicher ist, und die Elastizität jeder Materie in demselben Verhältnis abnimmt, in welchem der Raum, durch den sie sich verbreitet, zunimmt, doch endlich einen Grad der Verbreitung erreichen, bei welchem ihre allmählich verminderte Elastizität in ein relatives Gleichgewicht mit ihrer Masse käme, und so Ruhe, das heißt einen permanenten Zustand der Materie, möglich machte. Das Licht also, obgleich es sich mit wunderbarer Schnelligkeit bewegt, ist doch deswegen nicht mehr und nicht weniger träg, als jede andere Materie, deren Bewegung kein Gegenstand der Wahrnehmung ist. Denn daß ich es gleich anfangs sage, absolute Ruhe in der Welt – ist ein Unding, alle Ruhe in der Welt ist nur scheinbar, und eigentlich nur ein Minus, keineswegs aber ein gänzlicher Mangel der Bewegung (gleich Null). Die Bewegung des Lichts also ist eine ursprüngliche Bewegung; die jeder Materie, als solcher, zukommt, nur daß sie, sobald die Materie einen permanenten Zustand erreicht hat, mit einem Minimum von Geschwindigkeit geschieht, zu welchem das Licht gleichfalls gelangen würde, sobald seine ursprünglichen Kräfte ein gemeinschaftliches Moment erreicht hätten. Denn jede Materie erfüllt ihren bestimmten Raum nur durch eine Wechselwirkung entgegengesetzter Kräfte; daß sie also denselben Raum permanent erfüllen, das heißt daß der Körper in seinem Zustand beharrt, kann man nicht erklären, ohne jene Kräfte als in jedem Moment gleich tätig anzunehmen, wodurch denn das Unding von absoluter Ruhe von selbst verschwindet. Jede Ruhe, also auch jedes Beharren eines Körpers ist lediglich relativ. Der Körper ruht in bezug auf diesen bestimmten Zustand der Materie; solange dieser Zustand fortdauert (solange zum Beispiel der Körper fest oder flüssig ist), werden die bewegenden Kräfte den Raum mit gleicher Quantität, das heißt sie werden denselben Raum ausfüllen, und insofern wird der Körper zu ruhen scheinen, obgleich, daß dieser Raum kontinuierlich erfüllt wird, nur aus einer kontinuierlichen Bewegung erklärbar ist…“

Wolfgang Amadeus Mozart

Mit unserem Wolfgang Amadeus Mozart hat heute einer unserer ganz unzweifelhaft größten deutschen Tondichter Geburtstag. Im Jahr 1756 wurde er in Salzburg geboren und wirkte später vor allem in Wien. Sein Werk ist mit über 600 Stücken recht umfangreich, wenn man bedenkt, daß der gute Mann nur 35 Jahre alt geworden ist. Unsere alten Tondichter feiern wir Deutschen am Besten mit ihrer Musik und so wollen wir es auch bei unserem Mozart halten. Sein Siebtes Violinkonzert trifft hierbei meine Wahl: https://www.youtube.com/watch?v=H7mXmWK-Nlg Mit unserem Musikgelehrten Ludwig Nohl fühlen wir dazu Mozarts Meisterwerk Fidelio auf den Zahn: http://www.zeno.org/Musik/M/Nohl,+Ludwig/W.A.+Mozart.+Ein+Beitrag+zur+Aesthetik+der+Tonkunst

„Wer nun unserm Meister zu den Gestalten seiner dramatischen Werke gesessen, wer kann es wissen? Von der „Entführung aus dem Serail“ ist bekannt, daß sie zu der Zeit geschrieben wurde, als Mozart um seine Constanze freite, und die erquickende Wärme, ja die tiefe Glut der Empfindung, die den meisten Gesängen der beiden Liebenden in dieser Oper eigen ist, ward von je dem Umstande zugeschrieben, daß Mozart selbst damals gerade in seiner Liebe von allen Seiten und besonders von seinem Vater hart bedrängt, sie nur um so tiefer in sein Herz hineindrückte. Wer ihm später zur Gräfin, zur Susanne, wer zur großen Donna Anna als Modell gedient, ist nicht bekannt, verschlägt auch nichts. Aber Ulibischeff wird von einem richtigen Instinkt geleitet, wenn er unserm Meister in Prag, wo der berühmte Don Giovanni geschrieben wurde, eine Umgebung zudichtet, die dem Treiben dieser Oper einigermaßen entsprach. Eine unendliche Fülle eigenster Erlebnisse gehörte dazu, diese Gestalten bis zum wirklichen Leben zu beseelen, die Textbücher hatten kaum die nötigen Umrisse dazu gegeben, und selbst diese nicht einmal immer psychologisch richtig. Und welche Psychologie, welche Feinheit der Seelenkenntnis entwickelt unser Meister in seiner Musik. Am Besten begreift sich das, wenn man wiederum Beethovens einzige Schöpfung auf diesem Gebiete, den schönen Fidelio, gegen die Mozartschen Opern hält. Gerade was diese auszeichnet, die bis zum höchsten Grade gebrachte individuelle Belebung, fehlt den Figuren des Fidelio meistens. Die Schönheiten, die uns hier entzücken, liegen nicht eigentlich im Dramatischen. Bis zur vollen Persönlichkeit, die frei einherwandelt, auf eigenen Füßen, ohne Anhalt, hat Beethoven selbst Leonore, „die edelste der Frauen“, nicht zu bringen vermocht; selbst diese in manchem Punkte so schön gezeichnete Figur lehnt sich noch so an das Orchester an, wie etwa die Figuren des haut-relief an die Marmorwand: sie möchten hervortreten und frei handelnd dastehen, aber sie können nicht, ihre Existenz, ihre Bewegungen sind an etwas Fremdes gebunden; es ist eine Art Pflanzenleben. Bei Mozart dagegen ist das Orchester in der Tat nur Piedestal, nur der Boden, nicht an dem die Gestalten festgewachsen sind, sondern auf dem sie sich frei bewegen; die Instrumente fesseln nicht die Person an sich, sie dienen vielmehr obendrein dazu, dieselbe nur noch mehr frei zu machen, indem sie ihr manches zu sagen abnehmen, wozu die Person im Momente nicht Mut hat oder nicht Zeit findet. Wir werden darauf zurückkommen. Im Fidelio aber liegt der Schwerpunkt so sehr im Orchester, daß man den größten Teil dieser Oper durchaus mit geschlossenen Augen zu hören vermag, ohne ein Bedürfnis zu bekommen auf die Bühne zu schauen, denn überall, wo die Musik wirklich schön ist, ist sie ein bloßer lyrischer Erguß, der nicht unbedingt gerade zu der Situation gehört, die auf der Bühne vor sich geht. Und wo die Musik mit der Handlung geht, hat sie einen Holzton, etwas Hohles, und sitzt niemals so dem Worte und der Tat auf dem Leibe fest gegossen, wie die Mozartsche. Selbst in den Stücken, die am meisten dramatisches Leben haben, kommen leere Stellen vor, dunkle Punkte, wo Licht und Klang nachläßt oder gar ganz aufhört; es reißt ihm gar oft die Schnur, an die Mozart mit solcher Sicherheit von Anfang bis zu Ende Alles anreiht, und selbst die schönsten Einzelnheiten, das unendlich frohe Aufjauchzen der Seele, das eine Beethovensche Melodie in jedem Zuhörer hervorruft, vermögen nicht für diesen Mangel zu entschädigen. Sogar das Duett: „O namen- namenlose Freude“, das im Schwunge seiner Empfindung kaum seines Gleichen hat, hat etwas von jenem ἰφωρ, wenn man als Beispiel dagegen hält, wie Belmonte und Constanze ihre Wiedervereinigung heraussingen. Und doch ist dies bei weitem keine der besten Kompositionen Mozarts; sie hat zu viel Bravour, wie die B-Dur Arie der Constanze; aber einzelne Stellen sind von einer Wahrheit, ja von einer Glut der Empfindung, daß Fidelio und Florestan dagegen höchstens Fischblut in den Adern zu haben scheinen. Wie kommt das? Konnte sich der Meister, dem es eigentümlich ist, die Empfindung bis zu dem Punkte zu verfolgen, wo sie in jedem Augenblicke zur Rede, zur Tat überzugehen droht, konnte er sich an das von einem Andern geredete Wort nicht binden? Fühlte er sich gebunden, wo seiner Empfindung von fremder Hand das Objekt entgegengebracht wurde? Er, der in seinen Instrumentalwerken frei waltet wie Keiner, erscheint in dieser Oper selten in seiner ganzen Persönlichkeit und Macht; es ist, als sei dem Heroen eine kleine Mütze aufgesetzt, die ihn beengt und entstellt und nach der er sich dennoch in seinen Bewegungen richten muß. Er selbst kommt die ganze Oper hindurch nicht eigentlich zur Freiheit, zum ungehemmten Erguß seiner Seele, und dadurch der Zuhörer auch nicht. Er soll in seinen Figuren die Wirklichkeit darstellen und kennt sie nicht. Hier rächt es sich, daß er sich zeitlebens vom Leben zurückzog, anstatt fortwährend zu hören und zu schauen, was im wirklichen Treiben der Menschen vor sich geht, mit ihnen zu leiden, mit ihnen sich zu freuen, wie Mozart tat. Er selbst schreibt einmal von zwei seiner Bekannten: „Ich betrachte ihn und… als bloße Instrumente, worauf ich, wenn’s mir gefällt, spiele, aber nie können sie Zeugen meiner innern und äußern Tätigkeit, ebensowenig als wahre Teilnehmer von mir werden; ich taxiere sie nur nach dem, was sie mir leisten.“ Und dies schrieb er, den man in Wien schon kurz nach seinem ersten Auftreten den Großmogul nannte, an „einen derjenigen, die sein Herz auserwählt hatte“, und zwar wie Marx (Biographie II, 40) meint, wahrscheinlich schon im Jahre 1801, also in einem Alter von 31 Jahren, wo der Mensch im vollen Drange seines Herzens dem Menschen noch so nahe steht. Halten wir daneben, was Gottfried von Jacquin seinem Freunde Mozart (am 11. April 1787, also als auch dieser 31 Jahre alt war) ins Stammbuch schrieb: „Wahres Genie ohne Herz ist Unding – denn nicht hoher Verstand, nicht Imagination, nicht beide zusammen machen Genie – Liebe! Liebe! Liebe! ist die Seele des Genies“, – so kommt man unwillkührlich auf den Gedanken, als sei selbst jene Freundschaft Beethovens für Amenda, „den sein Herz auserwählt hatte“, sowie jede Empfindung dieses Großen für einen einzelnen Menschen mehr Schwärmerei gewesen als Empfindung, mehr der Phantasie zuzuschreiben als dem Herzen. Und so war es in der Tat; wir könnten die Beispiele reichlich vermehren, dürften nur an Bettina von Arnim erinnern und an die Gräfin Giulietta, das einzige weibliche Wesen, das Beethoven mit der ganzen Kraft seines Innern liebte und bei dem sich die Empfindung bis zu einer Leidenschaft steigerte, die sein Herz zu sprengen drohte. Und doch belehrt uns hier eines Andern die Phantasiesonate in Cis-Moll, die jener Gräfin gewidmet und wie ein Brief ist, den er ihr schreibt, sie zu trösten durch ruhiges Zureden im Adagio, sie zu erquicken durch die Zärtlichkeit des Allegretto, – selbst die Leidenschaftlichkeit des letzten Satzes, die tiefe Erregung und Wahrheit der Empfindung, die der ganzen Sonate nicht abzusprechen ist, alles ist nicht so höchst persönlich, so individuell, wie die Liebe sein muß, es fühlt sich nicht so warm, so lebend an, wie wenn Mozart eine gleiche Empfindung ausspricht; es redet auch hier noch mehr die Phantasie als das Herz. Und doch ist es allein dieses, das der Phantasie des Künstlers selbst in dem Augenblicke, wo er mit kühlster Überlegung schafft, seine Wärme in die Gebilde oft unwillkührlich herabfließen läßt. Treffen wir Mozart irgendwo in solcher Erregung, so ist sein Werk gewiß, als habe es die Liebe selbst diktiert, so sehr beseelte diesen ewig jugendlichen Meister das, was man Liebesgefühl nennt…“

Feldmarschall Walter Model, unser Panzerfeuerwehrmann

Unser Feldmarschall Walter Model wurde im sächsischen Genthin im Jahre 1891 geboren. Ab 1909 diente er im deutschen Heer und kämpfte im Vierjährigen Krieg als Offizier. Die dunklen Jahre der Novemberverbrecher überdauerte er in unserer Reichswehr und wirkte beim Aufbau unserer Wehrmacht mit. Im Sechsjährigen Krieg diente er zuerst als Stabschef bei unserem IV. Armeekorps in Polen und bei unserer XVI. Armee in Gallien. In Rußland bekam er dann sein eigenes Kommando in Form von unserer III. Panzerdivision, mit der er an den Schlachten von Bialystok, Smolensk und Kiew teilnahm. Doch schon im Oktober 1941 wurde ihm der Befehl über unser XLI. Panzerkorps übertragen, mit dem er in der Doppelschlacht von Wjasma und Brjansk kämpfte. Im Januar 1942 wurde er zum Befehlshaber unserer IX. Armee ernannt und verteidigte mit dieser dann ein Jahr lang den Frontbogen bei Rschew. Danach haben wir dann das Unternehmen Zitadelle ausgeführt, dessen Mißlingen allerdings unseren Model sein Kommando gekostet hat. Lange mußte er aber nicht untätig bleiben, denn schon im Januar 1944 erhielt er das Kommando über unsere Heeresgruppe Nord und die Beförderung zum Feldmarschall. Im Juni mußte er dann unsere Heeresgruppe Mitte wiederherstellen und im August im Westen mit unserer Heeresgruppe B den Vormarsch der Amerikaner und Engländer aufhalten. Dabei hat er dann im September auch das große englische Luftlandeunternehmen bei Arnheim abgewehrt. Eine wahrhaft große Leistung. In der Normandie hatten wir nämlich 40 unserer 50 Divisionen im Westen eingebüßt. Als Befehlshaber unserer III. Panzerdivision kämpfte unser Feldmarschall Model in Guderians legendärer Panzergruppe II mit und daher finden er immer mal wieder Erwähnung in dessen „Erinnerungen eines Soldaten“, in diesem Fall im Rahmen der Kesselschlacht von Kiew: https://archive.org/details/heinz-guderian-erinnerungen-eines-soldaten-1960

„Bei meinem Eintreffen in Ksendowka berichtete General Freiherr von Geyr, daß die III. Panzer-Division Romny genommen und einen Brückenkopf über den Romenfluß gebildet habe. Die III. Panzerdivision war an Konotop vorbeigestoßen, ohne die Stadt zu nehmen. Die IV. Panzerdivision befand sich im Vorgehen auf Bachmatsch, die SS-Division „Das Reich“ auf Borsna. Aus den Aussagen Gefangener ergab sich, daß die in der Ukraine fechtenden russischen Verbände zwar noch die Kraft hatten, sich zu verteidigen, daß aber ihre Angriffskraft gebrochen war. General Freiherr von Geyr wurde angewiesen, für die baldige Besetzung des wichtigen Bahnhofs von Konotop zu sorgen, über den unser Nachschub geleitet werden mußte, sowie die IV. Panzerdivision von Bachmatsch nach Süden und die SS-Division „Das Reich“ von Borsna auf Kustowzy anzusetzen. Letztere Division sollte Verbindung mit der II. Armee aufnehmen. Danach setzte ich meine Fahrt zur III. Panzerdivision fort. An der Sejm-Brücke erlebten wir einen russischen Bombenangriff, auf der Marschstraße lag Artilleriefeuer. Der Weg wurde durch Regenwetter immer schlechter und steckte voll liegen gebliebener Fahrzeuge. Die Kolonnen waren auf ein Vielfaches ihrer sonstigen Marschlänge auseinandergezogen. Die Zugmaschinen der Artillerie mußten bereits die Lkw schleppen. In Chmeljow ließ ich beim Stabe der III. Panzerdivision Unterkunft für die Nacht vorbereiten, da mit einer Rückfahrt an diesem Tage nicht mehr zu rechnen war. Dann fuhr ich weiter nach Romny. Nördlich der Stadt bildet der Romen einen starken Abschnitt, der überdies durch Panzergräben und Drahthindernisse der Russen gesichert war. Daß die Russen diesen starken Abschnitt nicht hatten halten können, bewies, daß das Erscheinen der III. Panzerdivision sie völlig überrascht hatte, und daß mit diesem Stoß der Durchbruch vollzogen war. Unmittelbar vor Romny traf ich General Model, der Einzelheiten berichtete.“

Einen etwas zu umerzogenen Geschichtsschreiber fand unser Model in einen gewissen Walter Görlitz. „Model. Strategie der Defensive“ nannte dieser sein Buch und versucht darin die Abwehrschlachten unseres Models für den (((amerikanischen))) Hilfsvölkerbund NAVO auszuwerten… Dennoch lasse ich den Görlitz euch von der Rückkehr unseres Models zur Rshewfront und einer weiteren Abwehrschlacht gegen die Russen:

„Am 7. August 1942 flog Model von Dresden zur Armee zurück, wo die Hölle los war. Während sich im Süden vom 28. Juni an die große Sommeroffensive entfaltete, zunächst mit dem Ziel, über den großen Donbogen auf das Wolgaknie bei Stalingrad durchzustoßen, griff Generaloberst Konjew mit der „Kalininfront“ zwischen dem 2. und 12. Juli 1942 erneut den Frontbalkon der IX. Armee bei Rshew an. Die Methode des Gegners war die gleiche wie bei der Schlacht vom Januar/Februar 1942: Angriffe auf die Ost-und Nordfront und der Versuch, in der Westflanke durchzubrechen, um die Verbindung mit den noch im Innenkessel sitzenden Bandengruppen und Armeeresten zu gewinnen, die ihrerseits offensiv vorgingen. Die von General von Vietinghoff-Scheel geführte IX. Armee hielt. Der Innenkessel wurde im Olschatal aufgespalten. Das Ergebnis: 8500 sowjetische Kriegsgefangene und 250 Panzer sowie 750 Geschütze, die zerstört oder erbeutet worden waren. Model pflegte wohl in kritischen Lagen Friedrich den Großen zu zitieren: Wenn es ernst stünde, solle man Optimismus zeigen. Mit dem 30. Juli 1942, dem Beginn der dritten, der Sommerschlacht um den Rshewbogen, wurde die Lage noch ernster, als sie es zu Beginn des Monats gewesen war. Generaloberst Konjew nahm mit – nach deutscher Schätzung – 41 Schützendivisionen und 15 Schützenbrigaden sowie 38 Panzerbrigaden den Versuch wieder auf, den deutschen Frontbalkon zum Einsturz zu bringen, zur Entlastung der in schwere Bedrängnis geratenen sowjetischen Kräfte zwischen Don und Wolga und im Kubangebiet. In der „Wolfsschanze“ wiegte man sich wieder einmal in dem Glauben, die Kräfte des Gegners näherten sich der Erschöpfung. Jetzt traten im Rshewbogen allein rund 3000 sowjetische Panzer auf, veranschlagte man die Stärke einer roten Panzerbrigade auf 70 bis 100 Panzer. Auffallend war auch die starke Luftunterstützung der Offensive bei abnehmenden deutschen Fliegereinsätzen der Luftflotte VI unter Generaloberst Ritter von Greim. Im ersten Anlauf konnte Konjew Geländegewinne verbuchen. Am 7. August brach Model seinen Genesungsurlaub in Dresden ab und flog zur Front, nach Sytschewka. Es war höchste Zeit, daß er selbst auf dem Plan erschien. Oberstleutnant Buntrock, der am 20. Juli den – später gefallenen – Oberstleutnant Schlieper als Ic abgelöst hatte, erlebte ihn zum erstenmal in voller Aktivität, immer am Brennpunkt auftauchend. Die IX. Armee verfügte zu diesem Zeitpunkt über eine einzige, in der „Auffrischung“ begriffene Division als Reserve. Bei Rshew richtete Model einen verzagenden Divisionskommandeur mit den Worten auf : „Allen Gewalten zum Trotz sich erhalten“ und fragte den ihn begleitenden Buntrock nach dem vollen Wortlaut dieses Goethezitats. Buntrock: „Nimmer sich beugen…“ Model nahm ihm das Wort aus dem Mund: „Sehen Sie, das ist es, darauf allein kommt es an: Nimmer sich beugen…“ Oberst im Generalstab Siegfried Rasp, Models einstiger Hörer beim Führergehilfenlehrgang im Truppenamt, war damals Chef des Generalstabes beim XXIII. Armeekorps im Raum Rshew. Er hatte nichts einzuwenden gegen Models Methode, die Armee von der Front aus zu führen, aber er erlebte, wie hier nacheinander vier Kommandierende Generale ausgewechselt wurden, Schubert, Schellert, Hilpert. Erst der vierte, der spätere Generaloberst Friessner, entsprach Models Geschmack. Er schrieb Friessner vorzügliche Beurteilungen. Es gab Divisions- und Regimentskommandeure, die Models Auftauchen im Kübelwagen oder im Storch mehr fürchteten als den Iwan, wie die Landser den Feind nannten. Doch eben bei diesen genoß er einen beinahe sagenhaften Ruf. Sie fühlten, daß der Armeeoberbefehlshaber nach seiner eigenen Regel lebte: „Wer eine Truppe führt, hat kein Recht mehr, an sich selbst zu denken.“ Stürzte im August 1942 der Frontbalkon Rshew ein, so bedeutete dies die äußerste Gefahr für die deutsche Sommeroffensive „Blau“, die sich inzwischen in zwei auseinanderstrebende Richtungen zerfasert hatte, auf Stalingrad an der Wolga und tief nach Süden hinab zum Nordkaukasus. Am 16. August notierte Halder voller Sorge: „… IX. Armee: Sehr gespannte Lage bei Rshew. Schwer abzusehen, wie das enden soll…“ Am folgenden Tag war Halder etwas zuversichtlicher: „Model: Ruhigerer Tag, Feind anscheinend erschöpft, greift in örtlich unzusammenhängenden Gruppen an. Heranführung neuer Kräfte aus der Nähe…“ Neue Kräfte aus der Nähe, das hieß, daß Model wieder einmal seine Fähigkeit entfaltete, Eingreifverbände aus dem Boden zu stampfen, Alarmeinheiten aus Trossen, rückwärtigen Diensten, Baubataillonen zu formieren, wobei es ihm nicht darauf ankam, auch Generalstabsoffizieren seines eigenen Stabes plötzlich solche Einheiten in die Hand zu drücken, oder Großverbände auseinanderzureißen, weil er gerade da oder dort ein Bataillon oder ein Regiment an eine Einbruchsstelle werfen wollte. Das nahmen ihm die betreffenden Kommandeure, die die Kontrolle über ihre Einheiten verloren, natürlich sehr übel. Aber danach fragte Model nicht. Während der Sommerschlacht warf er auch die vier Gruppen des bei der IX. Armee für Bauarbeiten im rückwärtigen Gebiet eingesetzten „Höheren Reichsarbeitsdienstführers H XXV, Generalarbeitsführer Freiherrn von Bothmer, rücksichtslos in den Kampf, obwohl die blutjungen RAD-Männer nur über leichte Infanteriewaffen verfügten. Trotzdem schlugen sie sich mit Bravour. Model gewann auch die Sommerschlacht gegen Konjew. Auf deutscher Seite wurde der 26. September 1942 als Schlußtag der Kampfhandlungen angegeben, man rechnete mit einem sowjetischen Verlust von etwa 380,000 Gefallenen.13,370 Mann gingen in Kriegsgefangenschaft, 2943 Panzer wurden als Abschußziffer gemeldet, ebenso 453 Flugzeuge aller Typen. Seitdem wurde an der Ostfront der Name „Rshewkämpfer“ zum Begriff. Der äußerst unnatürliche Verlauf der Front der IX. „Balkon“-Armee blieb bestehen. Er lud zwangsläufig zu neuen sowjetischen Großoffensiven ein, zumal sich die Kraft des Gegners nicht verminderte, sondern erhöhte…“

Ludwig von Arnim

Ein Hort der Dichter und Denker war unser altes Preußen fürwahr und so verwundert es nicht, daß 1781 in Berlin unser großer deutscher Dichter Achim von Arnim geboren wurde. Wir verdanken ihm viele Gedichte und zahlreiche Erzählungen sowie einige Bühnenstücke, welche unsere deutsche Dichtkunst beträchtlich vermehrt haben. Daneben rief unser Arnim 1811 zu Berlin die deutsche Tischgesellschaft ins Leben. Viele vaterländisch-völkische gesinnte Männer tafelten bei dieser – darunter unser Kriegsdenker Carl von Clausewitz, unser Baumeister Karl Friedrich Schinkel oder unsere Denker Friedrich Schleiermacher und Gottlieb Fichte. Beim Ausbruch unserer deutschen Befreiungskriege im Jahre 1813 übernahm unser Arnim ein Landsturmbataillon, mit dem er bei der Befreiung Danzigs mitwirkte. Seine Herzensdame Bettina Brentano führte er 1811 zum Traualtar. Die Nornen beschieden dem Paar sieben Kinder. Viele seiner Geschichten hat unser Arnim im Band „Der Wintergarten“ zusammengefaßt und darin beginne ich mit der Zuneigung unseres Dichters: http://www.zeno.org/Literatur/M/Arnim,+Ludwig+Achim+von/Erz%C3%A4hlungen

„Es war an des Orangengartens Pforte,

Wo Dich der Wagen donnernd von mir riß; –

Ich sah ihm nach, – so blieb an diesem Orte

Noch etwas mir auf weiter Welt gewiß, –

Der Wagen schwand, der Schmerz kam nun zu Worte,

Es drückte mich der Tränen Finsternis:

All was mir lieb, es sind nun bloß Gedanken,

Und was mir nah, es sind der Aussicht Schranken.

Des Tages Auge sah auf mich hernieder,

Gleich wie ein Leu aus einer Wüstenei,

Zerrissen sind die fest verbundnen Glieder,

Als wir beisammen, waren eins wir zwei;

Blieb mir die Stimme nicht der Klagelieder,

Mir blieb ein Herz, zu fühlen, was vorbei;

Die Welt wird eng, das Herz um so viel bänger,

Die Tage kurz und alle Schatten länger.

Da stand am Weg ein Kreuz aus Stein gehauen,

Mitleidig sah vom Kreuz ein Gott herab,

Ich sehnte mich, ihn einzig anzuschauen,

Vor ihm zu knieen, wie der Bettlerknab,

Der mich verließ, dem Gotte zu vertrauen,

Denn Glockenklang versprach ihm höhre Gab;

Da hielt die Welt so zweifelnd mich gebunden,

Ich wär nicht gerne gleisnerisch befunden.

Da stürzt ich mich ins grüne Meer der Bäume,

Das neben mir im Morgenwind gerauscht,

Derselbe Geist erfüllte diese Räume,

Der dort am Kreuze meinen Schmerz belauscht,

Und daß ich nichts von seiner Gunst versäume,

Die Andacht hat die Bilder leicht vertauscht;

Ein reiner Dienst hält Kirche im Gemüte,

Der Geist sich offenbart in Frucht und Blüte.

So fand ich’s dort bei den Orangenreihen.

Der Gärtner pflückte schon die Blut und Frucht,

Den Vogel hört ich drüber ziehend schreien,

Der Deines Wagens Spuren sehnlich sucht,

Was uns gemeinsam freute unter Maien,

Es zieht Dir nach mit dieses Jahres Flucht,

Die Sehnsucht strahlt manch Bild in meine Seele;

Wem teil ich’s mit, was mich erfreu und quäle?

Es war ein Helm von altem, rost’gen Eisen,

Worin der Gärtner seine Frucht gepflückt,

Manch schwerer Hieb ließ sich darauf noch weisen,

Doch schwerer hat ihn schöne Frucht gedrückt;

So mußt der Helm vor meinen Augen reißen,

Der fest geschmiedet schien und reich beglückt:

Der alten Waffen schwer errungner Segen,

Und schöner Künste Frucht, läßt sich nicht hegen.

Gleichgültig ließ der Gärtner sie da fallen,

Die schöne Frucht, er hatte deren viel,

Da hört ich sie am Boden tönend schallen

Und Schellen schmetterten mit leichtem Spiel;

Ich fand das Tamburin mit Wohlgefallen,

Das unten lag, worauf sie tönend fiel,

Das Schöne ist auf Erden unverloren,

Es klingt zur rechten Zeit, den rechten Ohren.

Es ist so schön in andern sich verlieren,

Und alles klinget dann erhöht zurück,

So mag die Frucht das Tamburin gern zieren,

Das Tamburin bewahrt mit Klang dies Glück,

Ein Schrecken ist der Klang den wilden Tieren

Und ich bewahr die Frucht vor Wintertück;

Dir reich ich beide, die ich so gefunden.

O liebe beide, die mein Glück verbunden.

Wenn wir vereint zum Tempel wieder steigen,

Wer scheidet dann, was jedem lieb am Rhein,

All was uns lieb, das wird sich unser zeigen!

Wird Dir die Frucht des Gartens lieblich sein,

So ist sie ohne Zueignung Dir eigen

Und wird in Deiner Lust dann doppelt mein;

Des Fernen Trost mußt Du mit Lust nun lesen,

Denn mir gilt nichts, was mir allein gewesen…“

Ulrich von Lichtenstein

Ein Volk der Dichter und Denker sind wir Deutschen fürwahr. Zu den Ersteren gehören natürlich auch unsere alten Minnesänger, jene fahrenden Gesellen, die im hohen und späten Mittelalter von Hof zu Hof zogen und ihre Kunst zum Besten gaben. Die Lieder der größten Meister wurden von emsigen Schreibern in prunkvollen Handschriften wie der Manesser Liederhandschrift festgehalten. Darunter auch die Werke von unserem Ulrich von Lichtenstein, dem wir Panzertiere heute gedenken wollen. Der Grund dafür ist dessen heutiger Heimgang im Jahre 1276. Als Sproß eines steierischen Adelsgeschlechtes wurde er wohl um 1200 geboren. Seine Jugend verbrachte er als fahrender Ritter und Sänger, um dann im Alter als Amtsträger in der Steiermark in Erscheinung zu treten. Wir finden ihn dort als Truchsess, Marschall und Landrichter beurkundet und am Werke. Die Frauenburg war sein Sitz und auf dieser fand er sein häusliches Glück mit Perchta von Weißenstein. Vier Kinder entstammen dieser Ehe. Überliefert sind uns die Werke unseres Liechtensteins im Frauendienst. Darin finden wir 58 Lieder und die dichterische Erzählung seines Lebens. Vom Leben als fahrender Ritter lesen wir nun im Frauendienst unseres Lichtensteins, in der neudeutschen Übertragung von Ludwig Tieck: https://archive.org/details/frauendienstode00tiecgoog

„Den Winter ritt ich nun in die Land, um Frauen zu sehen, treu war zu der Holden mein Herz, und ich sann nur immer, woher ich einen Boten zu ihr nähme. Ich konnte mir aber keinen Boten überall das Land erspähen und erfinden, darum mußte mein sehnendes Herze trauern. Nun kam auch der Sommer mit seiner Schöne wieder und brachte manchen heitern Tag, ich dachte: ich will meiner Frauen heuer wieder dienen, ob ich ihr vielleicht bas gefalle. Ich war bald bereit mit Wappenkleid und Rossen und fuhr nach Kärnten und Krain, und dann gen Österreich, denn in Triest hatte der ehrenreiche von Görz eine Ritterschaft gelegt. Da tat der Grafe Meinhard sehr wohl, wie er schon sonst und auch seitdem getan hat, es wurden wohl fünfhundert Speer da verstochen. Ich verstach da fünfzehn Speer viel ritterlich. Indem tat man mir einen andern Turney zu Brixen kund, da fuhr ich gleich ritterlich hin, um meiner lieben Frauen zu dienen. Da ich zu Brixen kam, empfingen mich die Ritter nach Ritters Sitten, ich war ihnen ein lieber Gast, ich dankte ihren Grüßen mit frohem Gemüt. Der Turney war geteilet, und wir zogen des Morgens früh auf ein Feld, die Murre genannt. Wohl hundert Ritter übten sich an dem Tage in ritterlicher Arbeit. Als sich der Turney zerließ, bat mich der Herr Ulschalch von Botzen, um meine Frau ein Speer mit ihm zu verstechen, ich band meinen Helm alsbald auf, und so auch er, und mit zween starken Speeren rannten wir auf einander, es geschah ein schöner Tyost, aber der hochgelobte Ulschalch stach mir einen Finger aus der Hand. Als ich die Wunde fühlte, band ich den Helm ab und mußte das Stechen lassen. Alle Ritter beklagten gar sehr meinen Schaden, ich sprach: Ihr sollt das lassen, denn ich bin dessen froh, weil es mir ist um ein Weib geschehen, die meinen Dienst daran erkennen muß. Wir zogen wieder in die Stadt, und ich ließ mir einen Meister kommen; da er die Wunde besah, und wie der Finger nur noch an der Hand hing, sprach er: er wird wieder heil, wenn man Euch so tut, wie man soll. Des Trostes war ich von Herzen froh und sprach: betrügt mich nicht und seid mir getreu, so geb‘ ich Euch mit gutem Willen so kräftiges Gut, daß Ihr dessen immer Freude habt. Er unterwand sich mein und verband mir den Finger. Bis an den sechsten Tag lag ich in Banden, und als er nun die Wunde besehen wollte, war sie ganz schwarz, dessen ich und der Meister erschrak. Da sprach ich: wie, Meister, ich mag wohl versäumt sein mit Eurer Meisterschaft, die Wunde ist so häßlich. Er schwieg und sprach kein Wort, nur daß er jämmerlich sah, in großen Sorgen saß er bei mir, ich sprach: nun fahrt durch Gottes Haß als ein Bösewicht von mir, Ihr seid ein Mann gar ohne Sinn, daß Ihr Euch keines biedern Mannes annehmen dürft mit Arznei, denn Ihr könnt es nicht. Mein Herz war ungemut, da hört‘ ich, daß ein guter Meister zu Botzen wäre, dahin ritt ich, man tröstete mich, daß, wenn ich bald hin käme, er mir den Finger mit seiner Meisterschaft gesund machte. Ich ritt alsbald hin, und auf dem Wege verschwand mir zum Teil mein Leid, ich dachte: ich mag wohl froh sein, daß ich der Werten dienen soll. Da riet mir mein Herz von meiner Frauen diese Lied zu singen…“

Wilhelm Furtwängler

Der Philosoph Friedrich Nietzsche hat einmal gesagt, daß ohne Musik das Leben ein Irrtum wäre. Den Beweis dafür lasse ich unser heutiges Geburtstagskind, Wilhelm Furtwängler, mit seinem „Sinfonisches Konzert für Klavier und Orchester“ antreten: https://www.youtube.com/watch?v=WhwrwQLY6NU Geboren wurde unser Furtwängler 1886 in Schöneberg als Sohn des Archäologen Adolf Furtwängler. Seine künstlerische Laufbahn begann er 1906 und führte anfangs das Dasein eines wandernden Kapellmeisters. Seit 1922 war er Leiter der Berliner Philharmoniker und später auch der Wiener Philharmoniker. Zum Direktor der Berliner Staatsoper wurde er 1934 berufen und obendrein noch zum preußischen Staatsrat ernannt. Auch bei den Wagner Festspielen in Bayreuth war er ein häufiger Gast. Unterbrochen wurde sein Kunstschaffen nach dem Sechsjährigen Krieg, da ihm die Landfeinde Auftrittsverbot erteilten. Sein häusliches Glück fand unser Furtwängler 1923 mit Zitla Lund und ein zweites Mal mit Elisabeth Ackermann 1943. Der Sohn Andreas entstammt dieser Ehe. Mit Kebsweibern hatte unser Furtwängler vier weitere Kinder. Bisweilen griff unser Furtwängler auch zur Feder und viele seiner Aufsätze und Betrachtungen wurden in dem Band „Ton und Wort“ gesammelt. So auch seine Betrachtungen zu Richard Wagners Gesamtkunstwerk:

„Damit wird die Haltung der Musik nun überhaupt völlig verändert, sie hat gleichsam eine andere Funktion zu erfüllen. Ihr Zusammenwirken mit der Szene wird noch weit enger als bei den übrigen Werken Wagners. Was hier musiziert wird, ist nichts über oder hinter dem, was au£ der Bühne vorgeht – es sind vielmehr die Erscheinungen selber, alle jene Götter, Helden, Riesen, Zwerge, das Feuer, das Wasser. Die Musik ist gänzlich an den einzelnen Moment gebunden, alles wird der Deutlichkeit untergeordnet. Es gibt keine echtere „Theatermusik“. So entsteht jene Reihe bis zur Abstraktion vereinfachter Motive, die infolge ihrer ungeheuren Plastik und Prägnanz populärer geworden sind als jede andere Musik Wagners. Ihre eigentliche Bedeutung im Ganzen des Dramas haben sie aber im Grunde nur bei ihrem ersten Au£treten, eben im Zusammenwirken mit der Bühne. Sie sind isoliert, ohne Folge, darum nicht an sich Stimmung schaffend schöpferisch, wie so manche Hauptthemen anderer Werke. So werden sie auch weiterhin mehr als Erinnerungszeichen, als Bausteine verwendet. Mit ihnen aber entwickelt sich jene eigentümliche Technik der „Leitmotive“, die nirgends auch nur annähernd so konsequent durchgeführt ist wie in den späteren Partien des Nibelungen-Rings. Die Musik erhält überhaupt einen ausgesprochen dekorativen Charakter; das zeigt sich bis in die Behandlung des Orchesters hinein – daher das ganze Riesenaufgebot orchestraler Mittel. Es kommt hier Wagner nicht wie in anderen Werken auf den (charakteristisch) einheitlichen Gesamtcharakter des Klanges an, sondern auf größtmöglichen Reichtum an Einzelwirkungen, Ausnützung der Einzelfarben in ihrer ganzen Leuchtkraft. Die ganze Musik hat jeden Rest von geschlossenem absolutem Charakter verloren, rein musikalischen Formen ist möglichst aus dem Wege gegangen. Die Struktur ist locker, mäßig, oft gleichgültig, zuweilen nur Fetzen, notdürftig verbunden. Statt großer sinfonischer Zusammenhänge grandios-dekorative Potpourris, wie etwa Rheinfahrt, Trauermarsch in der Götterdämmerung. Es gibt heute in weiten Kreisen eine starke Opposition gegen Wagner, die viel mehr ist als nur eine Reaktion gegen übertriebenen Wagner-Kultus früherer Zeiten. Nicht nur, daß sich der wirkliche Musiker, der wirkliche Dichter auflehnt gegen die Entwertung seiner Kunst, wie sie das Wagnersche „Gesamtkunstwerk“ mit sich bringt. Nein, man spricht Wagner überhaupt die letzte künstlerische Berechtigung ab, da er nicht einheitlich-organisch, nicht rein und einfach, wie alle große Kunst, sondern zusammengesetzt aus heterogenen Teilen, kokettierend mit verschiedensten – künstlerischen wie unkünstlerischen – Wirkungen, mit den unterschiedlichen Instinkten des Hörers rechnet. Und unter allen Werken ist es speziell der „Ring“, gegen den sich diese Vorwürfe richten. Dies hängt mit der veränderten Funktion der Musik, ihrem engeren Zusammenwirken mit Geste und Szenen, ihrer geringeren Eigenbedeutung zusammen. Man übersieht dabei nur, daß es sich hier um ein anderes Ziel handelt als bei den übrigen Werken Wagners. Gewiß, das Ganze ist mehr eine Oberfläche als ein Mittelpunkt. Aber diese Oberfläche, wie sinnlich ist sie erfaßt! Wem unerhörte Bildkraft besitzen diese Visionen, wie die Götterburg, der Ritt der Walküren, das Feuer! Was der Musik, und damit der dichterischen Intuition, an Folge und Einheitlichkeit abgeht, ersetzt sie durch die gesteigerte Wirkung des Augenblicks. Und wären die monumentale Größe, das ungeheure Tempo der „Walküre“, die Freiheit des „Siegfried“, die kolossalen Dimensionen der „Götterdämmerung“ möglich ohne jenen dekorativ-musikalischen Unterbau einer Fabelwelt, die all diese übermenschlichen Gestalten hebt und trägt? Freilich, und jetzt kommen wir zum Wichtigsten: Müssen alle diese Werke auch so gesehen werden, wie sie gegeben sind! Wir wollen auf das komplizierte, bisher noch nie ganz klar dargestellte Wesen des sogenannten „Gesamtkunstwerkes“ hier nicht näher eingehen (niemand hat mehr getan als Wagner selbst, hierüber die Begriffe zu verwirren). Das aber muß festgehalten werden: Ein Geist ist es, der alle diese vielgestaltigen Mittel durchdringt, von einem Willen werden sie gelenkt. Dieser Wille ist einheitlich und einfach, wie nur je der Wille großer Kunst. Alle einzelnen Mittel, die Musik, das Wort, der Schauspieler, der Regisseur, haben ihre Rechtfertigung nur in ihrer Beziehung auf die gemeinsame Endwirkung, und diese ist dichterischer Art (dichterisch im weitesten Sinne des Wortes). Der Dichter ist der Schöpfer dieses Werkes, des Dichters Stimme muß klar und vernehmlich aus ihm sprechen. Das geschieht aber nicht, sobald daraus eine Symphonie, oder ein psychologisches Drama, oder gar ein Ausstattungsstück gemacht wird. Hier liegt die ungeheure Bedeutung der richtigen Aufführung für den „Ring“. Denn in dem Moment, wo sich einzelne Faktoren vordrängen, der Regisseur auf Kosten des Musikers, der Musiker auf Kosten des Darstellers, da entsteht eben jene Wirkung des Zusammengesetzten, der Häufung, des im tiefsten Sinne unkünstlerischen Nebeneinanders, die der Opposition immer wieder neue Berechtigung zu geben scheint. Mehr noch als ein anderes Werk Wagners kann der „Nibelungen-Ring“ durch eine unzutreffende Aufführung in seiner Wirkung gefälscht werden…“

Generalmajor Max Hoffmann

„Ein vollkommener Feldherr besteht nur in der Idee, wie die Republik Platos, das Gravitationszentrum der Philosophen und der Stein der Weisen. Vollkommenheit ist den Menschen in nichts beschieden. Allein das Bewußtsein unsrer Unvollkommenheit darf uns nicht abhalten, Ideale aufzustellen, damit edle, von Ehrgefühl und Wetteifer beseelte Geister ihnen nahe kommen, wenn sie sie auch nicht ganz erreichen können. Überhaupt sind es die großen Beispiele und Muster, die die Menschen bilden. Wenn schon Helden wie Eugen, Conde, Turenne oder Cäsar unsre Bewunderung erregen, wieviel mehr muß uns dann erst ein Bild ergreifen, das ihre verschiedenen Vollkommenheiten vereinigt darstellt!“ (Friedrich der Große)

Diese Worte Friedrichs des Großen gelten auch für unseren Generalmajor Max Hoffmann, dessen Geburtstag wir Panzertiere heute ein wenig feiern wollen. Im Jahre 1869 kam er im hessischen Homburg zur Welt. In unser deutsches Heer trat er 1887 ein und stieg im Generalstabsdienst schnell auf. Im Jahre 1914 finden wir ihn als Oberstleutnant und Ersten Generalstabsoffizier bei unserer VIII. Armee in Ostpreußen. Nach deren unglücklicher Schlacht bei Gumbinnen wurden unser Feldmarschall Paul von Hindenburg und unser General Erich Ludendorff mit deren Führung beauftragt. In unserem Generalmajor Hoffmann fanden sie einen getreuen Schlachtenhelfer. Tannenberg, Masurische Seen und die Masurische Winterschlacht waren die Früchte ihrer Zusammenarbeit. Der Herbstfeldzug in Polen brachte 1914 nicht die volle Entscheidung und die Schlacht von Gorlice-Tarnow wurde gegen den Rat Hindenburgs und Ludendorffs frontal geschlagen. Die Folge war der Fortgang des Krieges im Osten. Im Frühjahr 1916 kam es am Naratschsee zu einer weiteren großen Abwehrschlacht gegen die Russen. Als unser Feldherrenzweigespann Hindenburg und Ludendorff im August 1916 mit der Obersten Heeresleitung beauftragt wurden, wurde unser Generalmajor Hoffmann zum Generalstabschef des Ostens. Die schweren Kämpfe im Westen und im Süden ließen ihm nur wenig Kräfte, dennoch brach die russische Front 1917 weitgehend zusammen. In Brest wurden Friedensverhandlungen mit der neuen „russischen“ Regierung aufgenommen. Die Bolschewisten wollten jedoch die Suppe des Zarentums nicht auslöffeln und so schritt unser Generalmajor Hoffmann im Februar 1918 zum Unternehmen Faustschlag. Die bolschewistischen Truppen wurden auf ganzer Linie zurückgeworfen und die Ukraine befreit. Und so mußten die Bolschewisten doch noch den Frieden von Brest unterschreiben. An Auszeichnungen verlieh unser alter deutscher Kaiser Wilhelm II. unserem Generalmajor Hoffmann den Blauen Verdienstorden Friedrichs des Großen mit Eichenlaub sowie das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse. Nach dem Vierjährigen Krieg vertauschte er das Schwert mit der Feder. „Der Krieg der versäumten Gelegenheiten“, „An allen Enden Moskau“ und „Tannenberg wie es wirklich war“ lauten die Namen seiner Bücher und dazu gibt es noch die „Die Aufzeichnungen des Generalmajors Max Hoffmann“ zu lesen. Ein Muß für die heimische Panzerbüchersammlung. In seinem Buch „Der Krieg der versäumten Gelegenheiten“ hat uns unser Generalmajor Hoffmann eine strategisch-operative Nachlese des Vierjährigen Krieges gegeben. Von der Schlacht bei Tannenberg hören wir daraus nun ein weiteres Stück: https://digi.landesbibliothek.at/viewer/toc/AC05602296/1

„Inzwischen war die Armee des Generals Rennenkampf weiterhin in ihrem unbegreiflichen Stillstand geblieben. Ihre Kavallerie ging nur langsam vor, ihre Infanterie bewegte sich kaum. Das Armeeoberkommando bog daher das I. Reservekorps und das XVII. Armeekorps nach Süden ab, um sie zu der Entscheidung gegen Samsonow einzusetzen. Für den 26. befahl das Armeeoberkommando den entscheidenden Angriff. Es kam hierbei wieder zu einigen Differenzen mit General von Francois. General von Francois wollte mit dem Angriff noch einen Tag zögern, weil ein Teil seiner Kolonnen noch nicht eingetroffen war und wollte den Angriff umfassend, das heißt in Richtung Mlawa führen. Nach Auffassung des Armeeoberkommandos drängte die Zeit. Jeden Tag, den wir verloren, konnte sich Rennenkampf in Bewegung setzen, und ein Umfassen des linken Flügels der Armee Samsonow bei Mlawa hätte zu einem Auseinanderreißen der an sich schon so schwachen VIII. Armee geführt. Es wurde deshalb der Durchbruch bei Usdau befohlen – meines Erachtens der entscheidende Punkt der ganzen Tannenberg-Schlacht. Am 26. gelang es dem I. Armeekorps mit dem ihm unterstellten Detaschement Mühlmann (Truppen aus den Weichselfestungen in Stärke einer gemischten Brigade) nur die Höhen von Serben zu nehmen. Der rechte Flügel des XX. Armeekorps, die XLI. Infanteriedivision, warf an diesem Tage den Gegner südlich Mühlen zurück. Auf unserem linken Flügel stieß das I. Reservekorps mit der VI. Landwehrbrigade südlich Lautern auf das über Ortelsburg nach Norden vorrückende russische VI. Armeekorps und warf es. Am 27. August stürmte das I. Armeekorps zusammen mit dem Detaschement Schmettau des XX. Armeekorps Usdau und warf das russische I. Armeekorps nach Süden über Soldau. Das XX. Armeekorps hatte sich sehr starker russischer Angriffe zu erwehren. Das I. Reservekorps und das XVII. Armeekorps verfolgten den über Ortelsburg nach Süden zurückgehenden Gegner. Das russische XIII. Armeekorps erreichte an diesem Tage ungehindert Allenstein. Ich möchte hierbei eine kleine Episode einschalten, die zeigt, welche Anforderungen auch im Verlauf glücklicher Kampfhandlungen an die Nerven der Leitung gestellt werden. Das Oberkommando hatte bis zum Nachmittag auf einer kleinen Höhe südlich Gilgenburg gestanden, von dort den gegen elf Uhr vormittags erfolgenden Sturm auf Usdau angesehen und war nachmittags nach dem Hauptquartier Löbau zurückgefahren. Die von allen Seiten eingehenden Nachrichten waren günstig, das I. Armeekorps war im siegreichen Vorgehen. In Löbau stießen wir auf Kolonnen und Trains des I. Armeekorps, die zu unserer Überraschung gerade kehrtmachten und die Deichsel nach Norden nahmen. Auf meine erstaunte Frage an den Führer, einen Rittmeister von Schneider, erklärte mir der Offizier, es sei Befehl gekommen, sich zum Abmarsch nach Norden bereitzumachen. In meinem Geschäftszimmer angekommen, wurde ich ans Telephon gerufen. Es meldete sich die Station Montowo, Kommandeur der Munitionskolonne und Trains des I. Armeekorps mit folgender Nachricht: „Hier in Montowo ist soeben das II. Bataillon Grenadierregiment IV gänzlich aufgelöst eingetroffen. Der Bataillonskommandeur gibt an, das I. Armeekorps sei vollständig geschlagen, ebenso sei das XX. Armeekorps im Rückzug. Er habe sich mit seinem Bataillon nur durch schleunigen Abmarsch dem allgemeinen Desastre entziehen können. Für alle Fälle habe er den Kolonnen Befehl gegeben, kehrtzumachen und die Deichsel nach Norden zu nehmen.“ Ich zweifelte nicht, daß dies eine der so vielfach vorkommenden Paniken sei, aber immerhin – es konnte nach unserer Abfahrt vom Gefechtsfeld des I. Armeekorps ein Rückschlag eingetreten sein. Zunächst ließ ich mir den Bataillonskommandeur selbst an den Apparat kommen und wurde sehr deutlich. Ich befahl ihm, mit seinem Bataillon kehrtzumachen und solange vorzumarschieren, bis er auf den Feind stieße. Dann wurde der II. Adjutant des Armeeoberkommandos, der später als persönlicher Adjutant des Feldmarschalls Hindenburg bekanntgewordene Hauptmann Caemmerer, im Auto vorgeschickt, mit Auftrag vorzufahren, bis er auf deutsche oder russische Truppen stieße. Trotzdem war die nächste Stunde, bis Caemmerer mit seiner Meldung zurückkam, recht unsympathisch. Die Episode klärte sich dann auf: Der Bataillonskommandeur, zur Verbindung des I. Armeekorps mit dem rechts davon vorgehenden Detaschement Mühlmann herausgeschoben, hatte einige teils falsche teils übertriebene Meldungen bekommen, er hatte Bewegungen starker russischer Kräfte gegen seine Flanke wahrzunehmen geglaubt und die Nerven verloren. Am 28. August warf das I. Armeekorps mit der I. Division und dem Detaschement Mühlmann den Gegner vollends über Soldau zurück, während die II. Division und das Detaschement Schmettau bereits zur Einkreisung der Russen auf Neidenburg vorgingen. In der Mitte der Schlacht hatte das Armeeoberkommando den umfassenden Angriff auf Hohenstein befohlen. (XX. Armeekorps und I. Reservedivision von Westen, die in der Bahn aus Schleswig antransportierte und in Biessellen ausgeschiffte Landwehrdivision von der Goltz von Norden, I. Reservekorps von Osten.) Eine gewisse Schwierigkeit trat dadurch ein, daß der Angriff der XLI. Infanteriedivision bei Waplitz vom russischen XXIII. Korps zurückgeschlagen wurde. Das Vorgehen der II. Infanteriedivision auf Neidenburg brachte jedoch schnelle Erleichterung. Die III. Reservedivision (General von Morgen), unterstützt von der Division von der Goltz, stürmte Hohenstein. Das russische XV. Armeekorps rief funkentelegraphisch die Unterstützung des XIII. Armeekorps herbei, das bereitwillig auf der Chaussee Allenstein – Grieslinen heranmarschierte. Wenngleich durch sein Eingreifen auch die Landwehrdivision von der Goltz vorübergehend etwas in Bedrängnis geriet, so stieß jetzt das I. Reservekorps dem XIII. Armeekorps in den Rücken. Das XVII. Armeekorps sperrte das Wald- und Seengelände im Osten; General von Francois, der in richtiger Erkenntnis der Lage auch seine I. Division auf Neidenburg vorgeführt und das Detaschement Schmettau bis Willenberg vorgetrieben hatte, vollendete die Einkreisung im Süden. Das Schicksal der Armee Samsonow war besiegelt. Das Armeeoberkommando war wenigstens am 29. nachmittags dieser Ansicht und ordnete für den 30. August bereits die Bereitstellung einiger für die letzten Kämpfe nicht mehr notwendig erscheinender Truppen zum Abmarsch für die bevorstehende neue Schlacht gegen Rennenkampf an, als noch ein Zwischenfall eintrat, der leicht unangenehme Folgen hätte haben können. Am 30. morgens ging eine Fliegermeldung beim Armeeoberkommando sowohl wie beim General von Francois ein, daß das verstärkte russische I. Armeekorps von Mlawa auf Neidenburg vormarschiere, und daß sein Anfang bei Abgang der Meldung nur noch etwa sechs Kilometer von den bei Neidenburg stehenden Truppen des Generals von Francois entfernt sei. Der russische kommandierende General des I. Armeekorps, General Artamonow, hatte den richtigen Entschluß gefaßt, durch einen Eingriff auf Neidenburg seiner eingekesselten Armee Luft zu machen…“