Feldmarschall Alfred von Schlieffen

Die Nornen sind manchmal wahrhaft garstig zu den Sterblichen und nahmen unserem Feldmarschall Alfred von Schlieffen seinen Feldherrenruhm oder vielmehr die Gelegenheit sich solchen zu erwerben. In Berlin 1833 geboren machte er wohl als Stabsoffizier unsere deutschen Einigungskriege mit, doch nach herrschte fast ein halbes Jahrhundert Frieden. In diesem stieg unser Schlieffen zwar 1891 zum Generalstabschef auf, aber als er 1906 abtrat, mußte er seinen Feldzugsplan in die Hände seiner Nachfolger legen. Wäre er nicht 1913 heimgegangen, so wäre er vielleicht zurückberufen worden, aber so werden wir niemals wissen, ob unser Schlieffen seinen Feldzugsplan auch hätte ausführen können. Allerdings war sein Gedanke eines Angriffsschwerpunkts auf der Flanke der Nachwelt ein Leitstern und trug nicht wenig zu unseren Siegen über Polen und Gallien im Sechsjährigen Krieg bei. Die Hohenzoller ehrten unseren Schlieffen mit dem Roten und Schwarzen Adlerorden, dem Eisernen Kreuz, ihrem Hausorden und mit dem Blauen Verdienstorden Friedrichs des Großen. Zur Frau nahm unser Feldmarschall 1868 die Gräfin Anna von Schlieffen. Zwei Töchter vergönnten die Nornen dem Paar. Seine Schriften wurden unter dem Namen „Cannä“ herausgegeben – und das nicht grundlos. Denn unser Schlieffen nahm sich die legendäre Schlacht Hannibals gegen die Römer zum Muster für die Vernichtung einer Übermacht mittels Umzingelung. Sozusagen der Heilige Gral der Kriegskunst… Wir Panzertiere lesen zu Ehren unseres Schlieffens aus dessen Schriften vor und genehmigen uns dazu den ein oder anderen Schädel Met. In seiner Abhandlung „Der Feldherr“ endet unser Schliffen nun mit der Nachbetrachtung unserer deutschen Einigungskriege:

„Um den aufgefundenen Feind zu vernichten, ist es im allgemeinen Napoleons Bestreben gewesen, ihm die eine Flanke abzugewinnen, ihn zur Schlacht mit verwandter Front zu zwingen. Er erreichte damit 1806, daß die preußische Armee zum Rückzug in der ungünstigsten Richtung nach Westen gezwungen wurde, aus der sie nur im weiten Bogen den Weg hinter die Oder finden konnte. Moltkes Plan war 1866 nicht auf Rückzug des Feindes in ungünstiger Richtung, sondern auf dessen Einschließung und völlige Vernichtung abgesehen. Er mißlang, nicht weil Moltke falsch gerechnet hatte, auch nicht, weil es ihm an Beharrlichkeit und Tatkraft, aber wohl, weil es den Armee- und Korpsführern an Schulung und Disziplin fehlte und weil die eine Armee zu langsam und nur mit einem Teil ihrer Kräfte zum entscheidenden Angriff vorrückte. Der Feind fand die Zeit, sich der Einschließung zu entziehen. Es wurde keine Vernichtung erreicht, sondern nur, wie 1806, ein Rückzug in ungünstiger Richtung. Zur Durchführung der Verfolgung fehlte aber den preußischen Oberkommandos die Napoleonische Tatkraft. Der Feind wurde allerdings gezwungen, auf großem Umweg den Schutz der Donau aufzusuchen. Während aber 1806 die preußische Armee noch diesseits der Oder zertrümmert wurde, entzog sich die österreichische 1866 unter Zuhilfenahme der Eisenbahn dem Verfolger und gelangte, wenn auch in sehr üblem Zustand, hinter die Donau. Dort wurde ein Heer versammelt, das dem am anderen Ufer gegenüberstehenden preußischen an Zahl überlegen war. Die Lage erschien für Preußen um so mißlicher, als Frankreich, ähnlich wie Rußland 1806, bereits eingegriffen hatte. Damals hatte Preußen noch ein Korps rechts der Weichsel in Reserve. Mit ihm vereinigte sich eine russische Armee, um dem weiteren Vordringen Napoleons Einhalt zu gebieten. Das mißlang freilich, aber nur nach einem langwierigen, blutigen, mühevollen Feldzug, der das stolze Napoleonische Gebäude zum ersten Male ins Wanken brachte. Preußen hatte jedoch allein den Schaden zu tragen; Rußland brachte noch einen Gewinn heim. Ebenso gedachte Frankreich 1866 zu verfahren und sah sich schon im Besitze des linken Rhein-Ufers und an der Spitze eines neuen Rhein-Bundes. Aber nicht durch Schlachten wie Preußisch-Eylau und Friedland wollte es zu seinem Ziele kommen, sondern durch einen diplomatischen Feldzug. Auf diesem Gebiete war aber Napoleon III. Bismarck nicht gewachsen. Nach einigen vergeblichen Anstrengungen mußte er den Rückzug antreten. Österreich, auf sich angewiesen, durch Ungarn bedroht, mußte sich zum Frieden bequemen, nachdem seine Generale erklärt hatten, die Armee vermöge nicht mehr anzugreifen. Eine gewisse Gesetzmäßigkeit in den modernen Kriegen, eine gewisse Übereinstimmung in den Aufgaben des Feldherrn läßt sich schwerlich verkennen. Auch 1870 war eine Koalition gegen Deutschland geplant. Sie wäre zustande gekommen, wenn wie 1866 lange Verhandlungen geführt worden wären. Der Krieg brach aus, bevor die Traktate abgeschlossen werden konnten. Der Kanonendonner von Wörth nahm jede Lust, das Versäumte nachzuholen. Diesmal gelangen die Vernichtungsschlachten, weil die Unterführer, wenigstens zum Teil, ein gewisses Verständnis für die Moltkeschen Absichten gewonnen hatten. Metz und Sedan waren so glänzende Waffentaten, daß die außenstehenden Mächte jeder Versuchung widerstanden, sich in den Streit der Nachbarn einzumischen. Die Scheu vor ähnlichen Katastrophen legte ihnen Zurückhaltung auf. Dafür trat ein anderes Moment in die Erscheinung: Die Reste der französischen Armee, und was an neuen Kräften aufgestellt werden konnte, flüchteten nach Paris. Der Kampf um Festungen, der in alten Zeiten das Wesentliche des Krieges gebildet, seit 100 Jahren aber auf den Scheiterhaufen geworfen zu sein schien, kam plötzlich zur Geltung. Auf die Belagerung einer solchen Riesenfestung war man so gut wie gar nicht vorbereitet. Mit wenigen Schlägen hatte der Krieg zu Ende gebracht werden sollen. Jetzt zog er sich in die Länge. Der Feind gewann Zeit, neue Armeen aufzustellen, und die scheel sehenden Mächte konnten zur Besinnung und Überlegung kommen, ob nicht doch noch die neu aufstrebende Macht unterdrückt werden könnte. Der normale zweite Teil jedes Krieges, den Napoleon 1805. durch die ertrotzten Friedensschlüsse von Schönbrunn und Preßburg vermied, den er 1807 auf sich nehmen mußte, in dem er 1813 erlag, den 1866 Bismarcks Entschlossenheit beseitigte, mußte hier als großartige Belagerung durchgeführt, alle Gefahren mußten überwunden werden, die bei einer solchen ungenügende Mittel einerseits, Ausfälle und Entsatzversuche von nah und fern anderseits bringen. Nur Moltkes ruhige Klarheit konnten diesen zweiten Teil des Feldzuges, allerdings in weit längerer Zeit, aber kaum weniger glänzend als den ersten, zu Ende bringen. Es hat nicht den Anschein, als ob der Kampf um Festungen von den künftigen Kriegsprogrammen wieder gestrichen werden würde. Der Feldherr wird mit ihm zu rechnen haben. In allen unseren großen Schlachten, Königgrätz, Gravelotte, Sedan, Paris, haben aber die feindlichen Festungen eine für Preußen und Deutschland äußerst hilfreiche Rolle gespielt. Sie ziehen den Gegner, der nicht zum Angriff entschlossen ist, unwillkürlich an, bringen ihn zum Stehen und ermöglichen oder erleichtern seine Einschließung. Es liegt daher schwerlich der Grund vor, die Einebnung von Wällen und Gräben, Panzertürmen und Betonblöcken zu wünschen. Der Angreifer wird sich durch sie nicht abschrecken lassen, sondern aus ihnen Gewinn ziehen. Allerdings können die Schwierigkeiten, die die Neuheit der Erscheinungen und die Menge der Festungen bringen, stutzig machen. Sie sind aber zu überwinden, wenn das Ziel, den Feind nicht zurückzudrängen, sondern zu vernichten, im Auge behalten wird. Zum Gelingen gehört aber freilich unter den gegenwärtigen Bedingungen wie unter den früheren ein wahrhafter Feldherr. Daß dieser durch ein Triumvirat dargestellt wird, ist 1866 und 1870 geglückt, braucht aber nicht immer zu glücken. Eins wenigstens der Mitglieder des Komitees, das gegenwärtig den Feldherrn zu ersetzen hat, muß etwas von dem Salböl Samuels abbekommen haben…“

Herzog Friedrich Franz der Zweite von Mecklenburg

Ein wenig zu Unrecht steht unser Herzog Friedrich Franz der Zweite von Mecklenburg im Schatten der anderen Feldherren unserer deutschen Einigungskriege. Dies liegt daran, daß ihm zu Beginn des Gallierkrieges 1870 die Aufgabe der Küstenverteidigung in Norddeutschland übertragen wurde. Man erkennt hieran den hohen Wert, den unser Kriegsmeister Moltke der Ältere unserem Herzog von Mecklenburg beigemessen hat. Mit einer gallischen Landung war mit Sicherheit zu rechnen und was diese an Schaden anrichten und Verwirrung stiften konnte, konnte man sich denken. Im September 1870 erhielt unser Herzog von Mecklenburg dann das Kommando über eine Armeeabteilung. Deren Aufgabe bestand darin die Gallier an der Loire aufzuhalten, um so die Belagerung von Paris zu decken. Bei Loigny und Poupry wehrte unser Herzog von Mecklenburg mit nur 30,000 Mann den Angriff von 90,000 gallischen Kriegsknechten ab und trug viel zu unseren Siegen bei Orleans und Le Mans bei, durch welche die Loirearmee der Gallier neutralisiert wurde… Im Städtchen Ludwigslust kam unser Herzog von Mecklenburg 1823 zur Welt. Im Deutschen Krieg von 1866 kämpfte er auf Seiten Wilhelms des Großen und gliederte 1868 seine Truppen in unser preußisches Heer ein. Neben seiner Tätigkeit als Feldherr widmete sich unser Herzog von Mecklenburg der Verwaltung seines Landes. Gleich drei Mal trat unser Herzog von Mecklenburg vor den Traualtar – 1849 mit Auguste von Reuß, 1864 mit Anna von Hessen und 1867 mit Marie von Schwarzburg. Elf Kinder vergönnten ihm die Nornen. Auf die Schlachten bei Orleans kommt unser Geschichtsschreiber Berthold Volz („Großherzog Friedrich Franz II von Mecklenburg-Schwerin: Ein deutsches Fürstenleben“) nun zu sprechen: https://archive.org/details/grossherzogfrie00volzgoog

„Der Großherzog ließ nunmehr in langen Kolonnen die 4. Kavallerie – Division sich entwickeln. Da ließen denn die Franzosen in Furcht, vor den deutschen Reitern umklammert zu werden, von Loigny ab und zogen sich in Unordnung auf Terminiers und Gommiers zurück. Unterdessen rückte ein großer Teil des 15. französischen Korps über Poupry gegen die XXII. Division, den linken Flügel des Großherzogs vor. Sofort wandte sich Wittich mit Linksschwenkung gegen den nahenden Feind. Ein sehr blutiges Gefecht entspann sich um Poupry und die nördlich gelegenen Büsche. Aber Wittich, unterstützt durch die Brigade Colomb von der II. Kavalleriedivision warf schließlich den Feind zurück, erstürmte Poupry und rückte in der Abenddämmerung bis dicht vor Artenay. Der Großherzog hatte am Morgen bei dem Dorfe Bazoches-les-Hautes, wo er den ersten Zusammenstoß mit dem Feinde erwartete, Stellung genommen; in seinem Gefolge befanden sich der Herzog Paul und sein Schwager, der junge Prinz Günther von Schwarzburg, der am 16. Oktober zum Offizier ernannt war. Als sich aber der Kampf mehr nach Loigny hinzog, ritt er auf eine Anhöhe zwischen Lumeau und Loigny. Sofort erkannten die Franzosen den Kommandierenden und richteten ihr Feuer nach dem Hügel. Dicht schlugen die Granaten immer näher in die Erde, sodaß der Chef des Stabes den Großherzog bitten mußte, sich nicht so unmittelbarer Gefahr auszusetzen. Langsam ritt der Fürst eine kurze Strecke weiter auf Loigny zu. Da schlug nicht fünf Schritt vor ihm eine Granate ein: erschreckt bäumte sich sein Pferd und machte blitzschnell kehrt. Die Sprengstücke flogen nach allen Richtungen, dicht über den Großherzog hinweg; die Wendung des Pferdes hatte ihn gerettet. Die hereinbrechende Nacht sah den Großherzog als Sieger. Er hatte drei französische Corps, eine ungeheure Übermacht, nicht aufgehalten, sondern mit großen Verlusten zurückgeworfen; der Weg nach Orleans war geöffnet. Ja, der Sieg von Bazoches nahm den Ausfällen der Pariser gegen Villiers und Champigny, die an demselben 2. Dezember unternommen waren, ihr moralisches Gewicht in Frankreich. Telegraphische Weisung ans dem Hauptquartier bestimmte für den Großherzog und den Prinzen Friedrich Karl den gemeinsamen Angriff auf Orleans, doch blieb es dem Großherzoge überlassen, westlich von der Straße Artenay – Orleans selbständig vorzugehen. Schon am Morgen des 3. Dezember setzte er sich in Marsch, um die Westseite von Orleans zu gewinnen. Er durchschnitt dabei die Rückzugslinie Chanzys und dessen Verbindungen mit Orleans, durch Artillerie und Kavallerie den Marsch der weichenden Franzosen beschleunigend. Am 4. stand er schon zwischen Chanzy und der Stadt. Doch war immerfort noch der Widerstand einzelner Abteilungen des Feindes fechtend zu überwinden. So war die Dunkelheit hereingebrochen, als die Spitzen der Armee-Abteilung von Norden und Westen her in die Vorstädte von Orleans eindrangen und kämpfend bis an die innere Enceinte der Stadt gelangten. Der Androhung von Sturm und Bombardement widerstand sie nicht: sie ergab sich, und kurz nach Mitternacht hielt der Großherzog mit klingendem Spiel an der Spitze eines Bataillons der XVII. Division seinen Einzug in die eroberte Stadt, die im fahlen Mondschein, totenstill, alle Häuser geschlossen, dalag. An der Reiterstatue der Jungfrau von Orleans auf dem Markte machte er mit seinem Stabe halt: mit Hurra-Rufen zogen die Soldaten an ihrem siegreichen Führer vorüber. Die französischen Soldaten flüchteten sich zum Teil im Schutze der Nacht aus der Stadt, die meisten aber ergaben sich in hellen Haufen dem Sieger, 10,000 Gefangene wurden gemacht, achtundzwanzig Geschütze und sogar vier Kanonenboote auf der Loire erbeutet. Der Eindruck der Eroberung von Orleans auf das französische Volk, soweit es auf Gambetta gehofft hatte, war niederschmetternd; zahllose Waffen und Ausrüstungsstücke, die man in den nächsten Tagen auf den Landstraßen fand, von den französischen Soldaten fortgeworfen, verkündeten laut die Entmutigung des Heeres. Den 5. und 6. Dezember gewährte der Großherzog seinen Truppen als Ruhetag. Denn nach den anstrengenden Märschen in Regen und Kälte, nach den endlosen Gefechten bedurften sie dringend der Ruhe; vielen war die Montur zerfetzt, die Stiefel zerrissen, manche gingen in Holzschuhen. Aber die große Stadt gewährte die Mittel, daß die Soldaten sich äußerlich schnell wiederherstellen konnten. Auf dem Markte hielt der Großherzog am 6. eine Parade über die XVII. Division ab; gern übersah er manches, aber freudig erkannte er ihre Tapferkeit an, ihre Ausdauer, ihre Manneszucht. Dann führte er sie zu einem Dankgottesdienst in die Kirche und am nächsten Morgen – ging es wieder gegen den Feind. Die Loire hinab stand die französische Armee, deren Oberbefehl jetzt an Stelle Aurelles‘ Chanzy führte. Dem Großherzoge wurde die Weisung, mit selbständigem Kommando ihr auf dem rechten Ufer des Stromes entgegen zu rücken. Auf dem linken seine Bewegungen zu unterstützen, wurde die XXV. (Hessen-Darmstädtische) Division und eine Brigade der II. Kavalleriedivision unter seinen Befehl gestellt…“

Die Schlacht bei Bar an der Aube

„In solchen Lagen pflegen Meldungen, die über diese entscheidende Frage Klarheit schaffen könnten, auszubleiben. Der Schleier der Ungewißheit, das einzige, was im Kriege Bestand hat, verhüllte Lage und Absichten des Gegners. Unvorsichtiges Vorpreschen kann zu schweren Rückschlägen führen. Anderseits kann das Verschenken nur weniger Stunden dem Feind die Möglichkeit bieten, eine neue Verteidigung aufzubauen, die dann wiederum unter schweren Verlusten überwältigt werden muß. Der höhere Truppenführer, der in solcher Lage abwarten will, bis er durch einwandfreie Meldungen Klarheit gewinnt, wird kaum einen Zipfel des Mantels der Bellona ergreifen. Er wird die Stunde des Glücks verpassen.“

Lesen wir in den verlorenen Siegen und Schwarzenberg war ein solcher Feldherr, der niemals eine solche Gelegenheit ergriffen hat. Mit seiner überlegenen Truppenmacht stieß er vorsichtig auf Paris vor und wich auch schon mal zurück, wenn es einen kleinen Rückschlag gab. Zu Zeiten Moltkes des Älteren oder Prinz Eugens wäre diese Art der Kriegführung sicherlich schlimm ausgegangen. Doch damals war Gallien derart erschöpft, daß selbst Napoleon wohl noch so manchen Erfolg erfechten, aber die verbündete Hauptmacht konnte er nicht mehr schlagen. Und so erntete auch ein Schwarzenberg so manchen Sieg. Die Schlacht von Bar an der Aube ist ein solcher Sieg, dessen Jahrestag wir heute feiern. Dort schlug Schwarzenberg 1814 mit 35,000 Mann 18,000 Gallier unter Oudinot. Nicht entscheiden, wohl aber mit einem Verlust von 3000 Mann, denen zwar auch 2000 eigene Verluste gegenüberstanden, aber die Übermacht erdrückte hier dann doch den Napoleon. Wenn es auch bis zur Einnahme von Paris noch ein weiter Weg war. Den Feldzug von 1814 in Gallien erläutert uns nun der alte Clausewitz ein wenig strategisch in einem weiteren Auszug: https://digi.landesbibliothek.at/viewer/image/AC05304281/1/LOG_0003

„VI. Festungen. Die Eroberung einer Anzahl feindlicher Festungen war nicht der Gegenstand des Angriffs, denn dieser Gegenstand war, wie wir gezeigt haben, ein ganz anderer. Die förmliche Belagerung einer Festung kostet ungleich mehr Kräfte, als ihre bloße Einschließung, und die Einschließung wieder mehr als die bloße Beobachtung. Da der Plan des Feldzugs darauf gerichtet war, mit einer so früh als möglich herbeizuführenden Hauptschlacht alles zu entscheiden, so war die Eroberung von einigen Festungen in jedem Falle für diesen Augenblick eine untergeordnete Sache, an die man erst denken konnte, nachdem der Schlag geschehen war, oder wenn man sah, daß sich der Krieg trotz unseres Plans in die Länge zog. Es kam also darauf an, den Einfluß der französischen Festungen mit so Wenigem als möglich zu beseitigen. Unter diesen Umständen war es hinreichend, besonders im ersten Augenblick und bis die nachrückenden Reserven ankamen, überhaupt nur auf diejenigen Rücksicht zu nehmen, die auf den Straßen selbst oder nahe daran gelegen waren, auf denen man vorgehen wollte; unter diesen aber diejenigen, welche an und für sich oder durch ihre Lage weniger wichtig waren, nur zu beobachten, die andern aber förmlich einzuschließen. Zur Zahl der ersteren gehörten Erfurt, Würzburg, die Forts im Elsaß und Straßburg; die anderen waren: Mainz, Landau, Saarlouis, Thionville, Metz, Luxemburg, Longwy und eventuell Verdun. Hierzu waren 65,000 Mann hinreichend. Von Paris selbst ließ sich zwar eine Befestigung und Verteidigung gerade nicht mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten, doch mußte man sich darauf gefaßt machen. Es konnte aber in jedem Falle nur eine verschanzte Stellung zwischen den Barrieren dieser Hauptstadt sein, verteidigt entweder durch die französische Hauptmacht selbst mit Hilfe einer beträchtlichen Nationalmiliz, oder hauptsächlich von dieser, verstärkt durch ein Armeekorps. Wenn der erstere Fall stattfand, so war die Schlacht unter den Mauern von Paris zu liefern; im letzteren Falle, wo die feindliche Hauptmacht sich also südlich von Paris befinden mußte, wäre eine beträchtliche Detachierung gegen Paris, um diesen Ort wegzunehmen, vor entschiedener Hauptschlacht zwar kein unnützes und deshalb fehlerhaftes Unternehmen gewesen, denn der Verlust der Hauptstadt würde vermutlich einen entscheidenden Einfluß auf die Kriegsbegebenheiten gehabt haben; allein eine solche Detachierung wäre sehr gewagt gewesen, denn ohne eine beträchtliche Überlegenheit der Hauptarmee konnte man auf keinen Sieg derselben mit Bestimmtheit rechnen, und es war also zu befürchten, daß man sich dadurch zu sehr schwächen werde. Paris mußte also vor der Entscheidung der Hauptschlacht nicht in Betracht kommen, den einzigen Fall ausgenommen, daß die Trümmer der französischen Armee sich dahin zurückgezogen, und sich von da weiter gegen die Loire gewendet hätten, so daß Paris in die natürliche Richtungslinie des Verfolgens gefallen wäre. In diesem Falle mußte es mit der Hauptmacht selbst angegriffen werden…“

Zum ersten Jahrestag des russisch-amerikanischen Stellvertreterkrieges um die Ukraine — Erwin Rommel

https://www.youtube.com/watch?v=EnVMJGrNqAY – Hatten vor einem Jahr noch die meisten Beobachter angenommen, daß es Rußland recht schnell gelingen würde die Ukraine niederzuwerfen, so haben die Fehler der Russen in Verbindung mit den amerikanischen Hilfslieferungen das Ganze zu einem zähen Abnutzungskampf gemacht. Die Russen sind zwar gegenwärtig im Angriff, rücken aber mit der Geschwindigkeit der Engländer im […]

Zum ersten Jahrestag des russisch-amerikanischen Stellvertreterkrieges um die Ukraine — Erwin Rommel

Oberleutnant Otto Kittel

Unseren Jägern sind wir im Sechsjährigen Krieg gar sehr zum Dank verpflichtet. Ohne sie wären wir nämlich regelrecht im feindlichen Bombenhagel erstickt, so aber haben sie lange Zeit den Himmel rein gehalten und im Osten bis zum Schluß dem Feind ordentlich zu Schaffen gemacht. Einer unserer größten Jagdflieger war unser Oberleutnant Otto Kittel, der 267 Abschüsse erzielt hat. Mit unserem Jagdgeschwader LIV, dem Grünherz, kämpfte er überwiegend im Osten, nahm aber auch an den Kämpfen in der Normandie teil. Er flog 583 Feindflüge und fand auf seinem letzten in Kurland den Heldentod. Das Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern sowie das Eiserne Kreuz beider Klassen brachten ihm seine Waffentaten ein. Seine Herzensdame Edith heiratete er 1942 und zeugte mit ihr zwei Kinder. Seinen 50sten Abschuss erzielt unser Oberleutnant Kittel nun bei unserem Panzergeschichtsschreiber Franz Kurowski („Oberleutnant Otto Kittel. Der erfolgreichste Jagdflieger des Jagdgeschwaders 54“):

„Kittel kannte dieses Rollfeld, aber er hätte in dieser Sekunde nicht daran gedacht. „Ich lande auf dem Feld der 122iger!“ rief er den Kameraden zu. „Schickt einen Wagen, der mich abholt!“ „Alles klar, Otto; gute Landung und Hals und Beinbruch!“ Kittel drehte in die Richtung ein, die er zu fliegen hatte. Es waren noch etwa vier Kilometer zurückzulegen. Das Triebwerk lag aber bereits in den letzten Zügen. Er rief das Flugfeld 122 und erhielt Landeerlaubnis. eine rote Leuchtkugel wies ihm den genauen Weg und verhinderte, dass etwa in der Luft befindliche Aufklärer gleichzeitig mit ihm zu landen wünschten. Er sah bereits das Flugfeld, und im Niedergehen sah er einen Sanka zum Ende der Rollbahn fahren. Der Motor blubberte, setzte aus und mit der Luftschraube in Segelstellung schaffte er es bis zum Landepunkt und setzte auf. Die Mühle rollte und schlingerte wie irrsinnig, als er sie über den Platz brachte und das Kabinendach abwarf, um möglichst rasch aussteigen zu können, falls die Mühle zu brennen beginnen würde. Er kam bis zum jenseitigen Platzrand, dann stand die Kiste. Er sah den Feuerwehrwagen, der heranrollte und seine beiden Rohre auf die Maschine richtete. Mit beiden Händen stützte er sich am Kabinenrand ab und schwang sich hinaus. Er rannte die wenigen Schritte bis zu dem Sanka und wurde hineingezogen. Der Sanka rollte vom Flugzeug weg und der Feuerwehrwagen löschte den Motorbrand, der nur noch schwelte. „Glückwunsch, Kittel“, empfing der Hauptmann der Aufklärungsflieger den Jäger. „Sie werden gleich abgeholt!“ Fünf Minuten später war der Gruppenwagen zur Stelle und Kittel sprang hinein. Sie rollten zum eigenen Gefechtsstand und Kittel meldete die drei Abschüsse, die bereits durch seinen Rottenflieger bekannt geworden waren. Dann musste er von der „Sonntagssalve“ des Russen erzählen und erfuhr anschließend, dass sich sein Rottenflieger dieses Bombers angenommen und ihn in die Tiefe geschickt hatte. Die nächsten Tage startete er mit einer „geliehenen“ Mühle, ehe seine eigene zurückgeführt wurde und er wieder einsteigen konnte. Er erzielte in den nächsten Tagen weitere Abschüsse und als er am Morgen des 11. Juni startete, meinte sein Wart erwartungsvoll: „Nun werden wir sicher die 50 aufmalen können, Herr Oberfeldwebel!“ „Keine Voraussagen, Wölm“, verwies Kittel dem Kameraden von der schwarzen Truppe die Prognosen. „Wir werden sehen!“ Es ging zu freier Jagd in Richtung des russischen Fliegerhorstes der Rata-Regimenter. Kittel und Tietze hatten zusammen mit den Piloten Beutin und Krutzke von der zweiten Rotte einen Plan ausgeheckt, wie sie die Ratas vom Boden weg lotsen und angreifen konnten. Es war 10.30 Uhr, als der Schwarm startete. Die Sicht war gut. Lediglich in etwa 3500 Meter Höhe zog sich ein Wolkenschleier hin. Aber sie konnten bis zu 25 Kilometer weit sehen. Als sie 2500 Meter Höhe erreicht hatten, gingen sie aus dem Steigflug in den Horizontalflug über und flogen dem feindlichen Flugplatz entgegen. Sie sahen wie die Russen starteten. Es waren nach Kittels Erkenntnissen etwa zehn Ratas, die über die Piste rasten und sich in die Luft schwangen. Sie versuchten, rechtzeitig heran zu sein und schafften es auch. Sie schossen im Niederstoßen auf die emporziehenden Russen. Es gab eine turbulente Kurbelei. Nun zog Kittels Rottenflieger seine Maschine hoch und versuchte, einen Gegner hinter sich zu ziehen. Das klappte sofort, denn Sekunden später hing ihm eine Rata im Nacken. Mit Vollgas gelang es Tietze, den Gegner auf Distanz zu halten. Er rief einmal „Otto“ und dieser gab nur ein „ja“ zurück. Nun wusste Tietze, dass Kittel dran war. Er flog geradeaus, passierte die Platzflak und drehte etwas nach links weg. Kittel hatte sich hinter den Verfolger Tietzes gehängt und brachte die Hand zum Druck auf den Waffenknopf nach vorn. Er wartete noch einige Sekunden, dann war er bis auf 80 Meter herangekommen. In dem Augenblick, als sein Gegner das Verhängnis hinter sich wahrnahm, feuerte Kittel. Die anvisierte I-16 erhielt die ganze Salve als Treffer und wurde herumgerissen, sie zog mit einem Feuerschweif erdenwärts und zerschellte am Boden. „Er ist weg, Tietze“, rief Kittel während die Wrackteile der Erde entgegen prasselten. Tietze schoss drei Minuten später ebenfalls eine I-16 ab und dann sahen die drei Kameraden, wie sich Kittel mit dem letzten noch in der Luft und in Sicht befindlichen Gegner abmühte. Es musste der Chef der gestarteten Staffel und zugleich ein sehr erfahrener Flieger sein. Sie kurvten umeinander herum, flogen Loopings und Kehrtkurve, schossen aus der Rückenlage und gingen in den Sturzflug. Es folgte Kurve auf Kurve in einem Karussell, das nur mit dem Tode eines der beiden enden würde. Später berichtete Kittel seinem Kameraden, Oberleutnant Götz, von diesem Zweikampf: „Er saß mir plötzlich auf 200 Meter Distanz im Nacken und eröffnete das Feuer. Ich drückte hinunter und sah mit einem Blick auf den Staudruckmesser, dass ich 600 Kilometer drauf hatte. Der BMW-Motor hielt durch. Ich erhielt etwas Luft und stieg erneut bis auf 3000 Meter. Mein Gegner griff an. Er wollte mich in den Orkus schicken, das war sicher, denn wenn man nicht diesen unbeugsamen Willen hat, braucht man nicht erst zu starten. Wir hatten uns bereits 20 Minuten umkreist und mehrfach aufeinander geschossen, aber nicht getroffen. Als die rote Warnlampe aufleuchtete, wusste ich, dass ich dieses Gefecht sofort beenden musste, indem ich den Gegner abschoss oder dass ich schnellstens Fersengeld geben musste. Ich versuchte es noch einmal mit einem Sturzflug, fing auf 1200 Metern ab, stieg in einem Looping über ihn hinweg und saß ihm im Nacken. Keine 100 Meter entfernt sah ich diesen Gegner, der aus der Schussrichtung nach rechts ausbrach. Ich hielt – diese Bewegung mehr erahnend, als sehend – weiter rechts vor und die Kanonen rumpelten los. Der Motor und das Kabinendach des Gegners flogen unter den Einschlägen weg. Ich sah, wie der gegnerische Vogel nach unten weg trudelte und in steilen Spiralen zu Boden ging. „Nichts wie zurück, du hast ihn!“ hörte ich Tietzes Stimme. Wir hatten noch 40 Kilometer zu fliegen. Es reichte gerade, um mit dem letzten Tropfen Sprit den eigenen Horst zu erreichen und zu landen, nicht ohne vorher zweimal gewackelt zu haben. Mein Wart kam angerannt. „Also doch 50!“ rief er strahlend. Ich nickte nur und ließ mir den Fallschirm abnehmen. Ich dachte an den Gegner und irgendwie tat er mir leid. Er war doch auch nur ein Flieger. Nur dass er auf der anderen Seite des Zaunes stand.“ …“

Karl May

„Die Fortschritte in der Philosophie, der Volkswirtschaft, der Kriegskunst, im Geschmack und den Sitten sind unstreitig ein fesselnderes Thema als Betrachtungen über Trottel im Purpurgewande, über Gaukler in der Bischofsmütze und jene Unterkönige, die man Minister nennt: von denen nur sehr wenige einen Platz im Andenken der Nachwelt verdienen. Wer aufmerksam in der Geschichte liest, der wird finden, daß dieselben Szenen oft wiederkehren; man braucht nur die Namen der handelnden Personen zu ändern. Hingegen die Entdeckung neuer Wahrheiten zu verfolgen, den Ursachen der Veränderungen in den Sitten nachzuspüren und die Anlässe zur Vertreibung der finsteren Barbarei zu erforschen, die sich der Aufklärung der Geister widersetzte: das sind sicherlich Gegenstände, der Beschäftigung aller denkenden Geister würdig.“ (Friedrich der Große)

In diesem Sinne bringen wir Panzertiere euch nicht nur Kunde von Schlacht und Kampf, sondern hegen und pflegen auch unsere deutsche Kunst und Kultur. In der Dichtkunst mag unser Karl May nicht unbedingt auf dem ersten Platz stehen, aber erbaulich sind seine Abenteuererzählungen durchaus. Im Jahre 1842 kam er im sächsischen Ernstthal als Sohn eines Webers zur Welt. Den Beruf des Lehrers erlernte unser Dichter, mußte aber dann wegen Diebstahls und Hochstapelei für acht Jahre ins Gefängnis. Ab 1874 war unser May aber ein gesetzestreuer Bürger und brachte es mit seiner Dichtkunst zu einigem Wohlstand. Seine Herzensdame Emma Pollmer führte unser Dichter 1880 zum Traualtar und schloß 1903 mit Klara Plöhn eine zweite Ehe. „Der Weg nach Waterloo“, „Die Rose von Ernstthal“, „Der schwarze Mustang“, „Durch die Wüste“, „Das Vermächtnis des Inka“, „Old Surehand“, „Die Tochter des Granden“, „Der Schatz im Silbersee“, „Der Waldläufer“, „Durchs wilde Kurdistan“, „Winnetou“, „Die Liebe des Ulanen“, „Der Scout“, „Ein Ölbrand“ oder „Der Kaiserbauer“ seien von den Werken unseres Dichters beispielhaft genannt. Die Anschaffung für eure heimische Panzerbüchersammlung lohnt sich. Mit seinem Schwank „Ein Stücklein vom alten Dessauer“ ruft unser May einen der größten Helden unseres alten Preußens in Erinnerung: http://www.zeno.org/Literatur/M/May,+Karl/Einzelne+Erz%C3%A4hlungen/Ein+St%C3%BCcklein+vom+alten+Dessauer

„Der Herr Hauptmann soll eintreten!“ sagte der Kammerdiener und öffnete dem Offiziere, welcher schon längere Zeit im Vorzimmer gewartet hatte, die Tür. An einem Tische, auf welchem ein großes Schwarzbrod, Butter, Käse, Wurst und Schinken in sehr reicher Quantität zu erblicken war, saß kauend der Fürst, ließ einen riesigen Bissen nach dem andern unter dem gewaltigen Schnurbarte verschwinden und langte dabei fleißig nach dem Glase, um durch einen kräftigen Schluck Bieres die Verdauung zu befördern. Er befand sich augenscheinlich in rosiger Laune; denn auf den militärisch ehrerbietigen Gruß des Eingetretenen erwiederte er mit behaglichem Knurren: „Hat Er Appetit?“ „Danke, Durchlaucht!“ „Dummheit! Bedanke Er sich, wenn Er fertig ist. Hergesetzt! Zugegriffen! Das Zeug ist zwar nicht vom Zuckerbäcker; aber Er wird wohl nicht gleich dran sterben.“ Der Hauptmann kannte den alten Knasterbart zu genau, um zu zögern oder viele Komplimente zu machen. Er setzte sich an den Tisch und griff wacker zu, was die gute Stimmung des Fürsten merklich erhöhte. „Ist er schon ‚mal in Wahlsdorf gewesen?“ „Nein.“ „So kennt er auch den Amtmann Hiller nicht?“ „Näher nicht; aber ich habe ihn gesehen, als er in Euer Durchlaucht Abwesenheit hier war, um sich vorzustellen.“ „So. Werden ihn kennen lernen. Bin sonst kein Freund von dergleichen Leuten; scheint es aber gut mit uns zu meinen. Da lese Er!“ Er schob dem Hauptmanne einen Brief hin, welcher von den Fettflecken, die von den Fingern des Fürsten herrührten vollständig durchsichtig geworden war. „Was sagt Er zu dem langen Geschreibsel?“ „Hm! Solche Leute sind zu gebrauchen, zumal da –„ erschrocken hielt er inne; denn eben war er im Begriffe gewesen, durch eine unvorsichtige Äußerung den Alten an Etwas zu erinnern, woran dieser nur mit Grimm zu denken pflegte. „Nur immer weiter! Wer einmal den Schnabel auftut, den darf ihn auch nicht eher wieder zuklappen, als bis der Sermon zu Ende ist. Er meint wohl die Geschichte von dem sakkermentschen Rheinländer, der uns mit seinen sieben Fuß sechs Zoll davon gelaufen ist? Den kriegen wir wieder. Ich weiß ganz genau, daß der Himmelhund noch nicht über die Grenze ist, und Gott genade ihm, wenn er sich packen läßt. Will er den Fang in Wahlsdorf übernehmen?“ „Zu Befehl, Durchlaucht!“ „So. Da wird Er – Na, was zum Teufel giebts denn schon wieder?“ wandte er sich an den eintretenden Lakaien. „Es ist ein Mann draußen, der Eure Durchlaucht dringend zu sprechen verlangt.“ „Jage den Kerl fort; hab‘ keine Zeit!“ „Das habe ich ihm schon gesagt; aber er meinte, ich soll nur seinen Namen nennen, so würde Durchlaucht schon Zeit haben.“ „Sei kein Esel. Jetzt könnte meinetwegen der Großmogul kommen; er müßte wieder fort. Wie heißt denn der Mann?“ „Schmidt aus Wahlsdorf. Er hat nur einen Arm.“ „Himmelement, das ist ja der Schockwerenöter, der – na, das ist ‚was Anderes. Lasse ihn ‚rein!“ Durch die sofort geöffnete Tür trat ein Mann von so riesigen Dimensionen, daß er sich fast bücken mußte, um in das Zimmer zu gelangen. Er trug die Kleidung des gewöhnlichen armen Landbewohners und blieb nach den ersten drei Schritten in strammer kerzengrader Haltung stehen. „Schmidt, Hallunke, ich lasse Dich Spießruten laufen, daß Du nicht längst ‚mal gekommen bist. Hab‘ Dirs ja gesagt, dazumal, als Du mich herausgehauen hattest, daß Du an mich denken sollst, wenn Dich ‚mal der Schuh drückt. Da aber ist der Schlingel stolz geworden und hat gar nicht an den Leopold gedacht, der ihm das Leben zu verdanken hat.“ – „Donnerwetter, Durchlaucht; das ist nicht wahr! Ich habe alle Stunden an Euch gedacht und bin nur deshalb noch nicht gekommen, weil mich der Schuh bisher noch nicht gedrückt hat.“ „Aber jetzt brauchst Du wohl Seitenflecke, hm?“ „Möglich, und dazu einen Schuster, der sie mir aufflickt.“ „Und dieser Schuster soll ich wohl gar sein, alter Kommisknopf?“ lachte der Fürst, der ganz sichtlichen Wohlgefallen an dem Wesen und der Ausdrucksweise des Mannes fand. „Also in Wahlsdorf wohnst Du jetzt?“ „Mit Eurer Erlaubnis, Durchlaucht.“ „Kennst Du da den Amtmann Hiller?“ „Freilich kenne ich ihn, und gerade seinetwegen komme ich heut nach Dessau.“ Seinetwegen? Mord und Totschlag, da bist wohl gar Du der Schmidt, von dem er mir einen meilenlangen Schreibebrief geschrieben hat?“ „Ich bin bei uns der einzige Schmidt. Hat er von mir geschrieben, Durchlaucht?“ fragte der Mann, indem seine ehrlichen und offenen Züge eine gewisse Besorgnis ausdrückten. „Freilich! Hast Du einen Sohn?“ „Ja.“ „Der so lang und stark ist wie Du?“ „Nicht ganz so“, lautete die Etwas ängstliche Antwort. – „Und morgen habt Ihr Kirmes?“ „Allerdings.“ „So, so, so“, dehnte der Fürst und warf einen nachdenklichen Blick auf den wieder zur Hand genommenen Brief. „Was hast Du mit dem Amtmanne?“ „Der Wiesenbauer ist der reichste Mann im Dorfe und Annemarie, seine Tochter, hat sich mit meinem Jungen, dem Wilhelm, lieb gehabt schon seit langer, langer Zeit. Er hat die beiden Leutchen gehen lassen; denn ich habe mir aus den Niederlanden, wo ich damals mit Euer Durchlaucht war, ein hübsches, rundes Sümmchen mitgebracht, und Wilhelm ist ein statiöser Bursche, mit dem sich kein Mädel zu schämen braucht und fleißig und ehrlich dazu. Da aber hat vor zwei Jahren Hiller das herrschaftliche Gut in Pacht genommen, ist dadurch Amtmann und die einflußreichste Person der Umgegend geworden. Sein Sohn, der Eduard, ist ein schöner Kerl, grad so groß wie ich, und die Mädels sind hinter ihm her, wie die Flöhe hinter den Flanellröcken. Daß er leicht und lüderlich ist, das sehen sie nicht, und so gibt es fast nur eine Einzige, die ihn nicht ästimiert. Das ist die Annemarie, und grad auf die hat er es abgesehen. Sein Vater ist natürlich nicht müßig gewesen, den Wiesenbauer gehörig zu bearbeiten, und das hat auch Erfolg gehabt; aber mit dem Mädchen haben sie doch nichts machen können. Sie mag von keinem Andern als dem Wilhelm ‚was wissen, obgleich ihr der Umgang mit ihm verboten ist, und so hat ihr Vater schließlich ein Machtwort gesprochen und bestimmt, daß morgen Abend Verlobung sein soll. Da kommen eine Menge Verwandte und sonstige Gäste, und der Teichbauer hat also die beste Gelegenheit, zu zeigen, wie es in seinem Sacke aussieht.“ …“

Kaiser Karl der Fünfte

Unser alter Kaiser Karl der Fünfte ist wohl der erste deutsche Herrscher, der mit mehreren Feinden zugleich fechten mußte: Mit den Galliern im Westen und mit den Türken im Südosten. Beide Aufgaben hat er hervorragend gelöst und nicht nur Wien gegen die Türken behauptet, sondern auch beträchtliche Teile Ungarn behauptet, was nach der vernichtenden Niederlage der Ungarn in der ersten Schlacht von Mohacs keine leichte Aufgabe war, sondern auch die Gallier vernichtend bei Pavia geschlagen. Späteren deutschen Herrschern war ein solches Glück leider nicht immer vergönnt und daher erheben wir unsere Trinkschädel auf unseren alten Kaiser Karl den Fünften. Der Sohn Philipp des Schönen und der Johanna der Wahnsinnigen erblickte im Jahre 1500 zu Gent das Licht der Welt. Das Herrschertum war ihm gleichfalls in die Wiege gelegt. Väterlicherseits stammte er von unserem Kaiser Maximilian dem Ersten und der Maria von Burgund ab. Mütterlicherseits war er ein Nachfahre Ferdinands von Aragon und Isabella der Katholischen. Sein spanisches Erbe trat er 1516 an und im Jahre 1520 wurde er zum deutschen Kaiser gewählt. Seine Wahl machte die Hoffnungen des Gallierkönigs Franz zunichte und so griff dieser zur Gewalt. Bei Pavia legte ihm unser Feldhauptmann Georg von Frundsbergs 1525 mit seinen Landsknechten aber vorerst das Handwerk. Die größte Gefahr ereilte unseren Kaiser Karl den fünften aber 1529 als die Türken unsere alte deutsche Reichshauptstadt Wien mit 150,000 Kriegsknechten belagert haben. In der Eile konnten nur 17,000 Mann zur Verteidigung zusammengebracht werden, die aber Philipp der Streitbare und Niklas von Salm der Ältere zum Sieg führten. Als umsichtiger Herrscher wußte unser Kaiser Karl der Fünfte, daß er Spanien und Deutschland unmöglich alleine gut regieren konnte. Daher übertrug er seine deutschen Ländereien auf seinen jüngeren Bruder Ferdinand, den er 1531 auch zum deutschen König wählen ließ – damit nahm er seine spätere Erbfolgeregelung vorweg. Gemäß der sein Sohn Philipp der Zweite Spanien erhalten sollte, während die deutsche Kaiserkrone samt der habsburgischen Hausmacht (mit Ausnahme der Niederlande) auf Ferdinand den Ersten übergingen. Um der Korsarenplage zu steuern, landete unser Kaiser Karl der Fünfte in den Jahren 1535 und 1541 in Nordafrika. Tunis wurde bei der ersten Heerfahrt erobert, aber ein Sturm machte den Sturm auf Algier bei der anderen zunichte. Im Inneren unseres alten deutschen Reiches ging es zur Zeit Karls den Fünften fast noch stürmischer zu als im Äußeren. Die Stichworte lauten: Reformation, Bauernkrieg und Schmalkaldischer Bund. Luther hörte unser alter deutscher Kaiser Karl der Fünfte auf dem Wormser Reichstag im Jahre 1520 an und meinte, daß der Mönch irren müssen, weil tausend Jahre Christenheit nicht irren könnten (dürften). Und um die Bauern kümmerte sich der Truchsess von Waldenburg, aber dem Schmalkaldischen Bund mußte unser Kaiser Karl der Fünfte im Jahre 1547 bei Mühlberg auf seine alten Tage noch einmal entgegentreten. Sein Sieg war vollständig und auf dem geharnischten Reichstag zu Augsburg konnte er seine Vorstellungen weitgehend durchsetzen. Im Jahre 1552 kam es aber zu einem Fürstenaufstand, dem unser Kaiser Karl der Fünfte nichts entgegenzusetzen hatte. In der Folge mußte er nachgeben und den Augsburger Religionsfrieden genehmigen… Von der gesetzgeberischen Tätigkeit unseres Habsburgers ist vor allem seine Peinliche Halsgerichtsordnung in Erinnerung geblieben, die er 1532 erlassen hat. Isabella von Portugal heiratete er 1526 und zeugte mit ihr fünf Kinder. Im Wortlaut hat uns unser Geschichtsschreiber Hannusch in seinem Werk „Kaiser Karl V., seine Zeit und seine Zeitgenossen – Ein geschichtlicher Umriss“ die Abdankungsrede unseres Habsburgers überliefert: https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10016005_00001.html

„Darauf erhob sich Kall von seinem Sitz, und – sich auf die Schulter des Prinzen von Oranien lehnend, – (denn, Er war so schwach, daß es Ihm schwer fiel, sich ohne Stütze längere Zeit aufrecht zu halten) richtete er nun Selbst das Wort an die Versammlung, und – von Zeit zu Zeit in ein Papier blickend , das Er in der Hand hielt, um seinem Gedächtnis zu Hilfe zu kommen: führte Er, eben so würdevoll, als anspruchslos und er greifend, all‘ die großen Angelegenheiten – nach der Reihenfolge – auf, wie sie – von Anbeginn seiner Verwaltung – Ihm zur Leitung übertragen waren. Er bemerkte: „Daß, von seinem siebzehnten Altersjahre an, Er alle Gedanken, und seine ganze Aufmerksamkeit – auf die öffentlichen Geschäfte gerichtet habe ; sich selber – keine Zeit der Nachsicht und der Ruhe gegönnt, und nur sehr wenig davon – dem Genuß des eigenen Vergnügens gewidmet.“ Er habe „friedlich oder gerüstet, Deutschland neunmal, Hispanien – sechsmal, Frankreich – vier mal, Italien – sieben -, die Niederlande – zehn mal, England und Afrika – zweimal bereist; sei – elfmal zur See gewesen!“ „So lange seine Gesundheit es Ihm erlaubt habe, seine Pflicht zu tun; und seine Kraft – zu dem schweren Geschäft: so ausgedehnte Länderstrecken zu verwalten, hingereicht : habe Er niemals Arbeit noch Mühe gespart. Nun aber, da seine Kraft nachlasse, und sein Körper durch die unheilbare Krankheit des Alters erschöpft sei: mahne Ihn die zunehmende Schwäche – täglich: „sich zurück zuziehen.“ Auch liebe Er nicht so sehr die Gewalt, um den Herrscherstab länger in einer Hand zu halten, die nicht mehr stark genug sei, damit seine Untertanen zu schützen, oder glücklich zu machen. Daher sei Er gesonnen, anstatt eines schwachen, und kaum mehr halben Herrschers, Ihnen einen zu geben, der – noch in der vollen Blüte des Lebens stünde; auch bereits gewohnt sei, zu regieren; der – mit der Kraft der Jugend alle Umsicht und Klugheit der reiferen Jahre verbände. Hätte Er, während des Laufes einer langen Regierung, irgend einen tatsächlichen Irrtum begangen; oder hätte Er, unter der Last so vieler und wichtiger Geschäfte, und inmitten der Aufmerksamkeit, welche Er diesen zu schenken verpflichtet war, irgend Einen seiner Untertanen – entweder vernachläßiget oder beleidigt; so bäte Er sie jetzt, Ihm zu verzeihen. Er, seiner Seits, wollte immer die Empfindung der Dankbarkeit für ihre Treue und Anhänglichkeit bei sich bewahren; und die Erinnerung daran – mit sich dahin nehmen, wohin er sich zurückzuziehen gedenke, als seinen süßesten Trost, und den schönsten Lohn seiner geleisteten Dienste; ja, mit seinen letzten Gebeten zu dem Allmächtigen Gott, werde Er noch seine wärmsten Wünsche für ihr Wohlergehen vereinen. Hierauf zu seinem Sohne sich wendend, der izt, die Hand seines Vaters küssend, vor Ihm niederkniete, sprach Er: „Hätte Ich Dir dies ganze reiche Erbe, das – Ich Selbst noch ansehnlich vermehrte, erst bei Meinem Tode hinterlassen: so würde es schon billig gewesen sein, Mir desfalls ein dankbares Gedächtnis) zu bewahren. Nun aber, da Ich, freiwillig, auf das verzichte, was Ich noch hätte behalten können: so kann Ich wohl auf den wärmsten Ausdruck des Dankes von deiner Seite zählen. Jedoch, Ich spreche Dich davon los, und nehme dafür – Deinen guten Willen für die Wohlfahrt Deiner nunmehrigen Untertanen in Anspruch; so wie Deine Liebe für sie, als das beste und willkommenste Zeugnis der Dankbarkeit, die – Du Mir schuldest. Es steht in Deiner Macht, durch eine weise und gerechte Verwaltung – den heutigen außergewöhnlichen Beweis Meiner väterlichen Zärtlichkeit für dich – zu rechtfertigen; und an den Tag zu legen: daß Du des Vertrauens, das Ich in Dich setze, vollkommen würdig bist. Bewahre eine unwandelbare Treue für die heilige Kirche. Erhalte den katholischen Glauben in seiner Reinheit. Laß‘ die Gesetze des Landes – heilig in Deinen Augen sein. Taste nicht die Rechte und Eigentümlichkeiten des Volkes an. Und – wann immer die Zeit kommen soll, wo auch Du Dich sehnen wirst, die Ruhe des häuslichen Herdes zu genießen: so wünsche Ich Dir einen Sohn, begabt mit solchen Eigenschaften, die es Dir möglich machen, Deinen Stab mit derselben beruhigenden Überzeugung in seine Hände zu übergeben, mit welcher Ich ihn heute – in die Deinigen lege.“ …“

Georg Friedrich Händel

In Halle an der Saale wurde 1685 unser großer deutscher Tondichter Georg Friedrich Händel geboren. Dieser wahrhaft würdige Zeitgenosse Bachs vermehrte unsere deutsche Tondichtung – eine wahrhaft vollendete Kunstform – um zahlreiche Singspiele, aber auch Kammermusik, geistliche Werke und das ein oder andere Konzert. Opern hatte wir bei unserer kleinen Geburtstagsfeier wahrlich schon genug und so stelle ich Händels sechs große Konzerte vor: https://www.youtube.com/watch?v=fXUvSu5Cg50 Lernen soll man auch etwas und so lesen wir Panzertiere aus Armin Steins Buch „Georg Friedrich Händel. Ein Künstlerleben“ ein wenig vor:

„Es ist in der Tat also“, sagte der Hofmarschall mit gleichem Erstaunen. „Gehet doch“, bat der Herzog, „und erfraget, wer das sei.“ Als der Hofmarschall sich umwenden wollte, trat ein Kammerdiener herzu, der an der offenen Logentür gewartet hatte. „Ich vermag Eurer Durchlaucht Bescheid zu geben: der Knabe ist meines Großvaters jüngster Sohn.“ Der Herzog sah den Kammerdiener verwundert an. „Was führest du für närrische Rede, Christian?“ „Halten zu Gnaden, Durchlaucht“, fuhr der Angeredete demütig fort, „mein Großvater, der Amtschirurgus und kurfürstliche Kammerdiener Georg Händel in Halle hat in seinem hohen Alter, da die Kinder aus der ersten Ehe schon verheiratet waren, noch eine zweite Ehe geschlossen, daraus ist dieser Knabe der älteste Sprößling.“ Der Herzog schüttelte lächelnd den Kopf. „So, so! Jetzt verstehe ich.“ Und dann sich besinnend setzte er hinzu: „Ach ja, ich erinnere mich des alten Händel noch von Halle her; war ja unseres seligen Vaters Kammerdiener und hat mir manchmal das Haar geschoren. Hat nicht auch unsere Gemahlin, die Frau Herzogin, ein Kind Händels aus der Taufe gehoben?“ – Als Christian dies bestätigte, fragte der Herzog weiter: „Wie aber kommt der Knabe hierher?“ „Er ist mit seinem Vater auf Besuch anwesend“, war die Antwort. Der Herzog lauschte wieder dem Orgelspiel. „Seltsam! Seltsam! Solches Mirakulum verlanget uns in der Nähe zu besehen! Heute Nachmittag nach aufgehobener Tafel erscheine Herr Georg Händel mit seinem Söhnlein auf dem Schloß! Gehe hin, Christian, ihm diesen unseren Befehl zu überbringen!“ – – Der Herr Amtschirurgus befand sich in einer zwiespältigen Stimmung, als er nach drei Stunden mit seinem Sohn in die Augustusburg trat. Er fühlte sich gehoben und geehrt, daß sein siebenjähriger Sohn die Aufmerksamkeit Seiner Durchlaucht auf sich gezogen habe, aber auf der andern Seite legte sich eine dunkle Ahnung als ein beklemmender Druck auf sein Gemüt. Es war ja die infame Klimperei, um die es sich handelte, und für diese hatte der Herzog eine besondere Vorliebe. Seine Durchlaucht befand sich in seinem Kabinett in Gesellschaft seiner Gemahlin, einer Dame von großem Liebreiz der äußeren Erscheinung. Beide warteten mit Ungeduld auf die zu Hof Gebetenen, und als dieselben endlich angemeldet wurden, ging der Herzog, seiner Würde ganz vergessend, ihnen bis zur Tür entgegen. Mit steifer Förmlichkeit präsentierte sich der alte Händel und bewegte sich mit großer Geläufigkeit in den Redewendungen, mit denen man ein gekröntes Haupt begrüßt, während der Friedrich, alle vom Vater ihm beigebrachten Anstandsbewegungen vergessend, kerzengerade neben ihm stand und seine großen, schönen Augen mit freiem, fast zutraulichem Blick auf dem hohen Paar ruhen ließ. Die Herzogin hatte ihr innerliches Gefallen an dieser freimütigen Art des Knaben und winkte denselben freundlich zu sich heran, während der Herzog mit dem alten Händel ein Zwiegespräch begann. Je länger sie mit dem Knaben redete, desto besser gefiel er ihr. Ihr scharfer Blick erkannte in demselben sofort eine vielversprechende Erscheinung und bedauerte im stillen, daß er nicht zu den Untertanen ihres Gemahls gehöre. Sie war von dem Kind, seinem wunderbaren Blick und seinen klugen Antworten so hingenommen, daß sie auf das Gespräch der Männer gar nicht geachtet hatte, bis sie endlich aus ihren Betrachtungen aufgescheucht wurde durch die sehr laut gesprochenen Worte ihres Gemahls: „Aber was seid Ihr doch für ein seltsamer Kauz! Habet Ihr denn gar kein Verständnis für Musik? Nun wohl, es mag Euch ehrenvoller scheinen, wenn Euer Sohn einmal auf dem Amt über Recht und Unrecht entscheidet, aber ich sage Euch, Ihr bildet einen Krüppel aus – – ja, glotzet nur, einen kompletten Krüppel! Euer Sohn wird nie ein ordentlicher Rechtsamtmann werden, denn ihn hat der Schöpfer zu etwas anderem bestimmt. Ihn hat die Muse in der Wiege auf die Stirn geküßt, das stehet ihm mit so deutlicher Schrift auf der Stirn geschrieben, daß nur ein Blinder es nicht siehet.“ …“

Die Schlacht bei Pavia

Ein großer deutscher Sieg wurde am heutigen Tag von unserem Feldherrn Georg von Frundsberg bei Pavia erfochten. Im Jahr 1525 schlug er dort die Welschen so vernichtend, daß mit einer Schlacht das ganze Krieg schon beendet schien. Die Welschen warfen 26,000 Kriegsknechte in die Schlacht und hatten an deren Ende keine 5000 Mann mehr, der Rest war tot, verwundet oder gefangen. Unsere deutschen Verluste beliefen sich auf 500 Mann, was bei einem Heer von 23,000 Mann kaum ins Gewicht fällt (wenn auch neuere Bücher hier die Angabe von 10,000 Toten und Verwundeten auf unserer Seite machen, so eine Art umgekehrtes Dresden – am Ende hat unser Georg von Frundsberg noch mehr Leute bei Pavia verloren als er überhaupt in seinem Heer hatte, so wie schon in wenigen Jahren bei der Bombardierung von Dresden keine deutschen Zivilisten mehr zu Tode gekommen sein werden, nachdem man die Opferzahlen von den damals amtlich festgestellten mindestens 250,000 Toten auf 25,000 herabgesetzt hat). Die Schlacht von Pavia war nicht nur entscheiden, weil das welsche Heer völlig zerstört worden ist, sondern auch, weil der welsche König Franz I. auf dem Schlachtfeld in Gefangenschaft geriet. Um wieder freigelassen zu werden, mußte er den Frieden von Madrid unterzeichnen und damit auf Italien verzichten. Allerdings brach der wieder in Freiheit gesetzte Franz den Vertrag gleich wieder und so ging der Zweifrontenkrieg gegen die Welschen und Türken noch eine ganze Weile weiter. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es bei der Schlacht von Pavia durchaus. Einen Großteil der gallischen Streitkräfte bildeten nämlich deutsche Söldner, unsere Schweizer und der Schwarze Haufen. Hätten diese auf unserer Seite gefochten, so hätte womöglich schon unser Kaiser Karl V. die gallische Hauptstadt Paris erstürmen können… Von jenem Schwarzen Haufen weiß uns nun unser Geschichtsschreiber Friedrich Wilhelm Barthold in seinem Buch „George von Frundsberg oder das deutsche Kriegshandwerk zur Zeit der Reformation“ das ein oder andere zu berichten: https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10063330_00005.html

„Als aber die Schwarzen nach dem bösen Unfalle bei Venlo sich wieder auf fünftausend Mann ergänzt und mit König Franz über die Berge gegangen waren, um dem Spanier das Herzogtum Mailand, das dem deutschen Reiche und den deutschen Brüdern gleich fremd als ihnen, zu entreißen, hatten sich viele erlauchte und adlige Streitgenossen, jüngere Söhne ihres Hauses, landsvertriebene Prätendenten und verzweifelte Abenteurer auch aus andern Landen zu ihnen geschlagen, welche auf jeder fremden Walstatt mehr Glück erjagen konnten wie in der Heimat. Der vornehmste unter ihnen war Richard, Herzog von Suffolk, ein bewährter Degen, aus dem tragischen Hause der York, welcher für die Rechte der weißen Rose seinen Bruder Edmund unter Heinrichs VIII. Henker bluten sah und heimatsflüchtig jetzt unter Frankreichs Fahnen bessere Sterne hoffte. Unter seinem Namen dienten die Schwarzen, nicht bedeutungslos unter den Auspizien eines fürstlich Gebannten. Ferner stand in ihrer ersten Reihe ein Herzog von Württemberg, jenes hartgestraften Ulrichs Sippe, der vergeblich in gleichen Tagen bei den Eidgenossen um Hilfe zum Wiedergewinn seiner Lande warb. Was ein Graf von Nassau, dessen Geschlecht bei Karl in hoher Gunst, dem kaiserlichen Heere gegenüber erringen wollte, ist dunkel; der junge Herzog Franz von Lothringen dagegen, des regierenden Herrn Bruder, mochte aus Neigung sich den Landsleuten beigesellt haben. Jugendliche Abenteurerlust oder Franzens Sonnenkronen hatte ihnen Herrn Wolf, Graf von Lupfen aus Schwaben, zugeführt; sein Stamm war daheim berüchtigt wegen des Druckes, unter welchem er die Bauernschaft hielt, die eben damals ihr Joch zu brechen sich anschickte. Ein Vetter oder Bruder, Graf Christoph, erstritt unterdessen in Pavia Ehrengedächtnis unter den liederreichen Waffenbrüdern. Graf Karl zu Ortemburg war gewiß ob schwerer häuslicher Trennung unter den Schwarzen zu finden; denn sein Bruder Alexander diente als Hauptmann unter Frundsbergs Regiment. Dietrich von Schomberg, ein Sachse, jenes Erzbischofs von Capua Bruder, gewandt als Botschafter deutscher Fürsten und ritterlich im Streite, buhlte um Frankreichs Gold, wie der Prälat um Clemens Gunst; auch ein Elsässer, Herr zu Fleckenstein, war gewärtig Bruderblut im Schlachtgewühl nicht zu scheuen. Zwei Edle von Bünau, und eine große Zahl geringerer Edelleute, vielleicht auch der Montfort, Brandecks Fähnrich, waren in die Reihen der Schwarzen verteilt, deren Jeden böse Händel, Achtung, Landfriedensbruch, Armut oder unbekümmerte Kampflust in Frankreichs Arme geworfen. Neben Hans von Brandeck war vor Andern mit höherem Range betraut Georg Langenmantel, Patrizier aus Augsburg, Leutnant des Herzogs von Lothringen, der Sohn Herrn Johanns, dem seine Vaterstadt vierzehnmal das Bürgermeisteramt übertragen und den Kaiser Maximilian hoher Ehren gewürdigt. Als der alte Herr im Jahre 1510 Todes verblichen, verordneten des schwäbischen Bundes Städte, deren Hauptmann er vielmals gewesen, dem Verstorbenen in allen Kirchen Seelenmesse und Ehrengedächtnis; der Sohn dagegen, im kecken Jugendunverstand der Ahnherren Bahn verlassend, erwarb sich ein bescholtenes Grab in fremder Schlacht und rechtfertigte durch tollkühnes Gebärden Frundsbergs derben Spott auf seines Hauses Wappen, das für den Jüngling bedeutsam der Sparren war. Da nun außer den genannten Fürsten und Edlen, welche bei Verlust Leibes und Lebens sich nicht heim wagten, auch auf der ganzen Gemeinde der Auszügler nach vergeblicher Abmahnung die kaiserliche Ober- und Unteracht ruhete und sie vor sich auf ihren Spießen Ehre und Güter, hinter sich Tod und Schmach erblickten, so hatten gemeinsame Hoffnung und gemeinsame Not diese Republik von kranken Fortunarittern, die da sich vermaßen, „Gott, zu alt um zu regieren, habe ihnen das Regiment empfohlen“, so innig an einander gebunden, daß König Franz in der weiten Welt nicht todesentschlosseneren Männern die große Aventure des Königskriegs anvertrauen konnte. Unter ihren schwarzen Fahnen, von Kopf bis Zeh in Schwarz geharnischt, blickten die riesigen Gesellen auf dem linken Flügel nach Feinden aus und sahen nicht Frundsbergs Knechte, die jenseit des entbrannten Mitteltreffens auf dem kaiserlichen linken sich zum Bruderkampf vorbereiteten, da die Eidgenossen, feigen Tod im Herzen, dem erbitterten Leutfresser nicht stehen mochten…“

Arthur Schopenhauer

Neben unserem Gottlieb Fichte und unserem Immanuel Kant brachte unser altes Preußen mit unserem Arthur Schopenhauer einen weiteren großen deutschen Denker hervor. Dessen Werk kann man man wohl der Verneinung und der Schwarzseherei zurechnen, doch ist es dennoch nicht ohne Wert. Im Jahre 1788 wurde unser Schopenhauer in unserer deutschen Hansestadt Danzig geboren. Sein Vater war Kaufmann und diesen Beruf sollte auch sein Sohn erlernen. Was unser Schopenhauer auch in Hamburg tat. Vollendet hat er seine Ausbildung aber nicht, sondern studierte von 1809 bis 1813 in Göttingen und Berlin die Denkerei und Heilkunst. In Jena erwarb er dann die Doktorwürde. Seit 1833 lebte unser Schopenhauer in Frankfurt am Main. Sein Hauptwerk nannte er „Die Welt als Wille und Vorstellung“ und zu diesem gesellen sich noch Schriften und Abhandlungen wie „Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde“, „Über das Sehen und die Farben“, „Über den Willen in der Natur“, „Die beiden Grundprobleme der Ethik“, „Aphorismen zur Lebensweisheit“, „Über die Universitätsphilosophie“ oder „Über Schriftstellerei und Stil“. Deren Anschaffung kann empfohlen werden. Seine Doktorwürde erwarb unser Schopenhauer mit seiner Schrift „Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde“ und diese darf daher bei unserer heutigen Panzergeburtstagsfeier nicht fehlen: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10858208

„Die Methode. Plato der göttliche und der erstaunliche Kant vereinigen ihre nachdrucksvollen Stimmen in der Anempfehlung einer Regel zur Methode alles Philosophierens, ja alles Wissens überhaupt. Man soll, sagen sie, zweien Gesetzen, dem der Homogeneität und dem der Spezifikation, auf gleiche Weise, nicht aber dem einen, zum Nachtheil des andern, Genüge leisten. Das Gesetz der Homogeneität heißt uns, durch Aufmerken auf die Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen der Dinge, Arten erfassen, diese eben so zu Gattungen, und diese zu Geschlechtern vereinigen, bis wir zuletzt zum obersten. Alles umfassenden Begriff gelangen. Da dieses Gesetz ein transzendentales, unserer Vernunft wesentliches ist, setzt es Übereinstimmung der Natur mit sich voraus, welche Voraussetzung ausgedrückt ist in der alten Regel: entia praeter necessitatem non esse multiplicanda. – Das Gesetz der Spezifikation drückt Kant dagegen so aus: entium varietates non temere esse minuendas. Es heischt nämlich, daß wir die unter einem vielumfassenden Geschlechtsbegriff vereinigten Gattungen und wiederum die unter diesen begriffenen, hohem und niederem Arten wohl unterscheiden, uns hütend, irgend einen Sprung zu machen und wohl gar die niedern Arten, oder vollends Individuen, unmittelbar unter den Geschlechtsbegriff zu subsumieren; indem jeder Begriff noch einer Einteilung in niedrigere fähig ist und sogar keiner auf die bloße Anschauung herabgeht. Kant lehrt, daß beide Gesetze transzendentale, Übereinstimmung der Dinge mit sich a priori postulierende Grundsätze der Vernunft seien, und Plato scheint das Selbe auf seine Weise auszudrücken, indem er sagt, diese Regeln, denen alle Wissenschaft ihre Entstehung verdanke, seien zugleich mit dem Feuer des Prometheus vom Göttersitze zu uns herabgeworfen.

Ihre Anwendung in gegenwärtigem Fall. Das letztere dieser Gesetze finde ich, so mächtiger Empfehlung ungeachtet, zu wenig angewendet auf einen Hauptgrundsatz in aller Erkenntnis, den Satz vom zureichenden Grunde. Obgleich man nämlich längst und oft ihn allgemein aufgestellt hat, so hat man dennoch seine höchst verschiedenen Anwendungen, in deren jeder er eine andere Bedeutung erhält, und welche daher seinen Ursprung aus verschiedenen Erkenntniskräften verraten, gehörig zu sondern vernachlässigt. Daß aber gerade bei Betrachtung unserer Geisteskräfte die Anwendung des Prinzips der Homogeneität, mit Vernachlässigung des ihm entgegengesetzten, viele und langdauernde Irrtümer erzeugt und dagegen die Anwendung des Gesetzes der Spezifikation die größten und wichtigsten Fortschritte bewirkt hat, – dies lehrt die Vergleichung der Kantischen Philosophie mit allen früheren. Es sei mir deshalb vergönnt, eine Stelle her zu setzen, in der Kant die Anwendung des Gesetzes der Spezifikation auf die Quellen unserer Erkenntnisse empfiehlt, indem solche meinem gegenwärtigen Bestreben seine Würdigung gibt. „Es ist von der äußersten Erheblichkeit, Erkenntnisse, die ihrer Gattung und Ursprunge nach von andern unterschieden sind, zu isolieren und sorgfältig zu verhüten, daß sie nicht mit andern, mit welchen sie im Gebrauche gewöhnlich verbunden sind, in ein Gemische zusammenfließen. Was Chemiker beim Scheiden der Materien, was Mathematiker in ihrer reinen Größenlehre tun, das liegt noch weit mehr dem Philosophen ob, damit er den Anteil, den eine besondere Art der Erkenntnis am herum schweifenden Verstandesgebrauch hat, ihren eigenen Wert und Einfluß, sicher bestimmen könne.“ (Kritik der reinen Vernunft, der Methodenlehre 3. Hauptstück)

Nutzen dieser Untersuchung. Sollte mir zu zeigen gelingen, daß der zum Gegenstand dieser Untersuchung gemachte Grundsatz nicht unmittelbar aus einer, sondern zunächst aus verschiedenen Grunderkenntnissen unsers Geistes fließt; so wird daraus folgen, daß die Notwendigkeit, welche er als ein a priori feststehender Satz bei sich führt, ebenfalls nicht eine und überall die selbe, sondern eine eben so vielfache, wie die Quellen des Satzes selbst ist. Dann aber wird Jeder, der auf den Satz einen Schluß gründet, die Verbindlichkeit haben, genau zu bestimmen, auf welche der verschiedenen, dem Satze vom Grunde liegenden Notwendigkeiten er sich stütze, und solche durch einen eigenen Namen (wie ich welche vorschlagen werde) zu bezeichnen. Ich hoffe, daß dadurch für die Deutlichkeit und Bestimmtheit im Philosophieren Einiges gewonnen sein wird, und halte die, durch genaue Bestimmung der Bedeutung jedes Ausdrucks zu bewirkende, größtmögliche Verständlichkeit für ein zur Philosophie unumgänglich nötiges Erfordernis, um uns vor Irrtum und absichtlicher Täuschung zu sichern und jede im Gebiet der Philosophie gewonnene Erkenntnis zu einem sicheren und nicht, durch später aufgedeckten Mißverstand oder Zweideutigkeit, uns wieder zu entreißenden Eigentum zu machen. Überhaupt wird der ächte Philosoph überall Helle und Deutlichkeit suchen, und stets bestrebt sein, nicht einem trüben, reißenden Regenbach zu gleichen, sondern vielmehr einem Schweizer See, der, durch seine Ruhe, bei großer Tiefe große Klarheit hat, welche eben erst die Tiefe sichtbar macht. La clarté est la bonne foi des philosophes hat Vauvenargues gesagt. Der unechte hingegen wird zwar keineswegs nach Talleyrands Maxime, durch die Worte seine Gedanken, vielmehr nur seinen Mangel daran zu verbergen suchen, und wird die aus eigener Unklarheit des Denkens erwachsende Unverständlichkeit seiner Philosopheme dem Leser ins Gewissen schieben. Hieraus erklärt sich, warum in einigen Schriften, zum Beispiel den Schelling’schen, der didaktische Ton so häufig in den scheltenden übergeht, ja oft die Leser schon zum voraus, durch Antizipation ihrer Unfähigkeit, gescholten werden…“