Angelika Kauffmann

Den Geburtstag einer großen deutschen Künstlerin gibt es heute zu feiern, unsere Malerin Angelika Kauffmann erblickte nämlich im Jahr 1741 im schweizerischen Chur das Licht der Welt. Ihr Vater war der Maler Joseph Johann Kauffmann und seine Mutter dessen Gattin Cleophea. Die Malerei erlernte sie bei ihrem Vater und ging mit diesem auch auf Reisen und zwar nach Italien und England. In Rom fand sie schließlich ihre Heimstatt und wurde dort von unserem Kaiser Joseph II., unserer Herzogin Anna Amalia, unserem Dichterfürsten Goethe und unserem Herder besucht. Dem Klassizismus gehört unsere Künstlerin an und ihrer Formgebung entspricht auch ihre Bildwahl. Sofern unsere Angelika Kauffmann nicht ihre Zeitgenossen gemalt hat, stellte sie die Sagen und Geschichten des klassischen Altertums dar. Wie dem aufmerksamen Beobachter bei unserer heutigen Werkschau vielleicht auffallen wird… Ein Programmheft dazu haben wir Panzertiere nicht erstellt, können jedoch den Bücherwürmern das Buch „Angelika Kauffmann“ von unserem Kunstgelehrten Eduard Engels reichen: https://archive.org/details/bub_gb_DI05AAAAMAAJ

„Der alte Mann schaltet droben unter den Gewölben, sein Töchterchen aber martert drunten in der Tiefe die zarten Kinderhände an den heroischen Gestalten der zwölf Apostel, die sie nach Vorlagen Piacettas ausführt. Kaum sechzehn Jahre ist das Fräulein alt. Sie ist eine echte Wäldlerin, obwohl sie nicht in Schwarzenberg, sondern bei Gelegenheit eines Aufenthalts ihrer Eltern in Chur das Licht der Welt erblickte. Nicht allzu groß gewachsen und von fast ätherischen Formen, schaut sie aus einem Paar dunkel samtener Augen hervor, deren Ausdruck zwischen der zauberischen Lebhaftigkeit der Wäldlerinnen und einem träumerischen, im Walde unbekannten Schmachten zu wechseln pflegt. Ihr jugendliches Gesicht ist blühend und frisch; wenn sie lacht, kommen zwei Reihen allerliebster Zähne zum Vorschein. Aber sie lacht nicht viel, obwohl der lustige Papa droben auf seinem Brettergerüst die Arbeit mit manchem Scherzwort würzt. Sie ist sehr ernst, sehr in sich gekehrt, von einem zehrenden Feuer durchglüht : der Begeisterung für die Kunst. Nicht eher will sie rasten noch ruhen, als bis sie das Höchste erreicht hat, was ihrer Begabung zugänglich ist. Und was sollte denn ihrer Begabung nicht zugänglich erscheinen? Ist sie nicht trotz ihrer jungen Jahre bereits eine kleine Berühmtheit? Feiert sie nicht überall Triumphe, wo sie auf ihrer Wanderschaft hin kommt? – – Die Fresken, die Angelika Kauffmann als sechzehnjähriges Mädchen in der Kirche ihres Heimatdorfes Schwarzenberg gemalt hat, waren schon nach wenigen Jahrzehnten bis zur Unkenntlichkeit verwittert , aber die Träume, die das ehrgeizige Herz bei der Arbeit geträumt, sind auf das glänzendste in Erfüllung gegangen. Der Name Angelika Kauffmann hat einmal zu den gefeiertsten der europäischen Kunst gezählt, alle Großen dieser Welt sind im Atelier Angelikas aus- und eingegangen, Könige und Kaiser haben sich von ihr porträtieren lassen, die edelsten Dichter unserer klassischen Literaturperiode sind ihre Gäste und Freunde gewesen, ihre Büste wurde im Pantheon zu Rom, ihr Bildnis in den Uffizien von Florenz aufgestellt… Ich will versuchen, die viel verschlungenen, nicht selten romanhaft abenteuerlichen Wege zu zeichnen, auf denen „des Bregenzer Waldes berühmteste Tochter“ aus der Verborgenheit ihres Heimattales auf die Höhen der internationalen Berühmtheit emporstieg. „Alles vereinigte sich, dieses Mädchen bewundernswürdig zu machen, und jedermann rühmte sie als ein Wunder an Talent und verstand.“ – Alois Meinhart. Der alte Johann Joseph Kauffmann war ein Wäldler durch und durch: bieder und gutmütig, beweglich und verständig, mit natürlichem Geschmack begabt und durch eine gewisse Grazie des Geistes ausgezeichnet. Wenn man ihn einen Künstler nennt, so tut man vielleicht unrecht, denn die reisenden Virtuosen des achtzehnten Jahrhunderts waren weit davon entfernt, Künstler im heutigen Sinne des Wortes zu sein. „Pfui, schämt Er sich denn nicht, als Sohn eines Regierungsrats Maler werden zu wollen!“ fuhr der Herzog Karl von Württemberg noch im Jahre 1779, als die Verhältnisse sich bereits gebessert hatten, den Zögling seiner Karlsschule Eberhard Wächter an. Der „Künstler“ war eben damals ungefähr in der gleichen Weise geachtet oder vielmehr mißachtet, wie die Komödianten, denen sie auch insofern glichen, als sie ihr Gewerbe im Umherziehen betrieben. Schauspieler, Maler, fahrende Sänger, Messerschlucker – wer wollte da viel Unterschied machen! Arme Teufel, die nach der Laune ihres Publikums tanzen mußten, waren sie ja alle miteinander, und es verschlug im Grunde wenig, ob der eine die Gaffer des Jahrmarktes, der andere die liebe Bürgerschaft, der dritte die Kavaliere und Fürstlichkeiten zu bedienen hatte. Der Anfang des achtzehnten Jahrhunderts bedeutet, – abgesehen von Frankreich, wo Watteau, Boucher, Pater, Lancret, Oppenord, Meudon, Meissonier die Rokokokunst schufen – ein Zeitalter der trostlosesten Verkümmerung der Künste, besonders der Malerei. Der helle Freudentag der Renaissance, die nächtliche Orgie des Barock waren vorüber gerauscht, und mit wüstem Kopfe saß Europa unter trübem Himmel da und gähnte. O, so müde war man, so abgespannt und erschöpft, so leer, so zum Entsetzen leer und ausgemergelt! Schöpferische Ideen? Ein Königreich für einen gesunden, frischen, neuen Einfall! Nur, um nicht völlig einzuschlafen, hantiert man mit Pinsel, Farbe und Palette. Kann man nichts schaffen, so kann man zur Not doch kopieren und variieren. Die großen Italiener des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts, die unvergleichlichen Niederländer des siebzehnten haben ja so endlos viel hinterlassen, womit verarmte Erben sich ihr graues Elend ein wenig heraus staffieren können! …“

Erasmus von Rotterdam

„Die Fortschritte in der Philosophie, der Volkswirtschaft, der Kriegskunst, im Geschmack und den Sitten sind unstreitig ein fesselnderes Thema als Betrachtungen über Trottel im Purpurgewande, über Gaukler in der Bischofsmütze und jene Unterkönige, die man Minister nennt: von denen nur sehr wenige einen Platz im Andenken der Nachwelt verdienen. Wer aufmerksam in der Geschichte liest, der wird finden, daß dieselben Szenen oft wiederkehren; man braucht nur die Namen der handelnden Personen zu ändern. Hingegen die Entdeckung neuer Wahrheiten zu verfolgen, den Ursachen der Veränderungen in den Sitten nachzuspüren und die Anlässe zur Vertreibung der finsteren Barbarei zu erforschen, die sich der Aufklärung der Geister widersetzte: das sind sicherlich Gegenstände, der Beschäftigung aller denkenden Geister würdig.“ (Friedrich der Große)

Getreu diesem Gebot unseres Preußenkönigs bringen wir Panzertiere euch nicht nur Kunde von Schlacht und Kampf, sondern pflegen auch unsere deutsche Kunst und Kultur ein wenig. Kein geringer Teil davon stellt unser deutscher Geist dar und für den tat unser Erasmus von Rotterdam wahrlich viel. Er verfaßte rund 150 Bücher und schrieb 2000 Briefe, damals eine Art des geistigen Austausches mit den großen Geistern seiner Zeit – darunter Thomas Morus oder Martin Luther. Das Licht der Welt erblickte unser Erasmus 1466 in Rotterdam. Er führte später den Beinamen Desiderius, was dem Umstand geschuldet war, daß sein Vater Gerhard Kleriker war und daher seine Mutter Margaretha nicht heiraten durfte. Später wurde unser Erasmus selbst Mönch und Kleriker, da seine Vormünder sein Erbe durchgebracht hatten. Unser Denker wird natürlich mit dem Vortrag seiner Werke gefeiert. In seinem Gespräch „Der Frauensenat“ behandelt unser Erasmus das Problem der Weiberherrschaft – nachzulesen in den „Gemeinsamen Gesprächen“: https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10576099

„Cornelia.

Segen und Glück mög‘ es für diese Vereinigung und für die ganze Republik der Frauen bedeuten, daß ihr so zahlreich und eifrig heute euch eingestellt habt. Ich schöpfe daraus die Hoffnung, daß ein gütiger Gott einer jeden das eingeben werde, was zur Würde und zum Nutzen von uns allen dient. Ihr alle wißt, wie ich annehme, welche Einbuße wir dadurch erlitten haben, daß wir, während die Männer in täglichen Zusammenkünften ihre Angelegenheiten behandeln, bei Spinnrocken und Webstuhl sitzend unsere Sache im Stiche lassen. So ist es dahin gekommen, daß zwischen uns kein Band der Disziplin besteht und die Männer uns sozusagen als ihr Amüsement betrachten und uns kaum des Namens Mensch für würdig erachten. Fahren wir so weiter, so erratet ihr wohl selbst, wohin die Sache schließlich führen wird; ich scheue mich, Worte von so schlimmer Vorbedeutung auszusprechen. Lassen wir unsere Ehre beiseite, aber für unsere Erhaltung wenigstens müssen wir Sorge tragen. Jener weiseste aller Könige hat geschrieben: „Wo viele Ratgeber sind, da gehet es wohl zu“ In den Sprüchen Salomonis 11, 14. Die Bischöfe haben ihre Synoden, die Scharen der Mönche haben ihre Kapitel, die Soldaten ihre Versammlungen, auch die Diebe haben ihre Konventikel, und schließlich hält auch das Geschlecht der Ameisen seine Zusammenkünfte ab. Einzig und allein unter allen Lebewesen gehen wir Weiber keine Verbindung ein.

Margareta.

Mehr als sich schickt Das Verbum coire gestattet diese aristophanische Zweideutigkeit.

Cornelia.

Die Zeit zu Einreden ist noch nicht da, laßt mich zunächst zu Ende sprechen; die einzelnen werden dann schon noch zum Wort gelangen. Was wir tun, ist nichts Neues; wir rufen nur ein altes Beispiel wieder ins Leben. Irre ich nicht, so hat vor beiläufig dreizehnhundert Jahren der hochlöbliche Kaiser Heliogabal…

Perotta.

Der hochlöblich, von dem feststeht, daß er am Haken geschleppt und in die Kloake geworfen worden ist!

Cornelia.

Schon wieder werde ich unterbrochen. Wenn wir deswegen einen Menschen loben oder tadeln wollen, so können wir auch Christum schmähen, weil er ans Kreuz geheftet worden ist, dagegen den Domitius einen frommen Mann nennen, weil er zu Hause verstorben ist. Und doch wird dem Heliogabal nichts Ärgeres vorgeworfen, als daß er das von den Vestalinnen behütete Feuer zu Boden warf und daß er in seiner Hauskapelle die Bilder von Moses und Christus aufgestellt hatte. Dieser Heliogabal nun verfügte, daß, wie der Kaiser mit den Seinen einen Senat hatte, worin er über die allgemeinen Angelegenheiten beriet, so auch seine erlauchte kaiserliche Mutter ihren Senat haben sollte, in dem über die Angelegenheiten des weiblichen Geschlechts verhandelt würde; die Männer nannten ihn zum Unterschied vom anderen und zum Spott das Senätlein. Dieses so viele Jahrhundert hindurch unterbrochene Beispiel hätten wir längst schon erneuern sollen. Und keine mag es aufregen, daß der Apostel Paulus der Frau das Sprechen in der Versammlung verboten hat, die er Kirche nennt: er spricht von der Versammlung von Männern; hier dagegen handelt es sich um eine Versammlung von Frauen. Übrigens, wenn die Frauen immer schweigen sollten, wozu hat uns denn die Natur Zungen gegeben, die an Geläufigkeit denen der Männer keineswegs nachstehen, und wozu eine ebenso sonore Stimme? Freilich tönt die Stimme der Männer rauer und erinnert mehr an Esel als unsere. Dafür aber müssen wir alle sorgen, daß wir mit Ernsthaftigkeit unsere Sache behandeln, damit die Männer nicht wieder von einem Senätlein sprechen können oder gar noch einen schimpflicheren Nebennamen aushecken, spottsüchtig wie sie gegen uns nun einmal sind. Dürfte man freilich ihre Versammlungen der Wahrheit nach einschätzen, so würden sie uns noch mehr als weibisch erscheinen. So sehen wir die Monarchen schon seit so vielen Jahren nichts tun als Krieg führen; zwischen den Theologen, den Priestern, den Bischöfen und dem Volk gibt es keine Eintracht: soviel Köpfe, soviel Meinungen. Mehr als weibliche Unbeständigkeit wohnt in ihnen. Stadt steht gegen Stadt, Nachbar gegen Nachbar. Wären uns die Zügel der Regierung anvertraut, die menschlichen Angelegenheiten würden sich – ich müßte mich denn sehr täuschen – weit erträglicher gestalten. Vielleicht schickt es sich für eine Frau nicht, so viele hochstehende Männer der Torheit zu bezichtigen, aber ich meine, es sei gestattet, das zu zitieren, was Salomon im 13. Kapitel schreibt: „Unter den Stolzen ist immer Hader; aber Weisheit ist bei denen, die sich raten lassen.“ Aber um euch nicht länger mit meiner Einleitung hinzuhalten, so wird an erster Stelle zu beraten sein, welche Frauen der Versammlung beiwohnen sollen und welche zu entfernen sind. Denn ist die Schar zu groß, so entsteht leichter Verwirrung als Beratung; während andererseits eine Tagung bloß Weniger etwas Tyrannisches an sich hat. Ich für meine Person bin der Meinung, es sei keine Jungfrau aufzunehmen, weil doch vieles vorkommt, was sich für ihre Ohren nicht schickt.

Julia.

Woran soll man die Jungfrauen erkennen? Sollen einfach die als Jungfrauen angesehen werden, welche einen Kranz tragen?

Cornelia.

Nein. Aber ich bin der Ansicht, man solle nur verheiratete Frauen zulassen.

Julia.

Auch unter den Verheirateten gibt es Jungfrauen, wenn sie eunuchenhafte Männer haben.

Cornelia.

Doch soll der Ehe diese Ehre erwiesen werden, daß die Verheirateten für Frauen angesehen werden.

Julia.

Wenn wir aber einzig und allein die Jungfrauen ausschließen, so wird die Menge der Aufzunehmenden noch ungeheuer groß und die Zahl nur wenig vermindert sein.

Cornelia.

Auch diejenigen, welche mehr als dreimal verheiratet sind, sollen ausgeschlossen werden.

Julia.

Weshalb das?

Cornelia.

Weil man ihnen als ausgedienten Soldaten den Abschied schuldet. Dasselbe schlage ich vor für die über siebzig Jahre alten. Festzusetzen ist auch, daß keine Frau von ihrem Manne persönlich allzu ungeniert spricht; man mag dies mehr allgemein tun, aber mit der gebotenen Mäßigung und ohne Übertreibung.

Catharina.

Warum soll uns nicht gestattet sein, hier freimütig über die Männer zu sprechen, da diese doch beständig über uns sprechen? Wenn mein Titius einmal am Tisch lustig zu sein sich bemüht, so erzählt er, was er mit mir des Nachts getrieben hat und was ich gesagt habe, und nicht selten übertreibt er tüchtig.

Cornelia.

Wenn wir der Wahrheit die Ehre geben wollen, so hängt unsere Würde von den Männern ab; stellen wir sie bloß, was tun wir dann anderes als uns selbst entehren? Wenn wir aber auch nicht geringe Gründe zu gerechter Klage haben, so ist doch, wenn man alles ins Auge faßt, unsere Lage der ihrigen vorzuziehen. Während sie, um ein Vermögen zu gewinnen, durch alle Länder und Meere ziehen, oft mit Lebensgefahr, und bei Krieg, wenn die Trompete mahnt, eisengerüstet in der Schlachtreihe stehen, sitzen wir sicher zu Hause. Vergehen sie sich in etwas gegen die Gesetze, so wird das schwerer an ihnen geahndet; unser Geschlecht schont man. Schließlich liegt es großenteils an uns, ob wir angenehme Ehemänner haben. – Es erübrigt noch, über die Sitzordnung zu beschließen, damit uns nicht begegne, was bei den Gesandten der Könige, Fürsten und Päpste häufig vorkommt, die bei Versammlungen drei volle Monate hin und her streiten, bevor sie Sitzung halten können. Ich bin also der Meinung, der erste Platz gebühre den Adligen, und unter diesen wieder sollen die den Vortritt haben, welche vier Quartiere, dann die drei, die zwei, die eins und schließlich die ein halbes aufzuweisen haben Auf der Ahnentafel.. In den einzelnen Abteilungen würde der Platz nach der Anciennität angewiesen. Bastardinnen sollen auf ihrer jeweiligen Ranglinie den letzten Platz einnehmen. In der zweiten Abteilung der Versammlung würden die bürgerlichen Frauen sitzen. Die ersten Plätze fallen hier denen zu, die die meisten Kinder zur Welt gebracht haben. Bei gleicher Zahl entscheidet das Alter. Endlich die dritte Abteilung würde aus denen bestehen, die noch nicht geboren haben…“

Kaiser Heinrich der Dritte

Heute (im Jahre 1016) wurde unser alter deutscher Kaiser Heinrich der Dritte geboren, der von 1039 bis 1056 regiert hat und sich allzeit als Mehrer und Schirmer unseres alten deutschen Reiches gezeigt hat. Der Sohn Kaiser Konrads des Zweiten und der Gisela von Schwaben bestieg unangefochten den väterlichen Thron. Er führte dessen kraftvolle Regierung fort und schlug im Osten den Polen, Böhmen und Ungarn aufs Haupt und zwar so sehr, daß deren Herrscher seine Lehensleute wurden. In unserem alten deutschen Reich selbst fand er wenig Widerstand, einzig Herzog Gottfried von Lothringen wagte es ihm zu trotzen. Doch ging er rasch seines Herzogtums darüber verlustig. In Italien setzte sich unser Kaiser Heinrich der Dritte mühelos durch und erlangte 1046 die römische Kaiserwürde. Er setzte gleich drei Päpste ab und erhob getreue Kleriker an deren Stelle. Schwer sollten die Pfaffen seine Machtfülle an seinem Sohn und Nachfolger Heinrich den Vierten dereinst rächen… Als Braut führte unser Kaiser Heinrich der Dritte im Jahre 1043 Agnes von Poitou heim, mit der er sechs Kinder zeugte. Nachzulesen gibt es die Geschichte unseres Kaisers Heinrichs des Dritten unter anderem bei unserem Geschichtsschreiber Lampert von Hersfeld in seinen Jahrbüchern. Schon damals gierten die Welschen nach unserem deutschen Rhein, haben sich jedoch an unserem Kaiser Heinrich die Zähne ausgebissen (wenn man damals auch noch auf Pferdehufen nach Gallien fahren mußte und dies noch nicht auf Ketten tun konnte): https://archive.org/details/diejahrbcherdes00wattgoog

„MLVI sah der damalige Kanzler Gunther ein merkwürdiges Gesicht: den Herrn sitzend auf dem Throne seiner Herrlichkeit und mit hocherhobenem Arme ein bloßes Schwert mit großer Wucht schwingend, wobei er zu den Umstehenden sprach: Ich werde Rache nehmen an meinen Feinden und denen, die mich hassen, vergelten. Diesem Gesichte folgte also bald eine große Sterblichkeit der Fürsten des Reichs. Und nach Erfüllung desselben sah er nochmals in gleicher Weise den Herrn sitzen, doch hatte er nun das Schwert wieder in die Scheide gesteckt und über seine Knie gelegt, und sprach zu den Umstehenden: Das Feuer ist angegangen durch meinen Zorn und wird brennen bis in die unterste Holle. Der Bischof Hermann von Köln starb; ihm folgte Anno, der Propst von Goslar. Der Kaiser feierte nach seiner Zurückkunft aus Italien das heilige Osterfest in Paderborn, rastete kurze Zeit in Goslar und begab sich hierauf nach dem Flecken Civois, welcher an der Grenze des Reichs der Welschen und Deutschen liegt, zu einer Unterredung mit dem Könige der Welschen. Von diesem wurde ihm auf schimpfliche und feindselige Weise vorgeworfen, daß er ihn oft und viel belogen, und einen sehr großen Teil des Frankenreichs, dessen sich seine Väter durch List bemächtigt hätten, wieder herauszugeben so lange verschoben habe. Als aber der Kaiser sich bereit erklärte, durch einen Zweikampf mit ihm diese Vorwürfe zu widerlegen, entfloh jener heimlich in der nächstfolgenden Nacht und zog sich in sein Land zurück.

MXLII. König Heinrich überzog im Winter Burgund, nahm viele der Fürsten, die sich ihm unterwarfen, auf, und entschied Mehreres nach den Gesetzen. – Ovo, der Tyrann von Ungarn, verwüstete, wegen der Aufnahme Peters durch unsern König, mit seinem in zwei Züge geteilten Heere das bayrische Land auf beiden Seiten der Donau mit Plünderung und Brand. Allein ein Teil seines Heeres wurde auf der nördlichen Seite der Donau von unserm Markgraf Adalbert und dessen Sohne Liutpold bis auf den letzten Mann niedergehauen. Auch König Heinrich, welcher im Herbst nach Ungarn ging, zerstörte Heimenburg und Brezesburg, und die Nordseite der Donau, weil die südliche Flüsse und Sümpfe schützten, verwüstete er bis an die Gran und brachte sie zur Unterwerfung; ein Teil der Armee traf zweimal mit den anstürmenden Ungarn zusammen und richtete große Niederlagen an. Und da nach Unterwerfung jener Landesteile die Ungarn den Peter nicht wieder annehmen wollten, so setzte er ihnen einen andern der Ihrigen, der als Verbannter bei den Böhmen lebte, zum Herzog; den jedoch Ovo sogleich nach Entfernung des Königs, weil er keinen Widerstand zu leisten vermochte, nach Böhmen zurücktrieb. Der Patriarch Poppo zu Aquileia starb und ihm folgte vom König befördert Eberhard, ein Augsburger Domherr.

MXLIII. Die Kaiserin Gisela starb am 14. Februar zu Goslar, obgleich sie von Wahrsagern, die ihr zuweilen Wahres verkündeten, getäuscht glaubte, sie würde ihren Sohn überleben, an der Ruhr, und wurde zu Speyer neben ihrem Gemahl dem Kaiser begraben. Ein regenreicher Sommer verursachte Mangel an Früchten und Wein. – König Heinrich ging wieder nach Ungarn, erhielt von Ovo, der einen Vertrag kaum erlangte, Genugtuung, Geiseln, Geschenke und einen Teil des Reichs bis zum Fluß Leitha, und zog ab. Von da kam er nach Alamannien, und erließ auf der Konstanzer Synode zuerst selbst allen, welche sich gegen ihn vergangen hatten, die ganze Schuld. Dann söhnte er in der Absicht dasselbe später auch in den andern Ortschaften seines Reiches zu bewirken durch Bitten und Ermahnungen alle anwesenden Schwaben mit einander aus, so daß die Schuld und Feindschaften aufgaben, stellte den seit vielen Jahrhunderten unerhörten Frieden her und bestätigte ihn durch ein Edikt. Darauf empfing er Agnes, die Tochter Wilhelms von Poitou, seine Braut, ließ sie zu Mainz als Königin falben, und feierte das königliche Beilager zu Ingelheim, und durch Nichtachtung der eiteln Gunst der Schauspieler stellte er für Alle ein nützliches Beispiel auf indem er sie leer und traurig entließ. Als dort auch Liutpold, Sohn des Markgrafen Adalbert, ein Jüngling von großer Tugend und Frömmigkeit, von dem König selbst zum Markgrafen befördert worden war und nach wenigen Tagen starb, so wurde er zu Trier von seinem Vatersbruder dem Erzbischof Poppo begraben…“

Die Befreiung von Metz und die Aufgabe der gallischen Rheinarmee

„Die Belagerungskunst ist zum Handwerk geworden wie das Tischler- oder Uhrmacherhandwerk. Bestimmte untrügliche Regeln haben sich herausgebildet, nach denen alles stets denselben Gang geht. Die gleiche Theorie wird immer wieder auf den gleichen Fall angewandt. So weiß jedermann, daß für das Depot am Ende des Laufgrabens ein gedeckter Platz angelegt wird, daß man die erste Parallele so nahe wie möglich an den gedeckten Weg heranschiebt, daß man, außer bei besonderer Eile, Sappen benutzt, um die Leute zu schonen, daß man Schächte gräbt, um die Minen zu entdecken, daß man die Minen des Feindes ausbläst, daß man die Überschwemmungen nach vorheriger Nivellierung des Geländes abläßt, daß man stets den schwächsten Punkt angreift, daß die ersten Batterien das Geschütz des Verteidigers zum Schweigen bringen, daß man in dem Maße, wie man neue Parallelen anlegt, auch die Batterien näher an die Festung heranrückt, daß man bei der zweiten oder dritten Parallele Rikoschettbatterien errichtet, um die Wallinien zu bestreichen, daß man, sobald man auf dem Glacis ist, die Kontreskarpe stürmt und auf ihr Batterien errichtet, um in die vor dem Hauptwall liegenden Werte Bresche zu schießen, daß man diese Werte durch neue Sturmangriffe nimmt, bis man an die Kernumwallung herankommt, die man durch neue Batterien breschiert, um schließlich durch die Sturmgasse zum Hauptsturm zu schreiten, und daß der Kommandant dann kapituliert und die Stadt übergibt. Das alles ist genauer Berechnung unterworfen, sodaß man, auch wenn man abwesend ist, ziemlich genau ausrechnen kann, an welchem Tage etwa sich die Festung ergeben wird, sofern nicht außergewöhnliche Umstände eintreten oder ein besonders tüchtiger Kommandant die Fortschritte der Belagerer durch die Zähigkeit seines Widerstandes länger als gewöhnlich aufhält.“ (Friedrich der Große, „Generalprinzipien des Krieges“)

Der welsche Monty Bazaine hätte sich also 1870 denken können, daß es kein sonderlich kluger Einfall von ihm gewesen ist, sich mit seiner Rheinarmee in die Festung Metz zu werfen. Diese war zwar stark befestigt und bestückt, verfügte aber keinesfalls über die nötigen Vorräte, um 200,000 welche Kriegsknechte über eine längere Zeit versorgen zu können. Dazu fehlte es an geeigneten Unterkünften. Hunger und Krankheit machten daher den welschen in der 72tägigen Belagerung von Metz weitaus mehr zu schaffen als wir Deutschen. Denn unser Prinz Friedrich Karl von Preußen begnügte sich mit unserer I. und II Armee der bloßen Einschließung von Metz und ließ dann die beiden Reiter der Götterdämmerung ihre Arbeit vollbringen. Denn bereits Anfang September wurde das welsche Entsatzheer bei Sedan geschlagen, eingekesselt und zur Aufgabe gezwungen. Mit einem weiteren Entsatzversuch war daher nicht mehr zu rechnen, zumal wir die Belagerung der welschen Hauptstadt Paris in Angriff nahmen. Den großen Ausbruchsversuch der Welschen vereitelte unser Feldmarschall Edwin von Manteuffel in der Schlacht von Noisseville. Gewiß, die Umzingelung ließ unsere Linien verhältnismäßig dünn erscheinen und an jedem beliebigen Punkt hätten die Welschen mit erdrückender taktischer Übermacht angreifen und den Durchbruch erzwingen können. Doch tat der welsche Monty Bazaine nicht und mußte so Ende Oktober die Waffen strecken. Mit 200,000 Mann ging die welsche Rheinarmee in die Gefangenschaft und wir erbeuteten 56 Feldzeichen, 1500 Geschütze und 260,000 Infanteriewaffen. Freiwillig hat sich der welsche Monty allerdings nicht nach Metz geworfen, sondern wurde durch die Schlachten von Colombey, Mars-la-Tour und Gravelotte in jene zurückgedrängt. Bei unserem Geschichtsschreiber Colmar von der Goltz geht in „Die Operationen der II. Armee. Vom Beginne des Krieges bis zur Kapitulation vom Metz“ nunmehr die Belagerung von Metz ihrem Ende entgegen: https://archive.org/details/feldzug187071vom01golt

„General von Fransecky wurde ferner ersucht, sich betreffs der Dislozierung seiner Truppen auf dem linken Moselufer mit General von Manstein in Verbindung zu setzen. Es sei hier hinzugefügt, daß diese Anordnungen des Oberkommandos in der Folge in sofern eine Abänderung erlitten, als sich aus Eisenbahntechnischen Gründen am 25. die Transporte noch nicht bewerkstelligen ließen, diese vielmehr erst am 26. Nachmittags zwei Uhr zwölf Minuten beginnen konnten. Der Fahrplan wurde dem II. Armeekorps am 25. zugestellt, das danach mit dem sukzessiven Abmarsche der einzelnen Truppenteile aus der Zernierungsstellung begann. Am 24. um ein Uhr Nachmittags erließ Prinz Friedrich Carl ferner folgenden Armeebefehl: „Morgen früh um sieben Uhr stehen sämtliche Truppen der Zernierungsarmee in ihren Gefechtsstellungen und rücken erst wieder ein, wenn der Vormittag ruhig verläuft. Der General der Kavallerie. Gezeichnet Friedrich Carl.“ Generalleutnant von Hartmann sollte am XXV. die Reserven des Zernierungsdetaschements vor Thionville, auf dem linken Ufer oberhalb der Festung versammeln, zahlreiche Kavallerie aber zur Verwendung auf dem nördlich der mittleren Orne gelegenen Plateau bereit halten. Die III. Kavalleriedivision wurde ferner noch am 24. in das Moseltal (Noveant – Arnaville) herangezogen, um eventuell am 25. das Plateau links der Mosel erreichen zu können. Das IX. Armeekorps sollte die erste Linie bei Jussy durch zwei Bataillone der 25. (Großherzoglich Hessischen) Division verstärken. Diese letzten Maßregeln hatten ihren Grund in der von vielen Überläufern gemachten Angabe, die eingeschlossene Armee werde in südwestlicher Richtung (über Vaux und Gravelotte) eine verzweifelte Anstrengung machen, um zu entkommen. Die Abwehr des Feindes und auch die Verfolgung einzelner vielleicht sich durchschlagender Teile war in dieser Weise hinlänglich vorbereitet. Der 24. Oktober verging übrigens in tiefster Stille. Anstalten für die Waffenentscheidung wurden im Bereich der Festung auch heute nicht bemerkt. Der Feind begann sogar zum Beispiel bei Woippy seine äußeren Werke zu desarmieren und die Geschütze nach Metz hineinzuschaffen. Auf den Wällen des Forts Sankt Privat zeigten sich die Posten völlig ungedeckt. Am Nachmittag wurde einem Gefangenen die Nummer des Independant de la Moselle vom 24. abgenommen, aus welcher bereits weiter oben der Leitartikel wiedergegeben worden ist. Das Blatt enthielt viel Bemerkenswertes; unter Anderem einen Bericht über die Sitzung des Munizipalrats von Metz, die am 22. stattgefunden hatte. Die dabei gepflogenen Verhandlungen erklärten die beim Feinde auch jetzt herrschende Ruhe voll kommen. Der Bericht war mit folgenden Worten eingeleitet: „La seance du Conseil municipal de samedi (22) a ete portee hier a la connaissance du public par le „Journal de Metz“. Nous n’avons plus à en retarder la publication. Malgre le triste aveu, quelle renferme, nous ne perdrons pas confiance; un jour, une heure peuvent complètement changer la situation!“ Das sagte genug. In der Sitzung selbst war General Coffinieres erschienen und hatte den Vorsitz geführt. Gegenstand der Beratung war die Requisition und der Ankauf der im Privatbesitze befindlichen Pferde, da die Armee für die Ernährung der Stadt deren keine mehr herzugeben vermochte. Auch die Brotvorräte neigten sich schnell dem Ende zu. Bei der Interpellation eines Herrn Prost „ob auf die Ankunft einer Hilfsarmee zu hoffen sei“ hatte der General erklärt, daß es die Pflicht eines Platzkommandanten wäre, so lange als möglich Widerstand zu leisten, auch wenn jene Aussicht fortfiele. „Frage man ihn aber um seine persönliche Meinung – fügte er dabei hinzu – so müsse er antworten, daß man mit Recht nicht auf Entsatz rechnen dürfe.“ Zum Schluß hatte sich General Coffinieres von dem Munizipalrat mit folgenden Worten verabschiedet: ,,Dans un tres-petit nombre de jours toutes nos ressources seront epuisees; nous n’avons pas, il est vrai, subi un siege regulier, grace a la presence de l’armee, mais cette armee a combattu autour de nous, comme la garnison de la place l’aurait fait dans un siege, et notre situation est aujourd’hui au point de vue des approvisionne ments ce qu’elle serait à la fin de la lutte.“ Auf den Bericht folgte dann die Anführung der von dem Kommandanten getroffenen Maßnahmen. Es war dies die Niedersetzung einer Kommission, welche im Innern der Stadt und in den, mit dieser gemeinsam zernierten. Vorstädten die Requisitionen der im Privatbesitz befindlichen Pferde, sowie die Feststellung der Entschädigungssummen zu besorgen hatte. Ferner brachte das Blatt, aus dem ,,Voeu national“ abgedruckt. eine Art Abschied an die Armee du Rhin, der mit den Worten begann: ,,L’armae qui est devant Metz, va quitter ses cantonnements. Demain peut-etre elle sera partie pour une destination encore inneonnue.“ Dieser tiefe Einblick in die Lage des Gegners erschien besonders wertvoll, als gegen Abend des 24. Oktober Marschall Bazaine in seinem und seiner Korpskommandanten Namen den Prinzen Friedrich Carl schriftlich bat, dem General Changarnier eine Audienz zu gewähren. Wenn dies nun geschah, nachdem die Anstrengungen des General Bayer zu keinem Resultate geführt, so konnte es sich nur noch um einfache militärische Kapitulation handeln, nicht mehr um diplomatischen Ausgleich. Damit aber stand die Zernierungsarmee an dem Ziele, das sie seit dem 19. August, allen Hindernissen zum Trotz, unwandelbar erstrebt hatte…“

Feldmarschall August Neidhardt von Gneisenau

Heute gibt es wahrlich etwas zu feiern: Unser preußischer Feldmarschall August Neidhardt von Gneisenau wurde heute geboren (1760 in Schildau). Bekannt durch seine umfangreiche Tätigkeit als preußischer Heeresreformer und durch seine Teilnahme an den Befreiungskriegen gegen Napoleon, in denen er Blücher als Stabschef diente. Mit unserem Kriegsphilosophen Carl von Clausewitz war unser Feldmarschall Gneisenau gut befreundet und versuchte daher auch den zürnenden König Friedrich Wilhelm III. von Preußen mit diesem zu versöhnen:

„Ich erhalte eine andere Bestimmung und soll an die Spitze der eigentlichen schlesischen Verteidigungsanstalten gestellt werden. Zu dem Ende befinde ich mich bereits hier, um in Zeit von einer Stunde mich zu der Person des Königs in Neudorf, eine Stunde Weges von hier, zu verfügen. Bei dieser Gelegenheit werde ich einen ernstlichen Versuch machen, um Clausewitz als Chef meines Generalstabes wieder in preußische Dienste zu ziehen.“

Der Grund des königlichen Zorns bestand darin, daß unser Clausewitz 1812 in russische Dienste getreten ist, um gegen Napoleon zu kämpfen. Daher mußte unser Gneisenau nun den zornigen König beschwichtigen. Das tun wir Kriegs- und Panzerfreunde immer und so versuchte später auch unser Panzerheinz Guderian meine Rückberufung durch den Autobahnbauer zu erreichen, womit er allerdings noch weniger Erfolg hatte als damals unser Gneisenau. Zur Feier des Tages lasse ich nun unseren Clausewitz ein paar Worte zum Nutzen der preußischen Landwehr sagen, deren Aufbau und Gedeihen unseren Feldmarschall Gneisenau sehr am Herzen lag:

„Die Landwehreinrichtung, indem sie eine bedeutende Masse des Volkes, nämlich etwa einen Dritteil aller waffenfähigen Männer, in regelmäßige Regimenter zusammenstellt, ihnen Offiziere aus ihrer Mitte gibt und die Waffen in offenen Zeughäusern unter ihnen niederlegt, gibt offenbar dem Volke die Waffen in die Hände. Das Volk ist, wie alle Völker, schwer ganz zufriedenzustellen; man kann sogar sagen, im strengsten Sinne würde dies ganz unmöglich sein. Jetzt aber ist ein Zeitpunkt, der sich durch ein unruhiges Streben und einen Geist der Unzufriedenheit mit der Regierung auszeichnet, es ist also jetzt doppelt gefährlich, dem Volke die Waffen in die Hand zu geben. Jede Regierung muß in Zeiten der inneren Bewegungen und des Widerstandes der unteren Klassen darauf gefaßt sein, nachdem alle Mittel der Überredung und Weisheit fruchtlos geblieben sind, das Schwert als die letzte Stütze ihres Rechtes und ihres Verhältnisses anzusehen. Dieses Schwert aber ist eine schwache Stütze, wenn sie es nicht allein führt, wenn der widerspenstige Haufe ebensogut wie sie mit demselben umgürtet ist. Die Reihe dieser Sätze und Schlüsse wollen wir in ihrer inneren Wahrheit nicht angreifen, sondern wir wollen nur das Gegengewicht aufsuchen, was vorhanden ist und was ihre Wirkung auf der Waage der Wahrheit und Weisheit ebensogut aufhebt, als ob sie selbst vernichtet würden. Die Bewaffnung des Volkes, d. h. die Landwehreinrichtung, gibt einen Widerstand nach außen, der durch kein stehendes Heer erreicht werden kann. Welche Einrichtungen man auch trifft, niemals wird man die Streitkraft durch ein stehendes Heer mit denselben Finanzmitteln, mit denselben Aufopferungen von seiten der Untertanen zu der Höhe bringen, wohin das Landwehrsystem sie führt. Wer dies absolut leugnet, mit dem müssen wir Überlegungen anderer Art anstellen, als wir uns hier vorgesetzt haben. Nur mit denjenigen können wir die Diskussion fortsetzen, welche diesen Satz einstweilen zugestehen, für welchen, abgesehen von den Beweismitteln a priori, die Erfahrungen der Jahre 1806 und 1813, nebeneinander gestellt, ein starkes Zeugnis ablegen. Die Landwehr vermehrt die Gefahr einer Revolution; die Entwaffnung der Landwehr vermehrt die Gefahr einer Invasion. Welche von beiden ist nach historischen Zeugnissen die größere? Wo soll man in Deutschland die revolutionären Heere suchen, die in Italien, Frankreich und England sich so häufig vorfinden? In welchem Jahrhundert, in welcher Provinz? Ich dächte, das Mißtrauen müßte sich bei dieser Frage beschämt fühlen. Sind es etwa vorzüglich die preußischen Länder, in denen das so ruhige, unblutige Deutschland noch am unruhigsten und gewaltsamsten war? Ist es etwa vorzüglich das achtzehnte Jahrhundert gewesen? Von einer Revolution, von einer wahrhaften Rebellion wissen wir nichts. Wissen wir auch nichts von einer Invasion? Wenn es also in gewisser Beziehung gewagt sein mag, ein bewaffnetes Volk zu haben, ist es nicht viel gewagter, ein unbewaffnetes zu beherrschen? Die gewissenhafte Beantwortung dieser ersten Frage möchten wir denen ans Herz legen, welche vom unbequemen Bedürfnisse des nächsten Augenblickes sich fortreißen lassen. Der zweite Punkt, den wir etwas ins Klare setzen wollen, ist das Verhältnis, in welchem die Entwaffnung des Volkes zur inneren Ruhe und zur Sicherheit der Regierung steht, um dadurch das Maß der Vorteile zu bestimmen, welche man durch die Entwaffnung erhält, und mit diesem das Gegengewicht zu vergleichen. Sind es die Waffen, worauf es allein oder hauptsächlich ankommt? Sind die Tiroler weniger gute Untertanen gewesen, weil sie bewaffnet waren? War das französische Volk im Jahre 1789 bewaffnet? Ferner: Sind Landwehr und stehendes Heer, politisch genommen, auch wirklich wahre Gegensätze, wie man vorgibt? Ist es so leicht, den Geist des Volkes, wenn er anfängt, sich zu verderben, vom stehenden Heere auszuschließen? War das stehende Heer Ludwigs XVI. nicht ein solches in der höchsten Potenz und ist es nicht vom Geiste der Revolution zusammengeschmolzen und vernichtet worden wie der Schnee im Frühjahre? Können wir also die Aufhebung der Landwehr und die Vergrößerung des stehenden Heeres als den Talisman gegen den Brand einer Revolution betrachten, wenn zu dieser schon alle Funken bereitliegen? Offenbar wäre nichts so verderblich als dieser Glaube. Das Schwert, auf welches sich eine von dem trunkenen Geiste eines verführten Volkes angegriffene Regierung in letzter Instanz stützen muß, ist die kriegerische Persönlichkeit des Herrschers und seiner Familie in Verbindung mit einem tugendhaften Willen. Für diese beiden Dinge wird sich immer eine Schar von Männern finden, die, vom Gefühle des Rechtes durchdrungen, sich eng an den Thron anschließen. Dieses Äußerste ist hier bloß berührt, um damit anzudeuten, daß wir nicht meinen, eine sich immer beschleunigende Bewegung des Nachgebens, eine unerschöpfliche Sanftmut im Märtyrertum der Duldung sei das einzige oder wahre Beschwörungsmittel; sonst aber scheint es uns ziemlich unnütz, von diesem Äußersten zu reden, solange noch gar kein Kampf vorhanden ist. Die Formel stehendes Heer ist es also nicht, welche das Unglück beschwören könnte, wenn es im Anzuge wäre; die Bewaffnung der Landwehr ist es nicht, welche den Schwerpunkt der Gefahr bildet. Eine redliche und kluge Behandlung von Heer, Landwehr und Volk kann allein die Elemente der Treue und Anhänglichkeit in allen dreien erhalten und vermehren; ohne diese ist nirgends Sicherheit und über die Kraft dieser hinaus reicht auch nicht die Gefahr einer Landwehr…“

Die Briefe unseres Geneisenaus geben uns einen tiefen Einblick in sein strategisch-operatives Denken und so lasse ich unseren verehrten Herrn Feldmarschall seine Überlegungen zum Feldzug gegen die Gallier im Jahre 1814 darlegen:

„Nancy ist unser! Der Feind ist des Widerstandes unfähig. Sein Verteidigungssystem ist wurmstichig geworden. Die Einwohner haben unsere Truppen mit Freuden aufgenommen. Aufstand in Massen, Landsturm, Kohorten! Nichts will mehr fruchten. Das Unglück Napoleons hat ihn dem betrogenen Volk verhaßt gemacht, so wie früher sein Glück selbes blendete. Wir mögen ohne große Gefahren und Anstrengungen in Paris anlangen. Eine letzte Schlacht wird weder blutig noch gefährlich sein. Als treue Waffengefährten sind wir bereit zu allem, was der Herr Fürst wünschen wird, mitzuwirken. Rechnen Sie auf alles, was in unseren Kräften steht. Sie, liebe Exzellenz, kennen die Gesetze der Kriegskunst besser als ich und wissen so wohl als ich, daß es häufig Vorteil bringt, davon abzuweichen oder vielmehr die Abweichung zur eigentlichen Regel zu erheben. Der Fall scheint mir jetzt eingetreten. Wir haben am Rhein Truppen stehen, deren Zahl zusammengenommen eine furchtbare Armee ausmachen würde. Und zu welchem Zweck? Um Straßburg und Mainz zu beobachten. Wir haben nach Paris vierzehn Märsche; es reichen achtzehn Tage hin, diese Märsche zu vollenden, eine Schlacht zu liefern und einen Waffenstillstand vorzuschreiben. Um des Sieges ganz gewiß zu sein, warum sollten wir nicht alles, was wir am Rhein haben, konzentrisch auf Paris nachrücken lassen! Der höchste Nachteil, so daraus entstehen könnte, wäre, daß die Garnisonen der genannten Plätze Exkursionen in das benachbarte Land (immer nicht sehr weit) machten. Diesen würde der Landsturm steuern und sie erschweren. Zur Sicherheit der nachrückenden Truppendetachements könnte man die nördlich des Mains marschierenden in Kassel, jene südlich dieses Flusses in Ulm vereinigen und in stärkeren Abteilungen dem Rhein zumarschieren lassen. Munitionsvorräte wegen Armeen im Rücken aufzustellen, scheint mir eine Truppenverschwendung. Wenige hundert Wagen führen die für eine zweite und dritte Schlacht nötige Munition mit sich, wie sich aus einer leichten Berechnung ergibt. Diese muß die Armee sogleich mit sich führen. Dafür kam man aus unserem Trotz eine Menge Wagen ausscheiden. Ob die Armee, welche der etwa bis Melun vorgerückten Hauptarmee Flanken und Rücken decken soll, in Chalons-sur-Marne stehe oder am Oberrhein, ist an und für sich gleichgültig, wenn nur der Zweck erreicht wird. Aber in unserem besondern Fall, wo es es auf eine einzige Schlacht ankommt, um uns zu vollständigen Siegern zu machen und uns in den Stand zu setzen, einen Frieden vorzuschreiben, wie wir ihn bedürfen, steht diese Deckungsarmee besser in Chalons als am Rhein, das wir solche dann zur Schlacht heranziehen können und den Verlust derselben dadurch unmöglich zu machen vermögen. Euer Exzellenz erlauchter Einsicht und langer Kriegserfahrung unterwerfe ich diese meine Ideen. Mancher schulgerechte Kriegskünstler, der den Krieg mit regelmäßigen Belagerungen vom Rhein ab systematisch in das Innere von Frankreich hineinführen möchte und dadurch den Krieg verlängern, dessen Wechselfälle vermehren und uns erschöpfen würde, müßte über meine Verwegenheit das Verdammungsurteil sprechen und meine Idee eine exzentrische nennen. Solche Urteile würden meine Überzeugung nicht ändern. Wenn aber ein Mann wie Sie, Herr Feldmarschall-Leutnant, meine Behauptung mit Gründen widerlegt, die aus einer höheren Ansicht der Dinge geschöpft sind, so will ich meine Ansicht aufgeben. Ein vorübergehender Nachteil untergeordnet werden. Jener ist die Preisgebung einiger Quadratmeilen, dieser aber ist die Vorschreibung eines Friedens, wie ihn die Ruhe der Völker und die Sicherheit der Throne bedarf…“

Feldmarschall Helmuth von Moltke der Ältere

„Es wird die Zeit sein, in welcher man sich aller Konstruktionen des Weltprozesses oder auch der Menschheits-Geschichte weislich enthält, eine Zeit, in welcher man überhaupt nicht mehr die Massen betrachtet, sondern wieder die Einzelnen, die eine Art von Brücke über den wüsten Strom des Werdens bilden. Diese setzen nicht etwa einen Prozess fort, sondern leben zeitlos-gleichzeitig, Dank der Geschichte, die ein solches Zusammenwirken zulässt, sie leben als die Genialen-Republik, von der einmal Schopenhauer erzählt; ein Riese ruft dem anderen durch die öden Zwischenräume der Zeiten zu, und ungestört durch mutwilliges lärmendes Gezwerge, welches unter ihnen wegkriecht, setzt sich das hohe Geistergespräch fort.“

Sagt Nietzsche in seinen Unzeitgemäßen Betrachtungen und daß dem wirklich so ist, zeigt unser heutiges Geburtstagskind Moltke der Ältere (geborgen 1800 in einem Mecklenburgischen Städtchen namens Parchim). Dessen Gedanken über die Wirkung der Feuerwaffen griff nämlich unser Panzerheinz Guderian in seinem berühmten Buch „Achtung Panzer!“ auf:

„Nach Generalfeldmarschall Graf von Moltke besitzt die Feuerwirkung einen offensiven Charakter: „Sie kann unter Umständen absolut vernichtend und sonach selbstständig entscheidend werden.“ Er hielt die Infanterie in der Front bereits damals durch ihr Schnellfeuer dem Angriff auch des verwegensten Gegners gewachsen und sagte: „Die blanke Waffe des Angreifers vermag nichts gegen sie, und selbst sein ebenso gutes Gewehr tritt in den entschiedensten Nachteil, sobald er während der Bewegung auf eine ruhige Handhabung desselben verzichten muß.“

Ursprünglich diente unser Moltke beim dänischen Heer, seit 1822 war er jedoch beim preußischen Heer. Bis 1858 hatte er es zum Chef des Generalstabes gebracht und in den Einigungskriegen gegen Dänemark (1864), Österreich (1866) und Gallien (1870-71) war er unser eigentlicher Oberbefehlshaber, der die Schlachtpläne ausheckte und die wichtigsten Schlachten schlug – namentlich Königgrätz, Gravelotte und Sedan. Ebenso leitete er die Belagerung von Paris und ordnete die Truppenbewegungen, um die gallischen Entsatzversuche abzuschlagen. Bis 1888 leitete er unseren Generalstab und keiner unserer Feinde hatte Lust, mit ihm die Klingen zu kreuzen. Seine Waffentaten brachten unserem Moltke die Ernennung zum Feldmarschall und die Erhebung in den Grafenstand ein. An Auszeichnungen erhielt unser Moltke (unter anderen) den Roten und Schwarzen Adlerorden, den Hausorden der Hohenzoller, den Blauen Verdienstorden Friedrichs des Großen und das Eiserne Kreuz. Da unser Moltke auch unter die Geschichtsschreiber gegangen ist, können wir seine Taten aus seiner eigenen Feder nachlesen. Von der Ersten Schlacht von Sedan lasse ich unseren großen Schweiger zur Feier des Tages erzählen: https://archive.org/details/geschichtedesdeu00moltuoft

„Noch blieb der Wald von Garenne zu nehmen, in welchem Abteilungen aller Korps und aller Waffen umherirrten. Nach einer Geschützsalve erstieg von Givonne aus die I. Gardedivision die Höhe, sächsische Bataillone schlossen sich an, während von Illy her der linke Flügel der III. Armee anrückte. Es entstand ein wirres Durcheinander, bei welchem einzelne Abteilungen der Franzosen sich lebhaft zur wehr setzten, andere sich zu Tausenden ergaben, aber erst um fünf Uhr gelangten die Deutschen in vollständigen Besitz dieses Waldes. Inzwischen sah man bereits lange Kolonnen von den Höhen ringsumher nach Sedan herabströmen. In und dicht um den Platz bildeten sich immer dichtere, regellose Haufen von Truppen, und in dies dichte Gewirr schlugen nun die Granaten der deutschen Batterien von beiden Ufern der Maas ein. Bald stiegen Feuersäulen aus der Stadt auf, und die bayerischen Schützen, welche über Torcy vorgegangen waren, schickten sich an, die Palisaden am Tor zu übersteigen, als etwa um halb fünf Uhr weiße Fahnen auf den Türmen sichtbar wurden. Kaiser Napoleon hatte es abgelehnt, dem General von Wimpffen auf seinem Durchbruchsversuch zu folgen, ihm vielmehr aufgefordert, in Unterhandlung mit dem Gegner zu treten. Auf erneuten Befehl schwieg dann plötzlich das Feuer der Franzosen. Auf der Höhe südlich Frenois, von wo der König seit dem frühen Morgen den Gang der Schlacht beobachtet hatte, erschien General Reille mit einem eigenhändigen Schreiben des Kaisers, dessen Anwesenheit in Sedan bisher nicht bekannt gewesen war. Derselbe legte seinen Degen in die Hand des Königs, aber da er sich hierdurch nur persönlich als Gefangenen erklärte, wurde in der Beantwortung gefordert, daß ein bevollmächtigter Offizier abgesandt werde, um mit dem General von Moltke über die Kapitulation der französischen Armee zu verhandeln. Dieser schmerzliche Auftrag wurde dem General von Wimpffen zu Teil, welcher an der verzweifelten Lage, in welche die französische Armee gebracht worden war, durchaus keinen Teil hatte. Die Verhandlungen fanden in der Nacht zum 2. September in Donchery statt. Auf deutscher Seite mußte man sich sagen, daß man einem mächtigen Feinde wie Frankreich gegenüber die gewonnenen Vorteile nicht aus der Hand geben dürfe. Hatten die Franzosen schon den Sieg deutscher Waffen über Nichtfranzosen als Beleidigung empfunden, so konnte keine unzeitige Großmut sie die eigene Niederlage vergessen machen. Es blieb nur übrig, auf der Waffenstreckung und Gefangennahme der ganzen Armee zu bestehen, doch wurde Entlassung der Offiziere auf Ehrenwort nachgegeben. General von Wimpffen erklärte, daß er so harte Bedingungen nicht annehme, die Verhandlungen wurden abgebrochen, und die französischen Offiziere kehrten um ein Uhr nach Sedan zurück, wobei ihnen jedoch erklärt wurde, daß, falls das Abkommen nicht bis morgens neun Uhr abgeschlossen, die Artillerie das Feuer wieder eröffnen werde. So wurde denn auch die Kapitulation bei der offenbaren Unmöglichkeit ferneren Widerstandes vom General von Wimpffen am Vormittage des 2. September unterzeichnet. Für den Marschall Mac-Mahon war es ein besonderer Glücksfall, daß er schon am Anfang der Schlacht verwundet worden war, sonst wäre unausbleiblich er der Unterzeichner gewesen, und obwohl er nur die Befehle ausgeführt hatte, die ihm von Paris aus aufgedrungen waren, würde er schwerlich später über den Waffengefährten zu Gericht gesessen haben, dessen Befreiung ihm nicht gelungen war. Schwer zu verstehen ist, weshalb wir Deutschen den zweiten September feiern, an welchem nichts Denkwürdiges geschah, als was unausbleibliche Folge war des wirklichen Ruhmestages der Armee, des ersten September. Der glänzende Sieg an diesem Tage hatte den deutschen Armeen 460 Offiziere, 8500 Mann gekostet. Viel größer ist dagegen der Verlust der Franzosen, 17,000 Mann, Hauptsächlich verursacht durch die volle Entwicklung der deutschen Artillerie. Schon während des Kampfes fielen 21,000 und durch die Kapitulation 83,000 zusammen 104,000 Mann in Gefangenschaft. Diese wurden zunächst auf der von der Maar umflossenen Halbinsel Iges versammelt. Da Lebensmittel für sie gänzlich fehlten, gab der Kommandant von Mezieres die Heranführung auf der Bahn bis Donchery frei. Zwei Armeekorps mußten die Bewachung und Begleitung auf dem Transport übernehmen. Letzterer erfolgte in Abteilungen zu 2000 Mann auf zwei Straßen, nach Etain und über Clermont nach Mussenbrück, wo die Gefangenen von der Einschließungsarmee von Metz übernommen und nach den verschiedensten Teilen von Deutschland weitergeführt wurden. Auf belgischem Gebiet waren 3000 Mann entwaffnet worden. An Kriegsbeute wurden erobert: Drei Fahnen, 419 Feld- und 139 Festungsgeschütze, 66,000 Gewehre, über 1000 Fahrzeuge und 6000 noch brauchbare Pferde. Mit der völligen Vernichtung dieses Heeres brach das Kaisertum in Frankreich zusammen…“

Karl vom Stein

Mit unserem Freiherrn vom und zum Stein hat ein wahrhaft großer deutscher Staatsmann heute Geburtstag. In Nassau wurde er 1757 als Sohn des Freiherrn Karl Philipp vom und zum Stein und seiner Gattin Henriette Karoline Langwerth von Simmern geboren. Nach dem er an der Universität Göttingen Rechtswissen, Geschichte und Wirtschaftslehre studiert hatte, trat er 1780 in den preußischen Staatsdienst ein. Vierundzwanzig Jahre später wurde er zum Finanz- und Wirtschaftsminister ernannt. Zusammen mit unserem Prinzen Louis Ferdinand, unserer Königin Louise und unserem General Ernst von Rüchel gehörte er der Kriegspartei am preußischen Hofe an, die zum Widerstand gegen Napoleon aufrief. Dennoch beauftragte ihn unser Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1807 mit der Wiederherstellung Preußens. Seine Umtriebe – unter anderem soll unser Freiherr von Stein einen nationalrevolutionären Volkskrieg geplant haben – zogen ihm 1808 die Ächtung durch Napoleon zu. In der Verbannung mußte unser Freiherr vom Stein in den nächsten Jahren seinen Kampf fortsetzen. Im Jahre 1813 wurde er zum Leiter der Zentralverwaltungsbehörde berufen und erhielt den Spitznamen des deutschen Kaisers. Unser deutsches Kaisertum hätte unser Freiherr vom Stein gerne auf dem Wiener Kongress erneuert, konnte sich jedoch gegen Metternich nicht durchsetzen. Und so widmete er sich im Ruhestand der Erforschung unseres deutschen Mittelalters. Seine Herzensdame Wilhelmine von Wallmoden-Gimborn heiratete er 1793 und zeugte mit ihr zwei Töchter (Therese und Henriette genannt). Nachdem der gallische Gewaltherrscher Napoleon ihn gewaltsam aus dem preußischen Staatsdienst entfernt hatte, trat er in den Dienst des russischen Zaren Alexander und hatte keinen geringen Anteil am Abschluß des preußisch-russischen Bündnis und an der Aufnahme des gemeinsamen Kampfes gegen Napoleon. Aber dessen Hergang erzählt uns unser verehrtes Geburtstagskind am besten selbst – und passend dazu gibt es den Marsch des Yorkschen Korps: https://www.youtube.com/watch?v=DbxYtQpW5Pk

„Der Beitritt Preußens zu dem von Rußland begonnenen Kampf war gewagt, denn seine eigenen Kräfte waren beschränkt und nicht entwickelt, und die russischen noch schwach, da zwischen Oder und Elbe nicht 40,000 Mann standen; ihnen gegenüber stand Napoleon mit allen Kräften Frankreichs, Italiens und des Rheinbundes. Der Entschluß des Königs und seines Volkes bleibt immer edel, es war an jenem vortrefflich, sich den Wünschen seines Volkes anzuschließen, heldenmütig an diesem, mit Strömen von Blut seine Ehre und seine Selbständigkeit wieder zu erkämpfen. Diese Gesinnungen, diese Begeisterung äußerte sich überall im Preußischen und unter meinen Augen in Breslau auf die herrlichste Art. – Wohl teilten diese Gefühle alle übrigen Teile von Deutschland, nicht aber deren Fürsten und Kabinette und nicht deren Offiziere; denn diese schlugen sich mit großer Bitterkeit unter den Fahnen des fremden Herrschers, stolz auf Knechtschaft. – Ein Nervenfieber brachte mich in Breslau dem Tode nahe; während desselben erhielt ich von meinen Freunden, zum Beispiel Prinz Wilhelm, General Blücher, Scharnhorst und so weiter, und von der Masse der Einwohner die rührendsten Beweise von Freude über meine Rückkehr, von Teilnahme an meiner Wiederherstellung; der König blieb ganz verschlossen (er ließ selbst nicht nach meinem Befinden fragen). Der Staatskanzler war mißtrauisch, besorgt für sein Ansehen, ich möchte Ansprüche auf den Rücktritt in den Dienst machen. – Dem König war die plötzliche, von ihm nicht veranlaßte Erscheinung zweier Personen aus dem Hauptquartier und die dadurch herbeigeführte schnelle Entwicklung der Sache unangenehm. Unterdessen wurde ich wiederhergestellt, der angekündigte Besuch des Kaisers verschaffte mir wieder Beweise von Aufmerksamkeit von Seiten der Hofleute, man wies mir ein gutes Quartier an, und als gar der Kaiser mich persönlich besuchte, so verdoppelte alles seine Freundlichkeit und seine zuvorkommende Sorgfalt. – Auf meinem Krankenbett erhielt ich von meinen Gläubigern, denen die auf Birnbaum stehenden Zinsen nicht waren ausbezahlt worden, Mahnungsschreiben; dieses veranlaßte mich, den Kaiser zu bitten, 80,000 fl. auf die in Polen liegende Dotation, als den Betrag der Kriegsbrandschäden, anzuweisen. – Dieses geschah durch einen Befehl an den obersten Rat in Warschau, dessen polnische Mitglieder, besonders Fürst Lubieczky, die Sache bis nach dem Einmarsch in Paris zu verzögern wußten, wo Herr von Colomb, der auf meinen Vorschlag bei dem obersten Rat war angestellt worden, es bewirkte. Ich kehrte nach Kalisch zurück, wo der König bald darauf hinkam, über die geringe Zahl der ihm vorgezeigten russischen Truppen nicht wenig mißvergnügt war; unterdessen, der Wurf war geschehen. Im Vertrauen auf glückliche Erfolge verabredete man die Bildung einer Behörde zur Verwaltung der besetzt werdenden Länder, zunächst Sachsens d. d. Breslau 19. März und Kalisch 4. April 1813. Der König wünschte den König von Sachsen zum Beitritt zum Bündnis gegen Frankreich zu bewegen und fertigte von Kalisch den General Heister an ihn nach Regensburg mit einer Einladung ab; dieser versuchte aber zu seinem Verderben (auf den Rat seines finassierenden Ministers Graf Senft) im Moment einer ungeheuren Krise einen Mittelweg einzuschlagen und ein Neutralitätsbündnis mit Österreich und Bayern zu unterhandeln: als wenn es vom Gutdünken des einen kriegführenden Teils abhänge, aus dem Verhältnisse der Teilnahme am Krieg, den er bisher geführt, zu treten und der anderen kriegführenden Macht zu erklären, er sei neutral, und als wenn Österreich, das eine nachdrückliche Kraftäußerung hauptsächlich von Rußland und Preußen zu erwarten und diesen sich bereits genähert hatte, um des schwächeren Sachsens willen die ihm wichtigere Verbindung aufgeben und jene beiden Mächte beleidigen würde. Österreich ließ sich zwar in Unterhandlungen ein, machte auch deshalb Eröffnungen an Rußland, das aber seine Mißbilligung äußerte. Die Folge von diesem schwankenden Betragen des Königs von Sachsen war, daß er den Antrag des Generals Heister ablehnte und sich nach der Schlacht von Görschen in die Arme Napoleons, erschreckt durch seine Drohungen, warf, und sein Land das Theater des Krieges, ein Preis des Eroberers wurde. – Ich ging im April nach Dresden, bildete dort den Verwaltungsrat nach den genommenen Verabredungen. Der Kaiser wurde überall als ein Retter empfangen. Die große Masse der Sachsen war mit Ausnahme der Hofleute und der Feigen für die gute Sache vortrefflich gesinnt, durch die laue Unentschlossenheit des Regenten gelähmt, mit ihr auch eine Besatzung in Torgau von 10,000 Mann unter General Thielmann, gegen die man vorläufig die Feindseligkeiten eingestellt hatte, und mit dem man eine Unterhandlung angeknüpft hatte, um sich für die Verbündeten zu erklären, der aber ohne Zustimmung seines in Prag sich befindenden Königs keinen Entschluß fassen wollte. Unterdessen ging die Schlacht von Görschen verloren (Mai 1813), weil das verbündete Heer zu schwach war. General Thielmann verschloß zwar den Franzosen Torgau, wurde aber von Napoleon geächtet und von seinen eigenen ihm untergeordneten Generalen vertrieben, so daß er allein mit dem Oberst Aster im Hauptquartier der Verbündeten bei Bautzen ankam und vom Kaiser als Generalleutnant angestellt wurde. Während des Aufenthaltes des Hauptquartiers in Dresden erschien Herr von Lebzeltern, ehemals Gesandter in Petersburg, ein schlauer, gewandter Mann, unedel in seinen Sitten und Gewohnheiten. Er genoß gleich das ganze Vertrauen des Grafen Nesselrode und seiner ihn leitenden und durch ihre Eltern, den Finanzminister Graf Gourief und dessen Frau, unterstützten Frau; zu der Partei der Familie Gourief gehörte der gleichfalls den Kaiser begleitende Obermarschall Tolstoy, der bei dem Kaiser seit dessen 15. Jahre war und ein bedeutendes Gewicht bei ihm hatte, von dem er jedoch nur mit der ganzen russischen Schlauheit, durch einen Firnis von biederer Derbheit verdeckt, Gebrauch machte. Auch kam Lord Stuart, Bruder des Lord Castlereagh, als englischer Gesandter nach Dresden. Hier begannen mit meiner Zuziehung die Unterhandlungen über das zwischen Preußen und England abzuschließende Bündnis, wo der englische Gesandte in diesem Augenblicke der höchsten Krise mit Ansprüchen von Hannover auf eine bei dem zukünftigen Frieden zuzusichernde Vergrößerung auftrat. Der wirkliche Abschluß erfolgte erst zu Reichenbach den 14. Juni 1813. Eine Folge der bei Großgörschen verlorenen Schlacht, unerachtet der Tapferkeit der Preußen, von denen allein 8000 Mann tot und verwundet blieben, war der Rückzug der Verbündeten über die Elbe und nach Schlesien nach der bei Bautzen gleichfalls verlorenen Schlacht; in beiden focht man mit großer Tapferkeit, aus beiden zog man sich mit großer Ordnung zurück, und der Krieg nahm einen Charakter von langer Dauer an…“

Die Schlacht von Tours und Poitiers

„Dies allein erklärt die ungeheure Vehemenz, mit welcher die durch den Islam auch künstlerisch endlich befreite und entfesselte arabische Kultur sich auf alle Länder warf, die ihr seit Jahrhunderten innerlich zugehörten, das Zeichen einer Seele, die fühlt, daß sie keine Zeit zu verlieren hat, die voller Angst die ersten Spuren des Alters bemerkt, bevor sie eine Jugend hatte. Diese Befreiung des magischen Menschentums ist ohnegleichen. Syrien wird 634 erobert, man möchte sagen erlöst; Damaskus fällt 635, Ktesiphon 637. 641 wird Ägypten und Indien erreicht, 647 Karthago, 676 Samarkand, 710 Spanien; 732 stehen die Araber vor Paris. So drängt sich hier in der Hast weniger Jahre die ganze Summe ausgesparter Leidenschaft, verspäteter Schöpfungen, zurückgehaltener Taten zusammen, mit denen andre Kulturen, langsam aufsteigend, die Geschichte von Jahrhunderten füllen konnten. Die Kreuzfahrer vor Jerusalem, die Hohenstaufen in Sizilien, die Hansa in der Ostsee, die Ordensritter im slawischen Osten, die Spanier in Amerika, die Portugiesen in Ostindien, das Reich Karls V., in dem die Sonne nicht unterging, die Anfänge der englischen Kolonialmacht unter Cromwell – das alles sammelt sich in der einen Entladung, welche die Araber nach Spanien, Frankreich, Indien und Turkestan führte.“ (Oswald Spengler, „Der Untergang des Abendlandes“)

Wir Deutschen sind schon gemeine Panzerwesen. Da drücken die Römer das Morgenland sechshundert Jahre nieder und kaum hat es sich befreit und beginnt seinen Siegeslauf in der Welt so schlägt ihm Karl der Hammer bei Tours und Poitiers aufs Haupt und beendet damit den Arabersturm. Im Jahre 732 fand die berühmte Schlacht statt. Die Gefahr war keine Kleine, denn 711 fiel unser mächtiges Westgotenreich in Spanien in nur einer Schlacht am Fluß Guadalete. Man kann davon ausgehen, daß Karl der Hammer bei Tours und Poitiers den ganzen fränkischen Heerbann ins Feld führte und seine Truppen wurden durch Abteilungen der meisten unserer deutschen Stämme verstärkt. Bayern, Schwaben, Langobarden, Friesen und selbst die Sachsen stemmten sich bei Tours und Poitiers den Sarazenen entgegen. Jene führte der spanische Statthalter Rahman an. Sieben Tage standen sich beide Heere gegenüber, bevor es zum Kampf kam. Der arabische Monty Rahman fand in diesem den Tod. Seine Truppen zogen sich zwar geordnet in ihr Feldlager zurück, entwichen aber in der Nacht. Weder das Verlangen ihren getöteten Monty zu rächen noch die Verlockung eines Sieges über unsere Franken vermochten sie zur Erneuerung des Kampfes. Die Zahl von 370,000 toten Sarazenen ist wohl eine Übertreibung der mönchischen Geschichtsschreiber. Aber die Niederlage der Araber wog so schwer, daß sie niemals mehr wieder einen großen Feldzug in Gallien gegen unsere Franken unternahmen. Karl der Hammer hat damit das Abendland gerettet und wie dankte es ihm die Kirche? Sie erklärte ihn für verdammt, weil er später mit ihren Pfaffen aneinandergeriet… Ohne die Eiserne Hand Karls des Hammers wäre das Frankenreich wohl vor der Schlacht von Tours und Poitiers zerfallen und dessen Splitter eine leichte Beute für das arabische Weltreich gewesen. Daher schadet es nicht, wenn wir bei unserem Geschichtsschreiber Theodor Breysig in den „Jahrbüchern des fränkischen Reiches“ vom Wirken unseres Hausmeiers in Bayern lesen: https://reader.digitale-sammlungen.de//de/fs1/object/display/bsb10800605_00001.html

„Im Jahre 717 oder 722 starb Theodo II. Er hatte seinem ältesten Sohne Theodebert das Herzogtum übergeben, dessen Tod etwa im Jahre 724 innere Unruhen zur Folge hatte; denn gegen den von ihm eingesetzten Nachfolger, seinen Sohn Hucbert, erhob dessen Oheim Grimoald einen Aufstand, über dessen Zweck nichts überliefert ist. Hucbert wandte sich an den Gemahl seiner Schwester Guntrut, den König der Langobarden, Liutprand, und bald besetzten Langobarden die festen Plätze, die Grimoald an der Etschgegend gehörten. In diese Verhältnisse griff auch Karl ein; er sammelte ein großes Heer, überschritt den Rhein, durchzog das Gebiet der Alamannen und Suaven, drang bis an die Donau vor und bemächtigte sich nach Überschreitung des Flusses des bayrischen Gebietes. Nach siegreichem Kampfe kehrt er im Jahre 725 mit vielen Schätzen und zweien Frauen zurück, die von so hervorstechender Wichtigkeit für die Verhältnisse Karls waren, daß der sehr wortkarge Chronist ihrer ausdrücklich erwähnt. Die eine nennt er eine gewisse Matrone, Namens Bilitrud, die andere Swanahild, eine Nichte Karls. Bilitrud ist wahrscheinlich die Gemahlin Grimoalds, die Witwe seines Bruders Theodoald, die Tochter einer vornehmen Fränkin, welche nach Bayern gezogen war. Sie hatte durch ihre zweite Ehe mit ihrem Schwager Grimoald der Geistlichkeit, zumal Korbinian, Bischof von Freising, viel Ärgernis gegeben; sie hatte gegen ihn, da er stets auf Scheidung drang, Mörder ausgesendet, vor denen er mit Mühe nach Mais in Tirol, das damals im Jahre 724 von Langobarden besetzt war, entwich. Wahrscheinlich sollte sie als Geisel für das fernere Verhalten Grimoalds dienen und der Wunsch der Geistlichkeit durch ihre Trennung von ihrem Gatten annähernd erfüllt werden. Von nachhaltigen Folgen aber war der Eintritt der zweiten Persönlichkeit in das Hoflager des Majordomus. Sonichilde oder Swanahild war die Nichte Karls; durch welche verwandtschaftliche Verhältnisse des Majordomus sie aber als eine solche bezeichnet werden kann, ist ganz unbekannt. Sie ist zugleich eine Nichte Odilos, der im Jahre 737 Herzog von Bayern wird, dessen Verwandtschaft aber weder mit dem Pippinischen Hause noch mit seinem Vorgänger, dem Herzog Hucbert, nachgewiesen werden kann; Swanahild tritt aber noch in diesem Jahre zwar nicht an die Stelle der Gemahlin Karls, obgleich er die seinige, Chrotrud, durch den Tod in dem selben Jahre verloren hatte, jedoch als Konkubine in die nächsten Beziehungen zu dem Majordomus. Wahrscheinlich schon im folgen den Jahre gebar Swanahild einen Sohn, Grifo, an welchem Karl mit großer Liebe hing. Als einst nämlich Grifo in ein gefährliches Fieber verfiel, wandte sich Karl mit vielen Bitten an Leutfrid, den Abt des Klosters Madrie, der den Hof des Majordomus besucht und soeben verlassen hatte, daß er zurückkehre und durch seine Vermittlung dem Kinde die Gesundheit wiedergäbe; beide Eltern haben auch Bonifaz gebeten, Grifo in sein Gebet einzuschließen. Über die Tätigkeit Karls in den beiden folgenden Jahren 726 und 727 ist nur sehr wenig bekannt. Am 9. Juli 726 befand er sich zu Zülpich, woselbst er sein Erbgut Eliste, jetzt Eist oder Marithaine, in der Betuwe an der Waal bei Nimwegen gelegen, an die Salvatorkirche zu Utrecht schenkt, doch unter der Bedingung, daß Wilbrord, der damals dieser Kirche vorstand, sowie seine Nachfolger das Gut rechtlich als Eigentum besitzen sollten. Die Besitzung selbst hatte Karl von seinem Vater geerbt, der sie wiederum von König Childebert III. (695-711) aus dem Schatze erhalten hatte. In den königlichen Schatz aber war das Gut aus dem Vermögen eines Grafen Eberhard gekommen, der dem Könige untreu sich außerhalb des Landes mit den Rebellen, wahrscheinlich den Friesen, verbunden und daher Konfiskation seiner Güter erlitten hatte. Karl beschloß mit diesem Geschenke die vielen Gaben, durch welche er seine Anhänglichkeit an Wilbrord bisher bewiesen hatte, obgleich der Friesenapostel noch 12 Jahre lang seine Bekehrungen in Friesland fortsetzte. Es scheint eine Entfremdung später zwischen dem Majordomus und dem Bischofe eingetreten zu sein; die Gründe aber sind nirgends angedeutet; zu geringe Nachgiebigkeit Wilbrords gegen den Willen Karls wird vermutet. Unterdessen war in Alamannien die herzogliche Würde in andere Hände übergegangen; auf welche Weise dies geschehen, ist nirgends berichtet. Die Herzöge Rebi und Berchtold, welche in dem Jahre 724 zu dem fränkischen Majordomus in freundliche Beziehungen traten, werden nicht mehr erwähnt; an ihre Stelle treten Lanfrid und Theutbald, Söhne des 708 oder 709 gestorbenen Herzogs Gotefrid, vielleicht die Oheime ihrer Vorgänger. Lanfrid ist jedoch der allein regierende Herzog, denn ihn allein nennt die Sangallenser Handschrift der lex Alamannorum. Nur sehr unbestimmte Nach richten lassen schon im Jahre 727 Theutbald gegen Karl eine herausfordernde Stellung einnehmen, nennen ihn von Haß gegen Karl erfüllt und erzählen, daß er Pirmin, den Abt von Reichenau, den der fränkische Majordomus unter seinen besonderen Schutz genommen hartes vertrieben habe. Da weder Pirmin sich an seinen Schutzherrn Karl wendet, noch dieser etwas gegen Theutbald und die Alamannen unter nimmt, so ist durch die Angaben über Theutbald für das Jahr 727 nichts sicher zu stellen. Es fehlen alle Nachrichten über die Ursachen einer den Franken feindlichen Bewegung in Alamannien; es läßt sich nur vermuten, daß durch die erneuten Unruhen in Bayern auch der Nachbarstaat zum Bruch der friedlichen Beziehungen geneigt gewesen sei…“

Georg Büchner

„Jede Regierung muß in Zeiten der inneren Bewegungen und des Widerstandes der unteren Klassen darauf gefaßt sein, nachdem alle Mittel der Überredung und Weisheit fruchtlos geblieben sind, das Schwert als die letzte Stütze ihres Rechtes und ihres Verhältnisses anzusehen. (…) Die Landwehr vermehrt die Gefahr einer Revolution; die Entwaffnung der Landwehr vermehrt die Gefahr einer Invasion. Welche von beiden ist nach historischen Zeugnissen die größere? Wo soll man in Deutschland die revolutionären Heere suchen, die in Italien, Frankreich und England sich so häufig vorfinden? In welchem Jahrhundert, in welcher Provinz? Ich dächte, das Mißtrauen müßte sich bei dieser Frage beschämt fühlen. Sind es etwa vorzüglich die preußischen Länder, in denen das so ruhige, unblutige Deutschland noch am unruhigsten und gewaltsamsten war? Ist es etwa vorzüglich das achtzehnte Jahrhundert gewesen? Von einer Revolution, von einer wahrhaften Rebellion wissen wir nichts. Wissen wir auch nichts von einer Invasion? Wenn es also in gewisser Beziehung gewagt sein mag, ein bewaffnetes Volk zu haben, ist es nicht viel gewagter, ein unbewaffnetes zu beherrschen?“ (Carl von Clausewitz)

Und so fürchten wir alten Preußen den Hessischen Landboten Georg Büchners nicht und nehmen daher auch keinen Anstoß am Vortrag von dessen Werken zu seinem Wiegenfest. Im hessischen Goddelau 1813 geboren, besuchte der Sohn eines Heilers in Darmstadt die höhere Schule und studierte in Straßburg und wiederum Darmstadt die Heilkunst. Im Jahre 1836 siedelte er sich in Zürich an. Sein Werk ist nicht gerade umfangreich: Es besteht aus den zwei Trauerspielen „Dantons Tod“ und „Woyzeck“, dem Lustspiel „Leonce und Lena“, der Erzählung „Lenz“, einigen Gedichten und ein paar Aufsätzen und eben der Flugschrift „Der Hessische Landbote“. Den Aufsatz „Über den Traum eines Arkadiers“ traf meine Wahl von den Werken Büchners: https://www.deutschestextarchiv.de/book/view/buechner_werke_1879

„Durch die ganze Geschichte finden wir im Leben jedes Volkes die deutlichsten Spuren von einem Wunder-Glauben, der noch jetzt nicht erloschen de(n) gebildeten Europäer und den rohen Wilden befängt. Wollten wir dieses innere Gefühl uns als Aberglauben darstellen, wollten wir es nur als ein leeres Spiel der Phantasie abschütteln, so würden wir frech ein geistiges Band zerreißen, das uns gemeinsam mit allen Erdbewohnern umschlingt, ein Gefühl, das uns alle an die Mutterbrust der Natur drückt. Der rohe Mensch sieht Wunder in den ewigen Phänomenenen der Natur, er sieht aber auch Wunder in außergewöhnlichen Fällen des Alltaglebens, für beide schafft er sich seine Götter, der Gebildete sieht in den Wundern erstrer Art nur die Wirkungen der unerforschten, unbegriffnen Naturkräfte, aber auch sie sind ihm Wunder, solange das blöde Auge des Sterblichen nicht hinter den Vorhang blicken kann, der das Geistige vom Körperlichen scheidet, auch sie weisen ihn zurück auf ein Urprinzip, einen Inbegriff alles Bestehenden auf die Natur. Von diesem Standpunkte aus will ich jetzt so weit es in meinen Kräften steht eine Tatsache zu beurteiln suchen, die vom grauen Altertum an bis jetzt noch Niemand ganz erklärt, ganz aufgehellt hat und Niemand vielleicht ganz aufhellen wird. Zwei durch wechselseitige Liebe aufs innigste verbundne Arkadier, so erzählt man, machten eine Reise; bei ihrer Ankunft in Megara kehrte der eine bei einer Herberge, der andre bei einem Gastfreunde ein. Im Traum nun erschien dem letzteren sein Freund, der ihn um Hilfe flehte, weil sein Wirt ihn ermorden wolle. Erschreckt sprang er auf, sammelte sich aber und da er das Ganze für eine Täuschung des Traums hielt schlief er wieder ein. Da erschien ihm sein Freund zum zweitenmale, mit Blut bedeckt machte er ihm Vorwürfe und erzählte ihm, sein Wirt habe ihn ermordet, auf einen mit Mist beladnen Wagen geworfen um die Leiche auf diese Art aus der Stadt zu schaffen.“

Die Schlacht von Karfreit oder die zwölfte Isonzoschlacht

„Je mehr der Krieg wirklicher Krieg, je mehr er eine Erledigung der Feindschaft, des Hasses, ein gegenseitiges Überwältigen wird, um so mehr vereinigt sich alle Tätigkeit in blutigem Kampf, und um so stärker tritt auch die Hauptschlacht hervor. Überall, wo ein großer, positiver, also in das Interesse des Gegners tief eingreifender Zweck das Ziel ist, bietet sich die Hauptschlacht als das natürlichste Mittel dar; sie ist darum auch das beste, wie wir in der Folge noch näher zeigen werden, und es bestraft sich in der Regel, wenn sie aus Scheu vor der großen Entscheidung umgangen worden ist. Der positive Zweck gehört dem Angreifenden, und so ist die Hauptschlacht auch vorzugsweise sein Mittel. Aber ohne die Begriffe von Angriff und Verteidigung hier näher bestimmen zu können, müssen wir doch sagen, daß selbst der Verteidiger in den meisten Fällen nur dies eine wirksame Mittel hat, um früh oder spät damit den Bedürfnissen seiner Lage zu entsprechen, seine Aufgaben zu lösen. Die Hauptschlacht ist der blutigste Weg der Lösung; zwar ist sie kein bloßes gegenseitiges Morden und ihre Wirkung mehr ein Totschlagen des feindlichen Mutes als der feindlichen Krieger, wie wir das im nächsten Kapitel näher betrachten wollen, allein immer ist Blut ihr Preis und Hinschlachten ihr Charakter wie ihr Name; davor schaudert der Mensch im Feldherrn zurück.“ (Carl von Clausewitz, „Vom Kriege“)

Ganz unzweifelhaft handelt es sich bei der Schlacht von Karfreit also um eine Hauptschlacht im Clausewitzschen Sinne. Es standen nämlich in selbiger 400,000 deutsche und österreichisch-ungarische Recken einer Übermacht von 850,000 italienischen Kriegsknechten gegenüber. Bei der Artillerie war das Verhältnis mit 3300 deutschen und österreichischen Geschützen zu 3600 italienischen allerdings etwas günstiger. Der Kampfpreis war auch kein kleiner. Nach der für sie recht erfolgreichen Elften Isonzoschlacht bereiteten die Italiener nun die Zwölfte vor und hofften mit dieser die österreichische Front zu durchbrechen. Wenig glücklich hatten die lothringischen Haustruppen bisher im Vierjährigen Krieg gefochten und namentlich gegen die Russen schwere Verluste erlitten. Die Lage für unsere Ostmärker war also ungemein ernst und so wandte sich der ostmärkische Generalstabschef Arthur Arz von Straußenburg an unsere Oberste Heeresleitung, bestehend aus unserem Feldherrenzweigespann Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff. Schweren Herzens zog unsere beiden Feldherren aus unserer schwer bedrängten Westfront Truppen und bildeten aus dieser unsere XIV. Armee. Zu deren Befehlshaber wurde unser General Otto von Below ernannt, der sich schon bei den Schlachten von Tannenberg und an den Masurischen Seen ausgezeichnet hatte. Gemeinsam mit drei österreichisch-ungarischen Armeen griff er die Italiener am Isonzo an und schlug diese vernichtend. Die Italiener büßten 400,000 Mann an Toten, Verwundeten und Gefallenen ein und wir erbeuteten oder zerstörten 3500 Geschütze, 1730 Minenwerfer, 2900 Maschinengewehre und 300,000 Infanteriewaffen sowie zahlreiches weiteres Kriegsmaterial. Hinzu kamen 300,000 Versprengte und Fahnenflüchtige und so ist es fast ein Wunder, daß es den Italienern gelungen ist, hinter der Piave eine neue Front aufzubauen. Die Ententante zog sogar englische und gallische Divisionen von der Westfront ab, um das wankende Italien zu stützen. Mit 5000 Gefallenen hielt sich unser Verlust in annehmbaren Grenzen, zumal für die Materialschlachten des Vierjährigen Krieges. Von den Vorbereitungen für die Schlacht von Karfreit hören wir nun bei unserem Oberst Theodor Jochim im „Weltkampf um Ehre und Recht“: https://www.wintersonnenwende.com/scriptorium/deutsch/archiv/weltkampf/wer0331.html

„Die fortgesetzten Angriffsschlachten der Italiener am Isonzo drohten die österreichisch-ungarischen Streitkräfte mehr und mehr zu erschöpfen, denn der Angreifer wirtschaftete aus dem Vollen, während es den Österreichern an Menschen und Material gebrach. Triest schien nach den Geländeverlusten der Elfte Isonzo-Schlacht aufs ärgste bedroht; fiel es in die Hand der Italiener, so konnte dies politisch von weittragendsten Folgen sein. Ein neuer Angriff der Italiener war zu erwarten. Es mußte also etwas Entscheidendes von der österreichischen Heeresleitung geschehen, um die unhaltbar werdende Lage zu ihren Gunsten zu ändern. Schon im Juni 1917 – nach der Zehnte Isonzoschlacht – war von dem k. u. k. Generalstabschef, General von Arz, ein Gegenstoß erwogen worden. Nur er bot das Mittel, den dauernden zermürbenden Hammerschlägen der Italiener gegen die österreichische Front in dem für diese äußerst ungünstigen Karst-Gelände Einhalt zu tun. In der letzten (Elften) Isonzo-Schlacht hatten sich 20 ein halb k. u. k. Divisionen gegen eine Übermacht von 44 italienischen, mit allen Mitteln der Neuzeit ausgestatteten Divisionen mühsam behaupten müssen. Von den anderen Kriegsschauplätzen konnten jetzt höchstens noch zehn k. u. k. Divisionen der italienischen Front zugeführt werden. So war die Mitwirkung deutscher Divisionen mit ihrer bekannten Stoßkraft und ihrer besseren Ausstattung an Artillerie, Minenwerfern und Fliegern unentbehrlich, um sich aus dem eisernen Griff des übermächtigen Gegners zu befreien. Kaiser Karl stimmte nach anfänglichen Bedenken zu, worauf im August 1917 die Verhandlungen mit der deutschen Obersten Heeresleitung aufgenommen wurden. General Ludendorff ging bei der damaligen schwierigen Lage im Westen nur ungern auf dieses Unternehmen ein. Verfügbare Kräfte hätte er lieber aus der Bukowina und über den Sereth in die Moldau angesetzt, um den Russen die letzten, sie ermattenden Schläge beizubringen. Trotzdem willigte die deutsche Oberste Heeresleitung ein – nicht zuletzt, um das Verhältnis der Verbündete durch solche Waffenhilfe in der Not wieder fester zu gestalten. Hatte die geplante Offensive Erfolg, dann bedeutete dies für die ermattende Donaumonarchie mit ihren vielfach sich widerstrebenden Elementen eine Stärkung ihrer politischen Macht und für ihre Armee eine Neubelebung der allmählich recht gedrückten Stimmung. Am 8. September war das gemeinsame Unternehmen „Waffentreue“ gesichert. Zwar drohten noch im letzten Augenblick politische Ränke, den ganzen Plan in Frage zu stellen; sie wurden aber glücklich beseitigt und nunmehr alle Einzelheiten geregelt. Die italienischen Streitkräfte waren Anfang September so verteilt, daß die Hauptmasse an der Ostfront stand, während die IV. und I. Armee dem k. u. k. Feldmarschall von Conrad gegenüber die Tiroler Front hielten und das selbständige XII. Korps an der Kärtner Front, mit dem rechten Flügel bis dicht nördlich vom Rombon, gegenüber der k. u. k. X. Armee sicherte. Von der daran anschließenden Ostfront stand ein Drittel der Streitkräfte auf dem rechten Flügel zwischen dem Meere und der Wippach als 3. Armee unter dem Herzog von Aosta mit drei Korps in der Front (zusammen sieben Divisionen) und zwei Korps (mit zusammen sechs Divisionen) als Reserve um Palmanova. Im Raume nördlich der Wippach bis zum Rombon waren die übrigen zwei Drittel der Streitkräfte dieser Front als 2. Armee unter Generalleutnant Capello zusammengezogen. Von ihr standen vier Korps mit zusammen 14 Divisionen in der Front zwischen Wippach und Auzza, ein Korps dahinter in Reserve, und drei Korps mit zusammen sechs Divisionen in der Front Auzza – Rombon mit zwei Divisionen als Reserve dahinter. Die Hauptreserve der Armee bildeten zwei Divisionen sowie eine Kavallerie-Division und zwei Gruppen Alpini. Sie war in der Hauptsache zwischen Udine, Cividale und Cormons untergebracht. Das Schwergewicht der Armee ruhte auf der Bainsizza-Heiligengeist-Hochfläche, wo zwischen Mont Sankt Gabriele und Auzza allein neun Divisionen in der Front zusammengeballt waren. Auch auf dem südlichen Ausläufer des Kolovrat-Rückens von Auzza bis in die Gegend östlich Srednje war die Besetzung noch dicht, wurde dann aber nach Norden zu lichter. Die italienische Armee hatte sich seit ihrem Eintritt in den Krieg entschieden erheblich vervollkommnet. Die Führung war gut, die Infanterie griff tapfer an und wurde mit jeder Schlacht besser. Die Artillerie schoß recht gut, an Zahl war sie der österreichischen zwei- bis dreifach überlegen. Die italienischen Minenwerfer zeichneten sich durch große Schußweiten (2500 Meter) und sehr wirksame Minen aus, deren Wirkung noch durch den Steinboden im Gebirge gesteigert wurde. So war die italienische Armee ein durchaus ernst zu nehmender Gegner. Ob sie allerdings dem bisher noch nicht gewohnten starken Massenfeuer einer wirkungsvollen Artillerie und dem frischen Draufgehen sturmfroher Truppen gewachsen war, mußte sich erst zeigen, schien immerhin zweifelhaft. Sehr unangenehm empfanden die Österreicher die große Überlegenheit der italienischen Fliegerwaffe sowohl an Zahl wie Gerät, der sie nur wenige Flugzeuge entgegenstellen konnten. Die Folge davon war, daß die italienischen Flieger, besonders da die Österreicher auch nicht über hinreichend Abwehrgeschütze verfügten, sehr dreist wurden und aus niedrigsten Höhen die Straßen, Unterkünfte und Depots der k. u. k. Truppen durch fortwährende Bombenwürfe aus ihren sehr tragfähigen, großen Caproniflugzeugen bedrohten…“