Den Geburtstag einer großen deutschen Künstlerin gibt es heute zu feiern, unsere Malerin Angelika Kauffmann erblickte nämlich im Jahr 1741 im schweizerischen Chur das Licht der Welt. Ihr Vater war der Maler Joseph Johann Kauffmann und seine Mutter dessen Gattin Cleophea. Die Malerei erlernte sie bei ihrem Vater und ging mit diesem auch auf Reisen und zwar nach Italien und England. In Rom fand sie schließlich ihre Heimstatt und wurde dort von unserem Kaiser Joseph II., unserer Herzogin Anna Amalia, unserem Dichterfürsten Goethe und unserem Herder besucht. Dem Klassizismus gehört unsere Künstlerin an und ihrer Formgebung entspricht auch ihre Bildwahl. Sofern unsere Angelika Kauffmann nicht ihre Zeitgenossen gemalt hat, stellte sie die Sagen und Geschichten des klassischen Altertums dar. Wie dem aufmerksamen Beobachter bei unserer heutigen Werkschau vielleicht auffallen wird… Ein Programmheft dazu haben wir Panzertiere nicht erstellt, können jedoch den Bücherwürmern das Buch „Angelika Kauffmann“ von unserem Kunstgelehrten Eduard Engels reichen: https://archive.org/details/bub_gb_DI05AAAAMAAJ
„Der alte Mann schaltet droben unter den Gewölben, sein Töchterchen aber martert drunten in der Tiefe die zarten Kinderhände an den heroischen Gestalten der zwölf Apostel, die sie nach Vorlagen Piacettas ausführt. Kaum sechzehn Jahre ist das Fräulein alt. Sie ist eine echte Wäldlerin, obwohl sie nicht in Schwarzenberg, sondern bei Gelegenheit eines Aufenthalts ihrer Eltern in Chur das Licht der Welt erblickte. Nicht allzu groß gewachsen und von fast ätherischen Formen, schaut sie aus einem Paar dunkel samtener Augen hervor, deren Ausdruck zwischen der zauberischen Lebhaftigkeit der Wäldlerinnen und einem träumerischen, im Walde unbekannten Schmachten zu wechseln pflegt. Ihr jugendliches Gesicht ist blühend und frisch; wenn sie lacht, kommen zwei Reihen allerliebster Zähne zum Vorschein. Aber sie lacht nicht viel, obwohl der lustige Papa droben auf seinem Brettergerüst die Arbeit mit manchem Scherzwort würzt. Sie ist sehr ernst, sehr in sich gekehrt, von einem zehrenden Feuer durchglüht : der Begeisterung für die Kunst. Nicht eher will sie rasten noch ruhen, als bis sie das Höchste erreicht hat, was ihrer Begabung zugänglich ist. Und was sollte denn ihrer Begabung nicht zugänglich erscheinen? Ist sie nicht trotz ihrer jungen Jahre bereits eine kleine Berühmtheit? Feiert sie nicht überall Triumphe, wo sie auf ihrer Wanderschaft hin kommt? – – Die Fresken, die Angelika Kauffmann als sechzehnjähriges Mädchen in der Kirche ihres Heimatdorfes Schwarzenberg gemalt hat, waren schon nach wenigen Jahrzehnten bis zur Unkenntlichkeit verwittert , aber die Träume, die das ehrgeizige Herz bei der Arbeit geträumt, sind auf das glänzendste in Erfüllung gegangen. Der Name Angelika Kauffmann hat einmal zu den gefeiertsten der europäischen Kunst gezählt, alle Großen dieser Welt sind im Atelier Angelikas aus- und eingegangen, Könige und Kaiser haben sich von ihr porträtieren lassen, die edelsten Dichter unserer klassischen Literaturperiode sind ihre Gäste und Freunde gewesen, ihre Büste wurde im Pantheon zu Rom, ihr Bildnis in den Uffizien von Florenz aufgestellt… Ich will versuchen, die viel verschlungenen, nicht selten romanhaft abenteuerlichen Wege zu zeichnen, auf denen „des Bregenzer Waldes berühmteste Tochter“ aus der Verborgenheit ihres Heimattales auf die Höhen der internationalen Berühmtheit emporstieg. „Alles vereinigte sich, dieses Mädchen bewundernswürdig zu machen, und jedermann rühmte sie als ein Wunder an Talent und verstand.“ – Alois Meinhart. Der alte Johann Joseph Kauffmann war ein Wäldler durch und durch: bieder und gutmütig, beweglich und verständig, mit natürlichem Geschmack begabt und durch eine gewisse Grazie des Geistes ausgezeichnet. Wenn man ihn einen Künstler nennt, so tut man vielleicht unrecht, denn die reisenden Virtuosen des achtzehnten Jahrhunderts waren weit davon entfernt, Künstler im heutigen Sinne des Wortes zu sein. „Pfui, schämt Er sich denn nicht, als Sohn eines Regierungsrats Maler werden zu wollen!“ fuhr der Herzog Karl von Württemberg noch im Jahre 1779, als die Verhältnisse sich bereits gebessert hatten, den Zögling seiner Karlsschule Eberhard Wächter an. Der „Künstler“ war eben damals ungefähr in der gleichen Weise geachtet oder vielmehr mißachtet, wie die Komödianten, denen sie auch insofern glichen, als sie ihr Gewerbe im Umherziehen betrieben. Schauspieler, Maler, fahrende Sänger, Messerschlucker – wer wollte da viel Unterschied machen! Arme Teufel, die nach der Laune ihres Publikums tanzen mußten, waren sie ja alle miteinander, und es verschlug im Grunde wenig, ob der eine die Gaffer des Jahrmarktes, der andere die liebe Bürgerschaft, der dritte die Kavaliere und Fürstlichkeiten zu bedienen hatte. Der Anfang des achtzehnten Jahrhunderts bedeutet, – abgesehen von Frankreich, wo Watteau, Boucher, Pater, Lancret, Oppenord, Meudon, Meissonier die Rokokokunst schufen – ein Zeitalter der trostlosesten Verkümmerung der Künste, besonders der Malerei. Der helle Freudentag der Renaissance, die nächtliche Orgie des Barock waren vorüber gerauscht, und mit wüstem Kopfe saß Europa unter trübem Himmel da und gähnte. O, so müde war man, so abgespannt und erschöpft, so leer, so zum Entsetzen leer und ausgemergelt! Schöpferische Ideen? Ein Königreich für einen gesunden, frischen, neuen Einfall! Nur, um nicht völlig einzuschlafen, hantiert man mit Pinsel, Farbe und Palette. Kann man nichts schaffen, so kann man zur Not doch kopieren und variieren. Die großen Italiener des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts, die unvergleichlichen Niederländer des siebzehnten haben ja so endlos viel hinterlassen, womit verarmte Erben sich ihr graues Elend ein wenig heraus staffieren können! …“