„Gegenwärtig hat eine Sturmflut wilder politischer Leidenschaften und tönender Redensarten unsere ganze frühere staatliche Auffassung unter sich vergraben, anscheinend alle heiligen Überlieferungen vernichtet. Aber diese Flut wird sich wieder verlaufen. Dann wird aus dem ewig bewegten Meere völkischen Lebens jener Felsen wieder auftauchen, an den sich einst die Hoffnung unserer Väter geklammert hat, und auf dem vor fast einem halben Jahrhundert durch unsere Kraft des Vaterlandes Zukunft vertrauensvoll begründet wurde: Das deutsche Kaisertum!“
Schrieb Paul von Hindenburg in seinen Denkwürdigkeiten aus seinem Leben und damit die Leute wissen, was es mit unserem deutschen Kaisertum auf sich hat, feiern wir heute den Geburtstag Ottos des Großen, den man getrost das Musterbild unseres Kaisertums nennen kann. Geboren im Jahre 912 als Sohn Heinrichs des Finklers, herrschte er von 936 bis 973 und führte unser altes deutsches Reich auf einen Höhepunkt seiner Macht – sowohl innerlich als auch äußerlich. Im Inneren brachte er die Fürsten zum Gehorsam und den äußeren Feinden schlug er aufs Haupt, namentlich den Ungarn auf dem Lechfeld in der berühmten Schlacht im Jahre 955. Aber auch die Slawen, Dänen und Gallier sollten ihr Fett wegbekommen. Italien hat er gleich ganz unserem alten Reich einverleibt, indem er die Königswitwe Adelheid ehelichte und den Usurpator Berengar niederwarf. Soweit sind wir aber beim Widukind noch nicht, sondern noch muß unser Kaiser Otto den Aufstand in Lothringen niederwerfen:
„Darauf ergriff Immo, ob ernstlich oder zum Scheine, weiß ich nicht, die Waffen gegen den König, und mitten im Winter von einem Heere umringt, ergab er sich samt seiner Feste und verblieb fortan treu und dienstbar. Auch die Neffen Isilberts unterwarfen sich dem Dienste des Königs, behielten aber trotzdem die Festen zurück, welche sie inne hatten. Auch Kievermont wurde noch von Ansfried und Arnold behauptet. An diese richtete Immo ein Sendschreiben, worin er Folgendes zu ihnen redete: „Über meinen Wert habe ich keine eigene Meinung; euer Urteil ist auch das meine. Von euch aber ist bekannt, daß ihr dieses Volkes Häupter seid. Nun ist Keinem zweifelhaft, daß jeder mit zwei Händen mehr vermag, als mit einer; daher ist gewiß, daß drei an Stärke einen übertreffen. Welche Notwendigkeit zwingt uns nun, den Sachsen zu dienen, außer unsrer Zwietracht? Als sie euch mit Waffen bedrängten, haben sie sich da des Sieges erfreut? Den Siegern bringt doch wahrlich die Dienstbarkeit Schmach. Ich habe den Besten aller Sterblichen, der mich von Kindheit an behütet, mich immer unter seine Freunde gezählt und durch große Macht geehrt hat, unfern gemeinsamen Gebieter verlassen, und mich auf Gefahr meines Lebens dem Sachsen verbündet; nun bin ich, wie ihr wißt, statt der verdienten Ehre schimpflich von ihm behandelt, mit Waffen umstellt, beinahe aus einem freien Manne ein Knecht geworden. Damit ihr also wisset, daß ich ehrlich für das gemeinsame Wohl sorgen wolle, will ich dir, Ansfried, meine einzige Tochter verloben, auf daß ich bei euch von keinem Verdacht der Untreue getroffen werden kann. Bestimmt mir daher einen Ort zu gemeinsamer Beredung, und dann werde ich selbst euch die Bürgschaft meiner Treue geben, welche der Bote euch noch nicht leisten kann.“ Darauf hin widerstanden diese, obwohl ihre Brust von Eisen war, und sie ihm schon längst nicht trauten, dennoch so großer Verschmitztheit nicht, und bestimmten, verleitet von den verführerischen Worten, einen Ort zur Persönlichen Zusammenkunft. Er aber hatte an gelegenen Orten Bewaffnete verborgen, nahm beide hinterlistig gefangen und sandte sie unter Bewachung zum Könige, zugleich mit einer Botschaft, die in folgenden Worten abgefaßt war: „Der Größere ist sanfter und bedarf weder Fesseln noch Schläge; Drohungen entlocken ihm Alles was er weiß. Ansfried aber ist härter als Eisen; wenn diesen die heftigsten Qualen ergründen, so ist es viel.“ Als sie der König erhalten hatte, züchtigte er sie eine Zeit lang durch enge Haft; später gewann er sie durch die Milde seiner Huld für sich und entließ sie in Frieden. Da nun die Ereignisse und Begebenheiten so unter einander verkettet sind, daß man sie nicht in der Reihenfolge der Erzählung von einander trennen darf, möge mich Niemand beschuldigen, daß ich die Zeiten unter einander menge, wenn ich später Geschehenes den früheren Ereignissen voranstelle. Der König also erbarmte sich nach der Milde, welche seinem Herzen immer am nächsten lag, der schweren Not seines Bruders, überließ ihm für seinen Bedarf einige feste Plätze und gestattete ihm, innerhalb des lothringischen Gebiets zu wohnen…“
Heim geht unser Kaiser Otto der Große nun bei unserem Friedrich Kohlrausch in den „Bildnissen der deutschen Könige und Kaiser“ und erfährt seine Würdigung durch unseren Geschichtsforscher: https://reader.digitale-sammlungen.de//de/fs1/object/display/bsb10016311_00005.html
„Als Otto das Osterfest 973 zu Quedlinburg am Grabe seines Vaters und seiner Mutter feierte, umgab ihn noch einmal der Glanz seiner hohen Weltstellung, die er in 37jährigem Wirken errungen hatte. Es kamen dorthin auf seinen Ruf die Fürsten Miesko von Polen und Boleslav von Böhmen; es kamen die Gesandten der Römer, Griechen, Bulgaren, Ungarn, Slawen und Dänen, und aus Deutschland eine große Zahl der Fürsten und Edeln. Aber von seiner Familie waren nur Adelheid und der junge Kaiser Otto, von seinen älteren Freunden und Dienern nur noch wenige um ihn versammelt; und aus diesen wenigen riß der unerbittliche Tod auch noch in diesen Tagen den treuen Herzog Hermann von Sachsen hinweg. „Traurig“, sagt Widukind, „über den Tod dieses besten Mannes, der den Ruhm der Klugheit, Gerechtigkeit und Wachsamkeit in den Geschäften des Friedens und des Krieges für alle Zeiten hinterlassen hat, wandelte Otto durch diese Orte.“ – Am 6. Mai kam er nach der Stadt, wo sein Vater aus dem Leben geschieden war, nach Memleben. Er fühlte sich sehr schwach; die Anstrengungen eines rastlos bewegten Lebens hatten ihn frühzeitig aufgerieben, denn Otto war noch nicht in den Jahren der eigentlichen Altersschwäche, er war erst 61 Jahre alt. „Am nächsten Tage, den 7. Mai, stand er nach seiner Gewohnheit sehr früh auf und besuchte den Frühgottesdienst; doch mußte er sich dann wieder einige Zeit zur Ruhe niederlegen. Als er darauf auch der Messe beigewohnt und den Armen, wie er pflegte, Almosen gereicht hatte, legte er sich nochmals auf’s Lager; zur bestimmten Stunde jedoch erschien er mit heiterer Miene an der Tafel. Dann besuchte er den Abendgottesdienst oder die Vesper, begleitet von seinen Großen, wie es immer geschah, denn der Gang des Kaisers in die Kirche wurde unter dem Geleite der geistlichen und weltlichen Großen und Vortragung des Kreuzes gehalten. Nach dem Gesange des Evangeliums fühlte er Hitze und Betäubung des Kopfes; die ihn um gebenden Fürsten sahen es und reichten ihm einen Sessel. Sein Haupt neigte sich wie das eines Scheidenden; er wurde wieder zu sich gebracht und forderte das Sakrament des göttlichen Leibes und Blutes, welches er empfing, und übergab dann ohne Seufzer, mit völliger Ruhe, seinen letzten Hauch dem Erbarmen des Schöpfers unser Aller. Darnach wurde er in sein Gemach getragen, und obgleich es schon spät war, wurde sein Tod dem Volke verkündigt. Das Volk aber sprach Vieles zu seinem Ruhme und von dem Danke, den ihm das Vaterland schuldig sei, wie er das Volk mit väterlicher Liebe regiert und von den Feinden befreit, die stolzen Feinde, die Awaren, Sarazenen, Dänen, Slawen mit den Waffen besiegt, Italien unterworfen, die Tempel der heidnischen Götter bei den benachbarten Völkern zerstört, Kirchen und geistliche Stiftungen gegründet habe. Und so noch vieles Andere zu seinem Lobe vorbringend, verweilten sie in der Nähe der königlichen Leiche. – Am andern Morgen aber gaben sie dem Sohne des Kaisers, obwohl er schon früher zum Könige und Kaiser gesalbt worden, von Neuem den Handschlag der Treue, und versprachen ihm mit dem Vasalleneide ihren Beistand gegen jeden Feind. Der so von dem ganzen Volke gleichsam von Neuem gewählte Fürst ließ die Leiche des Vaters nach der Stadt bringen, deren zweiter Gründer er gewesen war, nach Magdeburg. So ist am 7. Mai der römische Kaiser, der König vieler Völker, gestorben, der den kommenden Jahrhunderten viele und glorreiche Monumente göttlicher und menschlicher Werke hinterlassen hat.“ – So erzählt in seiner schlichten und treuherzigen Weise der ehrwürdige Geschichtsschreiber Heinrichs und Ottos, der mehr genannte Widukind, Mönch in Corvey und Zeitgenosse Ottos, den er nur kurze Zeit überlebt hat, den Tod seines Kaisers, dem die Geschichte den Beinamen des Großen nicht versagt hat. Wir lassen auch noch Widukinds Schilderung des Kaisers Otto mit seinen eignen Worten folgen. „Otto war von ausgezeichneter Frömmigkeit der Gesinnung, so daß er nie seine Krone aufsetzte, ohne vorher gefastet zu haben. In der Ausführung seiner Unternehmungen war er sehr standhaft; er war freundlich, ohne die königliche Würde zu verletzen; zum Geben bereitwillig; den Freunden nichts verweigernd, treu, wie nur irgend ein Mensch; zum Verzeihen so geneigt, daß er oft selbst die Angeklagten und Überwiesenen verteidigte und ihr Vergehen nicht glauben wollte, auch später sie so behandelte, als wenn sie nie gegen ihn gefehlt hätten. Er war sehr sparsam mit dem Schlafe, und redete laut im Schlafe, so daß man ihn für wach halten mochte. Seine Geistesfähigkeiten waren ausgezeichnet; noch nach dem Tode der Königin Edgitha lernte er lesen, was er vorher nicht verstand, so daß er vollständig Bücher lesen und verstehen konnte. Die römische und slawische Sprache wußte er zu reden, aber er bediente sich ihrer nur ungern und selten. Er war ein Freund der Jagd und liebte das Brettspiel, das Reiten übte er mit Anmut, bei königlichem Anstande; seine ansehnliche Gestalt hatte überhaupt den Ausdruck der königlichen Würde. Das Haupt war mit spärlichen grauen Haaren bedeckt“, (die Schilderung ist also aus dem höheren Lebensalter des Kaisers); „die Augen feurig und gleich dem schnellen Blitze leuchtend. Die Farbe des Gesichts war rot, der Bart lang herabhängend, gegen die alte Sitte; die Brust, wie die des Löwen, behaart. Sein Schritt war mitunter beschleunigt, doch bald wieder gemessen; seine Tracht die vaterländische, die er nie mit fremder vertauschte.” – So weit Widukind. Kaiser Otto wurde, wie er es gewünscht, neben seiner geliebten Gemahlin Edgitha beigesetzt…“