Die Einnahme von Warschau im Sechsjährigen Krieg durch unseren Generaloberst Johannes Blaskowitz und unsere VIII. Armee wird heute gefeiert. Diesem standen 175,000 deutsche Recken zum Sturm auf die feindliche Hauptstand zur Verfügung, während diese von 124,000 polnischen Soldaten verteidigt wird. Lange dauerte der Kampf um Warschau 1939 aber nicht. Nachdem die polnische Hauptstadt eingeschlossen war, hauten unsere Feldgeschütze und unsere Luftwaffe rein und die Polen gaben auf – obwohl sie vorher noch einen Kampf bis zum Letzten gelobt hatten. Die polnischen Verluste an Toten, Verwundeten und Gefangenen betrugen 142,000 Mann. Unsere Einbuße belief sich auf 1500 Gefallene und 5000 Verwundete. Der Kampf um die Hauptstadt ist immer eine Hauptschlacht und bei diesen Truppenmengen sowieso. Eine Hauptschlacht im Sinne unseres preußischen Kriegsphilosophen Carl von Clausewitz. Und weil dem so ist, kommt unser Clausewitz nun zu diesem sehr wichtigen Gegenstand mal wieder zu Wort, gemäß der Panzersitte:
„Je mehr der Krieg wirklicher Krieg, je mehr er eine Erledigung der Feindschaft, des Hasses, ein gegenseitiges Überwältigen wird, um so mehr vereinigt sich alle Tätigkeit in blutigem Kampf, und um so stärker tritt auch die Hauptschlacht hervor. Überall, wo ein großer, positiver, also in das Interesse des Gegners tief eingreifender Zweck das Ziel ist, bietet sich die Hauptschlacht als das natürlichste Mittel dar; sie ist darum auch das beste, wie wir in der Folge noch näher zeigen werden, und es bestraft sich in der Regel, wenn sie aus Scheu vor der großen Entscheidung umgangen worden ist. Der positive Zweck gehört dem Angreifenden, und so ist die Hauptschlacht auch vorzugsweise sein Mittel. Aber ohne die Begriffe von Angriff und Verteidigung hier näher bestimmen zu können, müssen wir doch sagen, daß selbst der Verteidiger in den meisten Fällen nur dies eine wirksame Mittel hat, um früh oder spät damit den Bedürfnissen seiner Lage zu entsprechen, seine Aufgaben zu lösen. Die Hauptschlacht ist der blutigste Weg der Lösung; zwar ist sie kein bloßes gegenseitiges Morden und ihre Wirkung mehr ein Totschlagen des feindlichen Mutes als der feindlichen Krieger, wie wir das im nächsten Kapitel näher betrachten wollen, allein immer ist Blut ihr Preis und Hinschlachten ihr Charakter wie ihr Name; davor schaudert der Mensch im Feldherrn zurück.“
In seiner Geschichte der deutschen Panzerwaffe berichtet uns unser General Walther Nehring von der Vorgeschichte des Sturmes auf Warschau:
„Kämpfe vom 1. bis zum 3. September 1939, besonders die Schlacht im polnischen Korridors, hatten im allgemeinen die erwarteten Erfolge gebracht. Die Spannung begann sich zu lösen. Die in wenigen Jahren übereilt, ohne Reserveverbände aufgebaute Truppe hatte sich im Kampf bewährt. Die neuartige Panzertruppe hatte ihre erste Feuerprobe organisatorisch, taktisch und operativ bestanden. Die feindliche Aufstellung war von ihr in kühnem Vorgehen durchbrochen, Westpreußen in wenigen Tagen befreit und Ostpreußen wieder mit dem Reich verbunden worden. Die X. Armee, in Schwerpunkt der Operationen eingesetzt, war in die polnische Front westlich von Warschau eingebrochen. Die operative Umfassungszange, die westlich der Weichsel vorgesehen war, zeichnete damit in Umrissen ab. Die folgenden harten Kämpfe vom 4. bis zum 6. September bei der Heeresgruppe Süd ergaben sich aus der Absicht des Oberkommandos des Heeres, die Entscheidung noch vor der Weichsel und dem San zu erzwingen. Doch sollte die XIV. Armee am rechten Flügel der Gruppe durch Überschreiten des mittleren San mit ihrem XXII. Panzerkorps von vornherein eine etwaige Verteidigung ostwärts der Weichsel operativ aus den Angeln heben. Die Heeresgruppe Nord beurteilte ihre Lage ähnlich; sie erwog daher, einen starken Nordflügel – bestehend aus dem im „Korridor“ freigewordenen XIX. Panzerkorps Guderians (vier schnelle Divisionen) und zunächst drei weiteren Infanteriedivisionen – zum Einsatz in Richtung Brest-Litowsk, Lublin zu bilden. Am 5. September war auch das Oberkommando des Heeres der Ansicht, daß der Gegner hinter die Weichsel – Narew – Linie zurückginge. Es gab daher in richtiger Einschätzung der zögernden Einschätzung der Franzosen als neues Operationsziel an: Umfassung des polnischen Restheeres nunmehr ostwärts der Weichsel. Dazu sollte die Heeresgruppe Nord mit der III. Armee und dem Panzerkorps Guderian gegen die Linie Warschau – Siedlce, die Heeresgruppe Süd mit der XIV. Armee über den San in Richtung Lublin angreifen, hier das XXII. Flügelkorps (General von Kleist) zur Umfassung auf dem äußersten rechten Flügel. Die Verfolgung vom 7. bis zum 11. September ging unter Kämpfen zügig vorwärts. Die XIV. Armee nahm Rzeszow. Die X. Armee schloß mit den Panzerkorps (damals amtlich „Armeekorps (motorisiert)“ genannt) XIV, XV und XVI die polnischen Kräfte im Süden, Osten und Norden im Kessel von Radom ein, während vom Westen her Infanteriekorps anrückten. Die als Flankenschutz der X. Armee links gestaffelt folgende VIII. Armee hatte den Auftrag der Heeresgruppe Süd erhalten, der in ihm Nordflanke mittlerweile auf die Weichsel zurückgehenden völlig intakten polnischen „Armee Posen“ durch überholende Verfolgung in Richtung Warschau den Weg zu verlegen. Armee, Heeresgruppe und auch das Oberkommando des Heeres rechneten, fasziniert durch die bisherigen Erfolge, nur mit einem Rückzug oder Durchbruch dieser Armee nach Osten, keineswegs aber mit einem Angriff gegen die Nordflanke der VIII. Armee. Man sollte sich sehr getäuscht haben. Der polnische Angriff begann am 8. September an der Bzura und entwickelte sich zu einer Krise, die aber bis zum 11. September durch die energischen Führungsmaßnahmen der Heeresgruppe Süd in einen entscheidenden Sieg umgewandelt wurde. Durch geschicktes Herumwerfen des XVI. und XV. Panzerkorps unter den Generalen Hoepner und Hoth und weiterer Teile der X. Armee gelang es, den Feind zu einer Schlacht mit verkehrter Front zu zwingen, die zu der damals größten Einkreisungsschlacht führte. Der tatkräftige, selbständige Angriff der „Armee Posen“ unter General Kutrzeba, gemeinsam mit den Divisionen der „Armee Pomerellen“, war der einzige großangelegte Gegenzug der polnischen Führung, der Gipfelpunkt des Feldzuges in Polen – wie Feldmarschall von Manstein urteilt -, wenn auch nicht seine Entscheidung. Diese war operativ bereits durch die weit ausholende Umfassung durch deutsche schnelle Großverbände sowie folgende Infanteriekorps im Süden und im Norden gefallen…“